Donnerstag, April 25, 2024

Ausgerechnet: Das gebrochene Pensionsversprechen

Wer in den nächsten Jahren in Pension geht, verliert während seiner Pension Zehntausende Euro.

 

Wien, 21. Jänner 2023 | Heißt umkämpft ist das Thema Pensionen in der österreichischen Politik seit jeher. Lange Zeit galt: Wer 45 Jahre gearbeitet hat, der darf auch mit einer entsprechenden Pension rechnen. Achtzig Prozent des durchschnittlichen Jahres-Einkommens während des Arbeitslebens sollte man in der Pension jährlich zur Verfügung haben. Eingeschränkt hat die Bundesregierung das mit der Abschaffung der „Hacklerregelung“ – nun gilt: Wer 65 Jahre alt ist und 45 Jahre gearbeitet hat, darf weiterhin mit diesen achtzig Prozent rechnen. Wer weniger Arbeitsjahre hat oder früher in Pension geht, muss Abschläge in Kauf nehmen und somit eine niedrigere Pension. Damit schien das Thema vorläufig erledigt. Doch die Inflation macht dem einen Strich durch die Rechnung. Handelt die Politik nicht, setzt es die größten flächendeckenden Pensionskürzungen in Österreich seit den Pensionsreformen von Wolfang Schüssel vor zwanzig Jahren – und zwar für alle, die in den nächsten Jahren in Pension gehen.

Wie kommt das? Um das zu erklären, nehmen wir Maria, die im kommenden November in Pension gehen will. Sie hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer durchschnittlich verdient. Auch sie hat, wie alle anderen, laufend eingezahlt auf ihr Pensionskonto, wenn sie Monat für Monat arbeiten geht. All das, was sie in ihren langen Jahren Arbeit eingezahlt hat, würde allerdings laufend entwertet werden – durch die Inflation. Genau so wie eine Wurstsemmel 1980 im Laden viel weniger kostete (36 Cent bzw. 5 Schilling), genauso war ihr Lohn damals noch deutlich niedriger. Eine Pension, von der sie leben kann, würde sich davon nicht mehr ausgehen. Deswegen wertet der Sozialminister dem Gesetz folgend jedes Jahr ihre gesamten Pensionsbeiträge auf. Auch jene, die noch aus den 80er-Jahren stammen. Die aufgewerteten Pensionsbeiträge entscheiden am Ende des Arbeitslebens, wie hoch ihre Pension ausfällt, sobald sie sie antritt.

Die Teuerung frisst die eingezahlten Pensionsbeiträge auf

So weit, so gut. Der große Haken dabei aber ist: Die Beiträge werden stark verzögert aufgewertet. Zum Jahreswechsel dafür herangezogen wurden die Lohnerhöhungen – damit indirekt die Teuerung – von vor zwei Jahren. Weil die Inflation damals aber noch viel geringer war als heute, fällt die Aufwertung in diesem Jahr deutlich geringer aus als die Teuerung. Wenn Maria also im November in Pension geht, wurde ihr Pensionskonto zum Jahreswechsel nur um 3,1 Prozent aufgewertet. Die Inflation fiel 2022 hingegen fast dreimal so hoch aus. Die Früchte ihrer gesamten Arbeit über Jahrzehnte wird damit finanziell nicht ausreichend geschätzt, entwertet sich deutlich. Ob gewollt oder nicht, die Regierung bricht damit gegenüber Menschen wie Maria ihr Versprechen, dass langjährige „Hackler“ mit 80% ihres Arbeitseinkommens in Pension gehen dürfen. Maria wird nach aktuellem Gesetzesstand mit nur 74% ihres Lebenseinkommens in Pension gehen. Für ihre Schwester, die erst ein Jahr später 2024 gehen kann, sind es überhaupt nur 72%. Erst für neue Pensionist*innen ab 2025 fallen die Verluste wieder etwas geringer aus. Der Aufholprozess dauert aber einige Jahre.

