Samstag, April 20, 2024

»So etwas Abartiges noch nie gesehen« – Babler in »ZiB 2«

Mit einem eindringlichen Appell – auch an seine eigene Partei – wandte sich der Traiskirchener Bürgermeister Andi Babler via “ZiB2” an die Öffentlichkeit.

Wien, 25. November 2022 | „Es ist eine Situation, die nicht neu ist, nicht überraschend und die abzusehen war.“ Gewohnt direkt nahm der Traiskirchener Bürgermeister Andreas Babler am Donnerstagabend in der „Zeit im Bild 2“ bei Moderatorin Marie-Claire Zimmermann Stellung zur Unterbringungskrise Geflüchteter. Der laute Sozialdemokrat machte seinem Ärger ziemlich Luft und redete teils ohne Punkt und Komma. Er könne, meinte er unter anderem, „die ganzen Stehsätze nicht mehr hören“. Erst diese Woche war Babler mit Hilferufen in die Öffentlichkeit getreten:

Traiskirchen ist Stätte des größten Erstaufnahmezentrums in Österreich. Dieses ist – wie schon des Öfteren in der Vergangenheit – völlig überfüllt. Dort befinden sich im Moment viermal so viele Menschen, wie eigentlich vorgesehen, das Lager platze aus allen Nähten, berichtete Babler. Vehement versuchte der Sozialdemokrat, Einblicke über die „nackten Zahlen“ hinaus zu geben: „Das Wichtigste ist Haltung. Man muss flüchtenden Menschen ein Gesicht geben. Das sind Menschen wie Sie und ich – mit Familie.“ Auch sie hätten ein menschenwürdiges Leben verdient.

Provozierte Schreckensbilder?

„Das Versagen und die menschlichen Tragödien, die wir in Traiskirchen hautnah erleben, haben direkte Verantwortung im Innenministerium“, so Babler. Innenminister Karner, bei dem die Verantwortung für die Bundesquartiere wie das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen liegen, sei von ihm persönlich bereits vor Tagen aufgefordert worden, leer stehende Bundesressourcen zu öffnen. Zudem sollten freie Kapazitäten in Kasernen herangezogen werden. Dessen Nichtstun bestärke die These, so Babler, dass es „politisch eskaliert werden soll“ und ein „gewünschtes Thema, um von anderen Sachen abzulenken, die der ÖVP nicht gut zu Gesicht stehen“.

„Wie die Kinder weinen“

Babler beschrieb die Routen und Hürden, die Geflüchtete bestreiten müssen, wo sie auch Situationen wie den Push-Backs in Bihac, Bosnien, ausgesetzt seien, wo Menschen mit Wärmekameras und mit Hunden gejagt und verprügelt würden: „Ich habe noch nie etwas so Abartiges gesehen.“

Niemand könne zudem wollen, dass Geflüchtete in Österreich nur „in Massenquartiere gepfercht“ würden, ohne medizinische Versorgung. „Wenn man sieht, wie diese Menschen bei uns wegen Linsensuppe Schlange stehen, wie die Kinder durchweinen, keine Schuhe haben, keine Winterkleidung – wenn man solche Bilder produziert zur Abschreckung“, dann stecke dahinter das BMI. „Die Leute werden schlecht behandelt in Österreich, und das will man unseren eigenen Kindern ja auch nicht später erklären, was hier passiert“, gab Babler zu bedenken. Es dürfe in dieser Sache „keinen Widerspruch des Helfens“ geben.

„Wir fordern ständig europäische Lösungen, aber schaffen es nicht einmal, 4.000 Leute in Österreich unterzubringen.“ Babler plädierte in dem Zuge auch für ein – zumindest temporäres – Durchgriffsrecht des Bundes.

„Haltung und Menschlichkeit“

Angesprochen auf die unterschiedlichen Aussagen zum Umgang mit der Unterbringungskrise auch aus seiner Partei, entgegnet er: „Ich habe meiner SPÖ – nicht der SPÖ – immer gesagt, dass man das Thema Asyl nicht durchtauchen darf. Sondern mit Menschlichkeit und Haltung rangehen muss.“ Einen Richtungsstreit in der SPÖ sehe er nicht. Am Beispiel von Traiskirchen könne man sehen, „dass klare Haltungen auf der Basis von Menschlichkeit, die man auch sich und seiner eigenen Familien zumuten würde, tatsächlich auch Wahlen gewinnen lassen“. Babler wurde 2020 mit knapp 72 Prozent zum roten Bürgermeister gewählt.

(am)

Titelbild: Screenshot ZiB2

Anja Melzer
Anja Melzer
Hält sich für die österreichischste Piefke der Welt, redet gerne, sehr viel und vor allem sehr schnell, hegt eine Vorliebe für Mord(s)themen. Stellvertretende Chefredakteurin. Sie twittert unter @mauerfallkind.
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22 Kommentare

  1. Babler sollte mal seine Chefin, PRW nach Traiskirchen einladen, dann sieht sie hoffentlich selbst die Probleme, die sie vorher nicht sah..

