Samstag, Juli 27, 2024

Was kommt jetzt?

2023 kann besser werden. Entweder für Österreich oder für die ÖVP.

 

Wien, 1. Jänner 2023   Danke, wir sind gut gerutscht. Statt Sauschädel hat es zum ersten Mal russischen Salat gegeben, aus einem einzigen Grund: weil unsere Freundin aus Litauen ihn so gut macht.

Das fertige Jahr hat Karl Nehammer in seiner Art beschrieben: „Zahlreiche Sorgen kamen auf, denen es zu begegnen galt“. Die Begegnungen zwischen Sorgen und Kanzler machen nicht einmal der ÖVP Mut für 2023.

Bis in den Dezember immer noch COVID, Masken, Impfen und das erste Mal positiv. Die Kanzlerschaft auf den Nehammer gekommen. Sobotka als Beschuldigter Nationalratspräsident, Wöginger Klubobmann.

Krankenhäuser unterfinanziert und am Weg in den Zusammenbruch, ÖVP-nahe Unternehmer und internationale Ketten überfinanziert und bereit, noch mehr zu nehmen.

Journalistisch korrupte Chefredakteure in ZiB und „Die Presse“. Regierungsinserate und bestellte Geschichten.  Eine dreiviertel Million Presseförderung für das Putin-Jubelblatt „Exxpress“.

Gegen Ende des Jahres wird dann beendet: die „Wiener Zeitung“, der „Käthe Leichter-Preis“, die Unabhängigkeit von „profil“.

Luxus und Profis

Der französische Luxus-Konzern LVMH mit Marken wie Louis Vuitton wird Europas erfolgreichstes Unternehmen. Der Konsum von Luxusgütern lässt andere Geschäfte wie Autos oder Lebensmittel hinter sich. Unaufhörlich rinnt das Geld aus Einkommen und Staatskassen in die Depots einer winzigen, gut abgeschotteten Elite, die den Planeten finanziell und ökologisch weiter plündert.

Seit Jahren lebt in Österreich rund eine Million Menschen an oder unter der Armutsgrenze. Zur „armen Million“ kommen mit dem Preiswucher von Energie bis Mieten und Lebensmitteln Hunderttausende als mittelloser Mittelstand dazu.

Klassische Unternehmer, die um Märkte kämpfen, werden von neuen Oligarchen, die sich Politiker halten, verdrängt. In Russland stützen sie Putin, in Österreich setzen Benko, Pierer und Wolf auf Kurz und die ÖVP.

Der Gangster Benjamin Netanjahu wird Regierungschef in Israel und bestätigt, dass sich von Jerusalem und Budapest  bis London und Washington etwas Wichtiges geändert hat: Wenn die Menschen glauben, dass sie nur die Wahl zwischen Gaunern und Versagern haben, wählen sie die Profis. Davon leben Georgia Meloni seit kurzem und Viktor Orbán noch immer.

Was jetzt?

Das war 2022. Was kommt jetzt?

Es kann schlechter werden. Das geht so:

Mikl-Leitner verliert und bleibt Landeshauptfrau, die ÖVP bleibt an der Macht. Das Kernland ist verteidigt, aber wie geht es wieder zurück an die ganze Macht?

Unabhängig vom Wahlergebnis ist heute schon klar: So geht es nicht einmal für die ÖVP weiter. Nehammer kann es nicht. Raiffeisen scheint nach missglückten Geschäften von Russland bis Benko das Wasser bis zum Giebelkreuz zu stehen. Benko, Wolf, Schütz, Tojner, Soravia und Co. geht es aus anderen Gründen ähnlich. ÖAAB und Industriellenvereinigung pfeifen es schon bald von allen Dächern: Die Partei hat die Wahl zwischen dem Verlierer Nehammer und dem Ex-Sieger Kurz.

Sebastian Kurz macht es Orbán und Netanjahu nach und kommt zurück. Es gibt Jubel und Regierungsinserate. Schnelle Neuwahlen erwischen die SPÖ im falschen Liegestuhl. Werner Kogler sieht die Chance, noch ein paar Jahre mitzulaufen. Aber Herbert Kickl gibt es billiger und bekommt statt des Innenministeriums das Ressort seines grünen Vorgängers.

Statt Kurz muss die WKStA dran glauben. Einer hat immer das Bummerl, in Österreich bekommt es nach der Pressefreiheit der Rechtsstaat.

Unsichere Zeiten

Nach 2000 und 2017 bekäme Österreich so die dritte Regierung des Rechtsblocks. Aber 2023 unterscheidet sich in zwei wichtigen Details von 2000: Das Regime des Wiener Rechtsblocks wäre nicht isoliert, sondern vom Start weg Teil einer „Familie“. Und die ÖVP hat sich längst von einer christdemokratischen Partei zu einer FPÖ im ÖVP-Pelz gewandelt.

Damit geht es bei der nächsten Wahl um weit mehr als Österreich. Noch versucht die EU, ein demokratisches und rechtsstaatliches Europa nach außen und innen zu verteidigen. Doch in der Ukraine wird gerade ausprobiert, was man mit einem Krieg in Europa gewinnen kann. Orbáns großungarische Landkarten zeigen, dass an der Westgrenze der Ukraine nicht Schluss sein muss. Der ungarische Führer kann sich dabei jetzt schon auf zwei Verbündete verlassen: auf Aleksander Vucic in Belgrad und auf Karl Nehammer in Wien.

In unsicheren Zeiten ist alles möglich, was in sicheren Zeiten undenkbar war. Rechtsstaat, Pressefreiheit, freie Meinungsäußerung, offene Grenzen, Frieden in Europa – das ist längst noch nicht verloren, aber erstmals nicht mehr sicher.

Die andere Geschichte

An diesem Punkt würde ich gerne die andere Geschichte erzählen: wie es besser wird; wie ein immer noch reiches Land wie Österreich mitten in Europa zeigt, wie man erfolgreich Korruption und Armut bekämpft, Gesundheit und Umwelt schützt und Bildung, Wissenschaft und Kultur ausbaut; wie es für Österreich besser wird und nicht für die ÖVP. Das wäre die Geschichte einer erfolgreichen politischen Initiative.

Jetzt ist das mein Neujahrswunsch. Ich verbinde ihn mit einer Frage, die sich nicht nur an SPÖ und Grüne richtet:

Hallo, ist da wer?

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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