Donnerstag, April 25, 2024

Musk sperrt Journalisten auf Twitter

Der selbsternannte Ritter der Meinungsfreiheit Elon Musk verpasst kritischen Journalisten auf Twitter einen Maulkorb.

Wien, 16. Dezember 2022 | Seit seiner Übernahme des Kurznachrichten-Dienstes Twitter hat Elon Musk für Negativschlagzeilen und Kopfschütteln gesorgt. Nun drohen Musk EU-Sanktionen. Denn am Donnerstag hat Twitter die Nutzerkonten von mehreren Journalisten gesperrt, die kritisch über das Unternehmen und seinen frischgebackenen Chef und selbsternannten Ritter der Meinungsfreiheit berichtet hatten. „NBC-News“-Journalist Ben Collins führt auf Twitter eine Liste der Sperrungen.

Sperr-Welle

Einige der gesperrten Journalisten hatten vor ihrer eigenen Sperre über jene des bekannten und beliebten Nutzerkontos Elon Jet (@elonjet) berichtet, der alle Flüge Musks dokumentiert hatte. Auch das private Konto der Person hinter Elon Jet ist gesperrt worden.

Auch das Twitter-Konto des Twitter-Mitbewerbers Mastodon – dieser hat durch Musks Übernahme von Twitter gehörig an Nutzern dazugewonnen – ist gesperrt worden. Mastodon hatte seine eigene Version von Elon Jet in einem Posting verlinkt. Dabei sind die Daten für Elon Jet öffentlich und legal gewonnen. „Loving the free speech“, schrieb „Washington Post“-Journalist Drew Harwell dazu, bevor er selbst Opfer von Twitters Maulkorb-Aktion wurde.

Flucht aus Twitter-Space

Elon Musk begründete die Sperre von Harwell damit, dass dieser private Informationen von Musk verbreitet haben solle. Trotz Sperre schafften es einige der betroffenen Journalisten und auch Elon Jet, an einem Twitter-Space zu dem Thema teilzunehmen, der von der „BuzzFeedNews“-Journalistin Katie Notopoulos eröffnet worden war. Elon Musk kam auf einmal dazu und versuchte, sich zu erklären. Es sei nicht in Ordnung, private Informationen über eine Person zu verbreiten, sagte Musk, und warf den gesperrten Journalisten „Doxing“ vor. Doxing bedeutet, dass personenbezogene Daten zusammengetragen und mit bösartigen Absichten im Internet veröffentlicht werden.

Zweierlei Maß

Notopoulos konfrontierte Musk mit der Tatsache, dass die gesperrten Journalisten lediglich über die Vorfälle rund um Elon Jet berichtet hatten, wie es ihr Job sei. „Das sehen Sie als Umgehung der Sperre an?“ Es sei offensichtlich eine Umgehung der Sperre, antwortet Musk. Harwell, einer der gesperrten Journalisten, konfrontiert Musk mit der Twitter-Sperre gegenüber der „New York Post“ im Jahr 2020. „Inwieweit ist das jetzt anders?“, fragte Harwell.

Die „New York Post“ hatte damals heikle Enthüllungen über Joe Bidens Sohn Hunter veröffentlicht. Musk hatte das Vorgehen von Twitter als „natürlich unglaublich unangebracht“ kritisiert und hielt auch im Twitter-Space an seiner Bewertung fest, es sei inakzeptabel. „Also ist es inakzeptabel, was Sie machen?“, fragt Harwell. „Nein. Du doxt, du wirst gesperrt, Ende der Geschichte.“ Gastgeberin Notpoloulos möchte mehr wissen, muss aber feststellen: „Oh, ich glaube Elon Musk ist weg.“

Musk: „Bin gegen Zensur“

Noch im April hatte Elon Musk getweetet: „Die extreme Antikörper-Reaktion jener, die Redefreiheit fürchten, sagt alles.“ Er definierte auch gleich, wo bei ihm die Grenzen liegen: „Ich bin gegen Zensur, die über das Recht hinausgeht.“

Musk veranstaltete eine Umfrage unter seinen Abonnenten dazu, wann er die Accounts wieder freischalten sollte. Das Ergebnis: Rund 59 Prozent seiner Abonnenten sind dafür, alle sofort wieder freizuschalten – auch die Redakteurin.

