Samstag, Juli 27, 2024

ORF-Elefantenrunde: Lügen, Schreierei und ein paar Achterln Wein mit Sobotka

Normalerweise freut sich Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner wohl über Bildschirmzeit im ORF NÖ. Bei der Elefantenrunde dürfte das nicht der Fall gewesen sein. Streckenweise kam es zu einer Schreierei.

Wien/St. Pölten, 27. Jänner 2023 | Die letzte Elefantenrunde für die Niederösterreich-Wahl hatte es in sich. Alle Spitzenkandidaten versammelten sich bei der landesweit übertragenen ORF-Debatte im St. Pöltner Landhausschiff. Vor den Toren hatten sich Klimaaktivisten versammelt, die auch während der TV-Übertragung stets zu hören waren. Was sich ebenfalls wie die Rufe der Aktivisten durch die Sendung zog, war das Faktum, dass sich die amtierende Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) fast durchgehend in der Defensive befand. Denn die Herausforderer schossen sich auf Mikl-Leitner ein.

Mikl-Leitner beklagt “Lügen” und will klagen

Ein Mitgrund für die nicht gerade Mikl-Leitner-freundliche Stimmung im Landhausschiff dürften auch die besonders kritischen Fragen des ORF NÖ-Moderationsduos gewesen sein, die die Landeshauptfrau zur Causa ORF NÖ grillten. Mikl-Leitner wies die Vorwürfe zurück, dass sie Einfluss auf die Berichterstattung genommen hätte. Auch dass sie regelmäßige Treffen mit dem ORF Niederösterreich-Chef Robert Ziegler gehabt hätte wies sie zurück. Das seien „Lügen“, und sie werde sich rechtliche Schritte vorbehalten. Dass sie deutlich mehr Bildschirmzeit als die anderen Parteispitzen im ORF Niederösterreich in den vergangenen Jahren erhielt, begründete Mikl-Leitner damit, dass sie mehr Verantwortung habe, als die anderen. Für die Landeshauptfrau sei es sowieso eine „interne Angelegenheit“.

Ein paar Achterln Wein mit Wolfgang Sobotka

FPÖ-Landeschef Udo Landbauer hingegen schoss scharf in dieser Causa. Landbauer warf der Volkspartei vor, den ORF zum “ÖVP-Propagandamedium” gemacht zu haben, und ortete “permanente ÖVP-Intervention”, aber das “kennt man von landeseigenen Gesellschaften genauso”.  Die ÖVP würde sich „in den Hinterzimmern die Posten auspackeln“. Als Beispiel nannte er Medienberichte über den Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka. „Da wissen wir ja jetzt auch, dass der jeden Freitag beim Herrn Ziegler auf ein paar Achterl Wein und ausgemauschelt hat, was passiert.“

Kritisiert wurde insbesondere von Landbauer als auch von SPÖ-Chef Franz Schnabl, dass der Untersuchungsbericht rund um Mikl-Leitner und den ORF NÖ, erst nach der Wahl veröffentlicht werde.

Bei der zukünftigen Zusammenarbeit im Land stieß man ebenfalls auf teils verhärtete Fronten. Schnabl sprach sich etwa für eine inhaltliche Zusammenarbeit bei Themen aus, allerdings: “Ich würde Udo Landbauer, wenn er die Menschenrechte infrage stellt, nicht zum Landeshauptmann wählen.” Der blaue Spitzenkandidat Landbauer kündigte erneut an, dass die Freiheitlichen nicht für Mikl-Leitner als Landeshauptfrau stimmen werden. Grüne Listenerste Helga Krismer verwies darauf, dass die Grünen Mikl-Leitner 2018 als einzige Partei nicht zur Landeshauptfrau gewählt haben. Für NEOS-Spitzenkandidatin Indra Collini steht fest, dass Mikl-Leitner an der Landesspitze bleibt. Die Frage sei aber, wie es mit dem Land weitergehe.

Diskussion endet mit Mikl-Leitner-Schreierei

Besonders emotional wurde es beim Thema Asyl. Bei der Quotenerfüllung zur Unterbringung hinkt Niederösterreich hinterher. Für Mikl-Leitner sichtlich kein Problem, die Landeshauptfrau behauptete das Land liege im Bundesländervergleich auf Platz drei. Stimmt nicht, wie Experten nach der Debatte klarstellten. Für Mikl-Leitner sei dies sowieso kein Thema für eine Landtagswahl. Stattdessen würde die FPÖ, insbesondere Landbauer, die Menschen mit dem Thema Asyl „blenden“.

Landbauer wiederrum attackierte die ÖVP zurück. Bei der Wahl sei es entscheidend, wie stark eine ÖVP Niederösterreich sein werde, da diese unter anderem den Innenminister Gerhard Karner stelle. Hier platzte Mikl-Leitner die Hutschnur. Die Landeshauptfrau schrie den FPÖ-Spitzenkandidaten förmlich an, dass selbst die Aktivisten vor der Tür nicht mehr zu hören waren: Herr Landbauer, jetzt sage ich Ihnen einmal was: Sie waren noch kein einziges Mal auf europäischer Ebene und haben dort interveniert für strengere Regeln. Ich bin regelmäßig in Brüssel und interveniere regelmäßig.“ Landbauer konterte: „Dann sind sie nicht erfolgreich.“ Mikl-Leitner Worte überschlugen sich mittlerweile, so sehr hatte sich in Rage geredet. Mit der wütenden Landeshauptfrau, die in Richtung Landbauer schrie, endete auch die Diskussion.

Die Diskussion zum Nachsehen gibt es hier.

(bf)

Titelbild: Screenshot ORF/ Screenshot Wolfgang Sobotka TikTok

Autor

  • Benedikt Faast

    Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.

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