Samstag, Oktober 5, 2024

»Don’t Look Up« in »ZiB2«

Die “ZiB2”-Diskussion zwischen Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) und Klimaaktivistin Martha Krumpeck könnte eine Szene aus dem Katastrophenfilm „Don’t Look Up“ gewesen sein. 

Wien, 10. Dezember 2023 | Wissenschaftler warnen vor einem drohenden Meteoriteneinschlag in TV-Shows, bekommen aber kaum Gehör. Der Film „Don’t look up“, der den drohenden Weltuntergang durch den Himmelskörpereinschlag als Metapher für die Klimakatastrophe benutzt, wurde 2021 zum weltweiten Hit.

Am Montagabend fühlte man sich beim Beobachten des “ZiB2”-Interview-Duells ebenfalls unangenehm an Szenen aus dem Streifen erinnert. Eine verzweifelt an die Politik appellierende Wissenschaftlerin und eine politische Vertreterin, die diese Anliegen nicht wirklich ernst nimmt, diskutierten vor laufender Kamera.

Zu Gast: die Mikrobiologin und Klimaaktivistin Martha Krumpeck, sowie die ÖVP-Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm von der Volkspartei. Anlass zur Diskussion bei Armin Wolf war die von der „Letzten Generation“ ausgerufene Woche der zahlreichen Klebeaktionen in Österreich.

Plakolm findet Proteste “respektlos”

Eine besondere Freundin der Protestform dürfte die Jugendstaatssekretärin nicht mehr werden, denn gleich zu Beginn machte sie klar, was sie von den Klimaklebern halte: Die Aktionen seien „respektlos“ gegenüber den Menschen, die in die Arbeit fahren, gegenüber den Polizisten und gegenüber den Steuerzahlern, führte Plakolm aus.

Krumpeck hingegen begründete, wieso man auf diese Protestmittel seitens der „Letzten Generation“ setze. Mit legal angemeldeten Protesten und Petitionen würde man bei der Regierung nichts bewirken. Krumpeck tue es zudem „wahnsinnig leid“, dass die Organisation Menschen verärgern müsse, damit man „endlich der Wissenschaft zuhört“. Die Welt schlittere in die Klimakatastrophe, so Krumpeck und zitierte den deutschen Klimafolgenforscher Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdamer Institut, der den Klimawandel mit einem Schulbus verglich, der für die darinsitzenden Kinder zu 98 Prozent tödlich verunglücken werde.

“Ziviler Widerstand kein Beliebtheitswettbewerb”

Plakolm hingegen argumentierte, dass sich Österreich derzeit beim Thema Klimaschutz nicht verstecken müsse. Durch die Aktionen der Klima-Kleber würden sich stattdessen die jungen Menschen von dieser Bewegung „kopfschüttelnd“ abwenden.

Krumpeck erwiderte, dass ziviler Widerstand “kein Beliebtheitswettbewerb” sei. Auch die „Friday for Future“-Bewegung sei vier Jahre lang komplett ignoriert worden. Den Beweis für die Sinnhaftigkeit ihrer Protestform sei für Krumpeck, dass sie die Möglichkeit in der “ZiB2” habe, mitzureden und aufzuzeigen, „wie die Klimapolitik dieser Regierung völlig an dem vorbeigeht, wo wir eigentlich hinmüssten“.

Wolf widmete sich wieder der ÖVP-Jugendstaatssekretärin Plakolm und sprach sie auf die Forderungen der Letzten Generation an, und nannte sie selbst nicht besonders radikal. Eine Forderung sei etwa Tempo 100 auf der Autobahn.

Plakolm: Keine Verbote, aber Strafen

Für Plakolm habe dies zwei Gründe, wieso die Regierung dieser Forderung nicht nachkommen werde: Einerseits, weil auf 40 Prozent der Autobahnen bereits jetzt nicht Tempo 100 gefahren werden könne, anderseits weil die Regierung nicht mit Verboten arbeiten wolle. Ein etwas kurios anmutender Grund: Schließlich ist mit dem derzeitig geltenden Tempo 130 ja bereits ein „Verbot“ in Kraft. Plakolm will stattdessen auf “Innovationsgeist und Forschung” setzten.

Mit fortschreitender Interviewdauer wurden die Appelle der Mikrobiologin Krumpeck zunehmend eindringlicher und emotionaler. Tempo 100 sei eine der einfachsten und simpelsten Maßnahmen, die man umsetzen könne, meinte sie. Auch das Umweltbundesamt zeigte positive Effekte durch diese Maßnahme.

Wenig gehört fand Krumpeck bei Plakolm. Die setzte sich stattdessen, so wie Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner für eine Gesetzesänderung ein, die Haftstrafen für Klima-Kleber möglich machen. Die derzeitigen Strafen würden Plakolm derzeit nicht reichen.

Frau Plakolm, don’t look up!

Die Stimmen im Netz zeigten sich nach dem Interview mehr oder minder ernüchtert nach den Aussagen der Jugendstaatsekretärin.

(bf)

Titelbild: Screenshot: ZiB2, Montage ZackZack

Autor

  • Benedikt Faast

    Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.

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