Die Politik muss die Folgen der Inflation ausgleichen – auch für angehende Pensionist*innen

Als wäre das nicht genug: Wer innerhalb eines Jahres später in Pension geht, verliert auch noch einmal Geld. Denn wer schon in Pension ist, erhält sehr wohl jedes Jahr einen Ausgleich für die Teuerung. Geht Maria – wie viele andere – aber erst im November 2023 in Pension, fällt sie um diesen Ausgleich komplett um. Dadurch verliert Maria mit ihrem Durchschnittseinkommen in den nächsten 20 Jahren Pension insgesamt 83.000 Euro. Enorm viel Geld.

Die Teuerung bringt Verwerfungen, die für angehende Pensionist*innen ganz schön teuer werden. Die Politik könnte das Problem aber leicht beheben. Sie kann die Pensionen für jene 300.000 Menschen außertourlich erhöhen, die gerade erst ihre Pension angetreten haben oder das in den Jahren tun werden. Handelt die Regierung nicht, bricht sie ihr Versprechen gegenüber Menschen wie Maria. Das Versprechen, dass sie im letzten Lebensabschnitt ein entsprechendes Einkommen bekommen, weil sie es sich mit harter langjähriger Arbeit selbst verdient haben. Das Vertrauen in den Staat, in die Politik, und ins Pensionssystem würde dadurch nachhaltig erschüttert. Die Kaufkraft der Pensionist*innen sowieso. Keine gute Idee.

Alexander W. Huber ist Experte für Inflation und Sozialstaat am Momentum Institut. Er beschäftigt sich mit sozialen und räumlichen Ungleichheiten, Steuerthemen und den Kosten des täglichen Lebens. Studiert hat er Volkswirtschaft an der WU Wien.

Titelbild: ZackZack / Miriam Mone

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12 Kommentare

  1. Hat jemand denn geglaubt, dass die Rechnung nie kommen wird ? Energiepolitik mit Anreizen zum Zocken, Corona-Milliarden verpulvert für den Hugo, Lieferkettenprobleme generiert damit, danach in die Sanktionspolitik eingestiegen zum Milliarden für Kriegsgerät bereitstellen – und wer soll das, wer wird das bezahle ? Die Profiteuere der Energiekonzerne, die Profiteuere der gehypten “Pandemie”, die Profiteuere der Inflation ? Weit gefehlt. Bezahlen werden das du und ich, die Berta und der Franz. Mit der Verarmung sofort, mit der wertgeminderten Pension später noch einmal.
    Jeder, der die Corona-Diktatur mitgetragen hat, hat sich in diesem Sinne mitschuldig gemacht. Und soll jetzt nicht den Jammerer hervorkehren. Zu spät.

  2. Pensionsabschläge ungerecht. Ich bin vom Staat betrogen, im Vertrauen missbraucht, und vom Staat getäuscht worden. Nach 48 Arbeitsjahren als 1955 geborener, mit 15 Jahren zum Arbeiten begonnen, in der Industrie als Schicht Fabriksarbeiter, durfte ich mit Abschlägen von ca. 7.000 € netto jährlich in Pension gehen. Und dadurch werde ich bis an meine Lebensende Erwartung um ca. 200.000 € vom Staat betrogen. Und die widerliche Ungerechtigkeit ist, das die jüngeren Jahrgänge sich jetzt sogar einen Pensionszuschlag- Frühstarterbonus gesichert haben. Ich wähle ab sofort nur mehr Eine Partei wo ich mit direkter Demokratie (laufenden Volksabstimmungen) mitbestimmen kann.

    • Wichtige weitere Fallpräzisierung.
      Die Frage ist nun, ob diese wie ich sie schon bezeichnete “hinerfozzige” grundrechtswidrige Pensionsreform nur die aktuelln in Pension gehenden Jahrgänge trifft, oder auch die Zufkünftigen?
      Wenn es schon zu keiner Solidarisierung der möglichen und aktuellen Pensionisten kommt, ein wichtiger Fakt, vor allem auch um das Potential der Rebellion dagegen auch wirklich abschätzen zu können? (Ansonsten sollten wir uns doch sofort mit den Demonstranten in Franzkreich zusammentun?)

