Samstag, Juli 27, 2024

Beschuldigter Fleischmann jetzt ÖVP-Kommunikationschef: Versuchsballon für Kurz-Comeback?

Für die WKStA ist Gerald Fleischmann Beschuldigter. Für ÖVP-Chef Nehammer ist er der neue Kommunikationschef. Ist Fleischmann nur ein Testballon für die Kurz-Rückkehr?

Peter Pilz

Wien, 24. November 2022 | „Nummer 68“ stellt „Nummer 64“ als neuen Kommunikationschef an. Das klingt seltsam und ist es auch.

Im Strafakt der WKStA ist Gerald Fleischmann Nummer 64. Nummer 62 ist Sabine Beinschab, Nummer 63 Sophie Karmasin. Gleich nach „Österreich“-Herausgeber Wolfgang Fellner ist die „Österreichische Volkspartei“ Nummer 68. Jetzt ist der Beschuldigte „Fleischmann“ von der Beschuldigten „ÖVP“ zu ihrem Kommunikationschef bestellt worden.

Ich erinnere mich noch gut: Am 29. September 2021 hat der zuständige Richter die Hausdurchsuchungen an Fleischmanns Wiener Hauptwohnsitz und in seinem Büro im Bundeskanzleramt genehmigt. Die Vorwürfe gegen Fleischmann finden sich in der Anordnung: Beitragstäterschaft zur Untreue nach §153 und zur Bestechlichkeit nach §304 des Strafgesetzbuches. Der Strafrahmen erreicht bei beiden Delikten zehn Jahre.

Jetzt holt sich Karl Nehammer als ÖVP-Bundesparteichef mit Fleischmann einen der wichtigsten Beschuldigten in seine Zentrale. Damit signalisiert Nehammer, dass Beschuldigte im großen Ibiza-Verfahren wieder führende Rollen in der ÖVP übernehmen können.

„Dann kommt Kurz“

Fleischmanns Auferstehung ist kein Zufall. ÖVP-Kenner weisen mich darauf hin, dass von nahestehenden Großbanken bis zu einzelnen Landesparteien und Bünden an der Rückkehr von Sebastian Kurz gearbeitet wird. „Fleischi gehört nach wie vor zur engsten Kurz-Partie. Er ist ein Testballon. Wenn sich niemand aufregt, kann der nächste kommen“, erzählt mir ein hochrangiger ÖVP-Politiker am Telefon. „Irgendwann kommt dann Kurz selbst.“

Ende Jänner 2023 schlägt es mit der verlorenen Landtagswahl erstmals im Herz der ÖVP in St. Pölten ein. Am 5. März ist Kärnten dran. Am 23. April kann es dann mit der Salzburger ÖVP eine der wichtigeren Landesparteien erwischen. Von Johanna Mikl-Leitner bis Wilfried Haslauer hat niemand Lust, sich vom Verliererduo „Nehammer/Sobotka“ in den Abgrund ziehen zu lassen. Ich bin mir sicher: Bevor sie alles verlieren, setzen sie auf ihre letzte Karte.

Mit Fleischmann wird jetzt abgetestet, wie gut die ÖVP Beschuldigte an der Spitze verträgt. Aus der Partei selbst ist kein Widerstand zu erwarten. Wenn der Boulevard stummgefüttert und der ORF stummgeschalten werden kann, kann auf die „Operation Ballhausplatz“ mit dem Bundeskanzleramt die „Operation Lichtenfelsgasse“ mit der Zentrale der ÖVP folgen. Dann werden Umfragen zeigen, dass nur einer der ÖVP den Kanzler retten kann: Beschuldigter Nr. 11 – Sebastian Kurz.

Wenn es so kommt, beginnt ein Wettlauf: Steht Kurz als Angeklagter im großen CASAG-Verfahren vor Gericht – oder schafft er es, vorher einen passenden Justizminister einzusetzen?

Eines steht jedenfalls fest: Der Beschuldigte Fleischmann wird noch einmal zeigen, was er kann. Ich bin gespannt, wer in der Kollegenschaft diesmal mitmacht.

Titelbild: ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com

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