  2. Was erwarten sich die xenophoben Volksvertreter und ihre Wahlschafe? Dass die geflüchteten Menschen an der nicht mehr endend wollenden Demütigung zerbrechen und sich irgendwo eingraben? Nein, natürlich nicht. Sie werden ja noch benötigt um ihre politischen Botschaften transparent machen zu können. Zerlumpte und ungepflegte Gestalten die unseren Wohlstand bedrohen. Die durch ihre Bedürftigkeit und ihren Anspruch an Teilhabe am zivilisierten Leben unseren Ärger hervorrufen. So brauchts eben “pragmatisch” denkende Hardliner die unserer Kultur der Kaltherzigkeit zum Recht verhelfen. Und in der Regel wird dies auch von den Wählern belohnt und eine Moral der Gschicht sucht man vergebens.

  3. Wenn ein Hotel voll ausgebucht ist kann es keine Gäste mehr aufnehmen und der Check-in wird geschlossen.
    Also, entweder Grenzen (Hoteltür) schließen oder Gäste umbuchen und weiter schicken.

  4. Guter Mann der Babler. Nun wird aber auch klar, warum selbiger in dieser (Sozial)(demokratie) nichts wird. Authentische Politiker werden nicht benötigt…
    Es muss dringend heller werden!

  5. Andi Babler hat sich das goldene Verdienstkreuz verdient!
    Ich frage mich ob der Leichtfried und der Bürgermeister von Kindberg in derselben Partei sind. Nein, das kann nicht sein, denn die maschieren lieber mit dem Kunasek, den Nazis und den Vaupen. Aber so ist das wahrscheinlich in einem Kuhdorf das sich Stadt schimpft. Zur Demonstration vor der Presse ein paar Fenster einschmeissen um den sogenannten desolaten Zustand darzustellen.
    Sie wollen kein Massenquartier, die Menschen sollen menschenwürdig untergebracht werden. Schön wo sind die Alternativen? Aja, die Menschen, Alte, Kranke und vor allem Kinder mit ihren Eltern, sollen menschenwürdig auf der Straße landen. Kindberg ist nur Beispiel für viele andere Bürgermeister und Landeshäuptlinge wie z.B. den Kaiser. Von der ÖVP und den Grünen muss man sowieso nicht sprechen, denn die sind nur mehr zu verachten.

    • Eines der reichsten Länder der Welt schert sich einen Dreck um hilfsbedürftige die nicht aus Europa kommen. Warum lässt man die Ukrainer arbeiten und den Rest der Flüchtlinge nicht?
      Zweiklassen Flüchtlinge! Überall fehlen Arbeitskräfte, warum gibt man ihnen keine Chance.
      Österreich ist, bis auf einige wenige wie Andi Babler, nur mehr ein Dollfüße- und Blablabla-Land. Gierig, egoistisch, empathielos, einfach grauslich!

  6. Wieder so ein Zufall:
    Die schwarzen Landesintriganten weigern sich eine geringe Anzahl von Flüchtlinge pro Ort in ihrem Bundesland einzugliedern!

    Aber eine Entlastung des Auffanglagers Traiskirchen kommt natürlich nicht in Frage. Denn Traiskirchen hat ja einen ROTEN Bürgermeister! Die können die katastrophalen Zustände schon hinnehmen.

    Es gibt schon seltsame Zufälle in unserem von SCHWARZ geknechteten Land!!!

    • Der schwarze hass auf den pöbel muss immens sein.
      Dabei heißt es so schön: liebe deinen nächsten wie dich selbst.
      Ok, in der kirche nicht aufgepasst. Bibel auch nicht gelesen, die christliche pseudowertepartei.

  7. Das Versagen der österreichischen und der europäischen Asylpolitik wird anhand von Traiskirchen und anderen Brennpunkten sichtbar. Gut so, denn sonst ginge das ewig so weiter.
    Die Wähler stehen ob des andauernden Asylmissbrauchs durch die EU-Politik dem Asyl jetzt undifferenziert kritisch gegenüber, zu Recht. Damit werden aber humane Lösungen für berechtigtes Asyl erschwert.
    Aber solange hier untaugliche Ideologien gepaart mit politischem Kleingeld die Entscheidungsgrundlagen sind. so lange wird sich hier auch nichts ändern, ausser dass die Kritik an der Politik wächst und zu unerwünschten politischen Wahlergebnissen führt.

      • Menschen sind hier die üblichen Kollateralschäden, die in der globalen Geopolitik, siehe USA, eine untergeordnete Bedeutung haben. Und solange wir diejenigen anbeten, die die Menschenrechte schon immer ihren wirtschaftlichen Zielen untergeordnet haben, solange können wir uns ergebnislos empören.

  8. Andreas Babler ist das beste Beispiel dafür, dass man auch mit menschlicher, sach- und lösungsorientierter Politik in Sachen Migration bei der Bevölkerung punkten kann. Mann muss sich nicht in grauslichem menschenverachtendem Populismus ergehen und mit hysterischem Gekläffe auf sich aufmerksam machen wie das besonders die FPÖ so gerne tut. Und man muss auch nicht interfotzig irrationale Ängste schüren wie das die ÖVP gerne macht.

    • Tja, das ist der Pferdefuß an der Sache – er ist mit vernünftiger Politik ein kleines Licht. Die naive gutmenschliche Bobo-Träumerei von unbegrenzter wahlloser Einwanderung in die Sozialsysteme geht in der SPÖ dennoch weiter.

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