  3. Zum Ausgleich soll sich ja bei der Wirtschaftskammer jemand ein Zubrot zugeschanzt haben. So geht Österreich!

  4. Die Bevölkung wird gezielt systematisch ausgeraubt!

    Über Pensions”anpassungen”, die jedes Jahr nur einen Bruchteil der erhöhten Lebenshaltungskosten abdecken, über lächerliche Zinsen bei Sparguthaben, die einen Verlust ves Vermögenswertes von 8 – 9 Prozent pro Jahr betragen.

    Es ist Diebstahl an den Vermögenswerten der Bürger aufgrund fehlender Gegenmaßnahmen durch die Regierung.

    Beispiel beim gepriesenen Bausparvertrag: Bei einer Ansparung nach 2,5 J. v ca. 30×100 Euro fallen an
    0,15 % Zinsen = + 3,55
    Kapitalertragssteuer = – 0,58
    Staatl. Prämie = + 18,00
    Bearbeitungsgeb. ? – ….,00

    Die Lebenhaltungskosten sind in diesem Zeitraum um ein zig-faches gestiegen. Es ist eine gezielte Entwertung des Vermögens der Bevölkung.

    Im Gegenzug werden manche Unternehmen, die kaum Einbußen durch die Pandemie hatten, ohne jede Kontrolle durch diese Regierung großzügig mit satten Beträgen UMSATZBEZOGEN gefüttert.
    Das ist die traurige Realität!

  5. In Frankreich gehen die Menschen gerade auf wegen Pensionskürzungen auf die Straße.
    In Österreich hat man das derart hinterfozzig angelegt, dass es die meisten Menschen wie bei zahlreiche Pensionskürzungen schon davor gar nicht mitkriegen und das auch noch in dieser Zeit einer explodierenden Inflation!
    Sollte ich diesen Kogler und Nehammer einmal persönlich sehen, dann werde ich ihnen ins Gesicht sagen, was ich von einer solchen Vorgangsweise halte.
    Ein für mich nur mehr durch und durch korruptes und schwer systemkriminelles und gekauftes Söldnerpack
    Auch kann ich mir nicht vorstellen, dass es diese Politikerkaste selber betreffen wird (sonst hätten wohl schon einige schmähstade Natioanlratsabgeordnete schon aufgeschrien) Vermutlich wird hier gleich hinterfozzig auch noch das Gegenteil zelebriert?
    Für mich ist das nun ein Höhpunkt dieser schon lange menscheverachtenden… – mir fällt noch gar nicht das passende Eigenschaftsvokabel für diese Art von Menschen ein…

  6. Ja, es ist nicht wurscht, dass die Regierung genau nichts gegen die Inflation unternimmt!

    Das ist keine Neuigkeit. Es ist nirgendwo wurscht, weder bei den Pensionen, noch bei anderen Sozialmanagement, noch für die Wirtschaft.

    Man nennt das Mismanagement, aber das traut sich ja keiner laut sagen, von unseren tapferen Berichterstattern!

    • Bei anderen Sozialleistungen meinst du wahrscheinlich….

      Mir geht diese elendigliche Wirtschaftshörigkeit und geldgeile Feigheit der Medien auch enorm am Geist….es wird immer unerträglicher!

      • Ja, da hatt ich mich vertippt.

        Und es sind gar nicht die Medien allein. Die Behörden und Staatsanwaltschaften leiden ebenfalls unter massiver Realitätsverweigerung.
        Ich trau mich wetten, dass Kurz erst nach den Landtagswahlen angeklagt wird! Und Nachrichten zum katastrophalen Zustand des Gesundheitsystems, sowie Genaueres zum NÖ Medienkorruptionsskandal gibt’s sicher auch erst wieder nach den Wahlen. Und dann schauen die Leut wieder groß drein, und wundern sich….

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