(pma)

Titelbild: CARINA JOHANSEN / AFP / picturedesk.com

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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28 Kommentare

    • Oh, das ist natürlich schon irre. Klar, ist eine Beleidigung ad personam, den Beitrag kann man löschen. Aber deswegen sperren? We lange schon?

  1. Es ist interessant die Auswahl der Nachrichten auf ZZ zu verfolgen. Es wird keine Gelegenheit ausgelassen, gegen Elon Musk zu hetzen. Vielleicht war die Reaktion überzogen, doch aufgrund der zahlreichen Drohungen, die Elon lieber tot als lebendig sehen, ist die Reaktion verständlich. Aber das ist das Problem der vom Mainstream abweichenden Meinungen. Nur die eigene Meinung gilt und mit dem Rest aufs Schaffot.

  2. Sorry, aber ich hab mittlerweile 0 Verständnis für die Nutzung der sozialen Medien….. Als ob man sich aufs Hirn Pinseln würd:”Mach mit mir, was du willst, weil: Mit mir kann man es ja machen!”

    Sicher, dem Klenk wird leid sein um seine Follower, und vielen anderen auch. Selber Schuld, wieso lässt man sich auf so ein gestörtes System ein!

  3. Die Katze ist aus dem Sack. Alles Gerede von “Geredefreiheit” war immer nur Spiegelfechterei. Jetzt ist es offiziell.

    Alle Scheinargumente, die dran hängen: “Private Medienmacher schaffen Meinungsfreiheit”, entpuppen sich nun auch als Seifenblase. Der “Private” ist ein Autokrat, der eben autokratisch festlegt und zum “Schein” Abstimmungen macht. Passt das Ergebnis nicht, wird neu gefragt und “abgestimmt”. So geht Volksverblödung.

    Musk tut es, weil er einen putinesken Präsidenten braucht. Ein “Burenkrieger” fühlt die Verbundenheit zu seinen “Burenkriegern”. Da treten geschäftliche Interessen in den Hintergrund.

      • Die Grenzen sind wohl schon seit einigen Jahren verschoben. Mehr ist da auch nicht mehr drin. Die Grenzen, die jetzt noch nicht gezogen sind von jeder einzelnen Person, die kann man mt der Lupe suchen. Spaltung meint ja, dass unverrückbare Grenzen bereits gezogen sind. Insofern ist das mit Grenzverrückungen schon Geschichte. Es geht also für die Antidemokraten jetzt darum, die 40%, die mit viel Manipulation dem Faschismus etwas abgewinnen können, zu festigen, zu halten und zu suggerieren, dass sie die Mehrheit sein können und sind. Aber eine Mehrheit hat keine faschistische Organsation noch je erreicht (40% ist das Maximum – und ohne Tricks bei den US-Wahlen, hätte Trump auch bei der ersten Wahlauseinandersetzung nicht mehr als 40% erhalten). Sie musste immer mit Gewalt eine Mehrheit herstellen. Aktive Anhänger erwecken allerdings leicht mal die Suggestion, dass sie die Mehrheit sind.

      • Ganz sicher sogar. Und ähnlich wie Putin agiert auch Musk: Wenn die Ukraine nicht tut, was ich will, übernehme ich sie. Geht sie dabei kaputt, ist sie es nicht wert gewesen. Sie möge sterben.

        Trump profitiert von Twitter nur, wenn die Trolle wüten dürfen, wie sie wollen. Gibt es die Trolle nicht, helfen auch die ausgefeiltesten Algorithmen nichts, weil die auf keine extremistischen Meldungen zurückgreifen können. Wenn Twitter Trump nichts nützt, dann kann Twitter auch eingestellt werden. Das Instrument hat seinen Zweck verloren. Das trifft dann zu, wenn die Trolle ausbleiben, aber auch, wenn nur mehr Trolle übrigbleiben, die sich selbst bestätigen. Die Algorithmen erreichen dann gleichermaßen nicht die Unentschlossenen und Moderaten, wenn die weg sind.

    • Wie beurteilen Sie die Kosten für Starlink, die Musk trägt, um der ukrainischen Armee Internetzugang zu gewährleisten?

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