Die Landtagswahl in Niederösterreich hat die ÖVP die absolute Mehrheit gekostet. Das Problem sieht man überall, aber nicht bei sich. Das Netz hat dazu einiges zu sagen.
St. Pölten/Wien, 30. Jänner 2023 | Der Absturz der niederösterreichischen Volkspartei hat am Sonntag nicht nur die Partei selbst sondern auch das Netz beschäftigt. ZackZack hat einige Reaktionen gesammelt, von Erklärungsversuchen für das Ergebnis bis hin zu Ärger über die Erklärungsversuche Johanna Mikl-Leitners.
Die Wahl in Niederösterreich in einem Satz zusammengefasst: pic.twitter.com/EVjqiUhHLf
— Der Timpel (@DerTimpel) January 30, 2023
Absolute adé
Die ÖVP hat in Niederösterreich am Sonntag das schlechteste Wahlergebnis seit 1945 eingefahren. Die ÖVP wird sich nun eine Koalitionspartnerin suchen müssen und künftig verstärkt Kompromisse eingehen müssen. Ein ungewohntes Dasein für eine Partei, die seit 1945 mit absoluter Mehrheit das politische Geschehen in Niederösterreich dominieren konnte.
Ein ungewohnter Gedanke, dass die ÖVP Niederösterreich plötzlich wie jede andere Partei in Österreich ist: Sie braucht einen echten Partner für Mehrheiten.
— Walter Hämmerle (@WaltHaemmerle) January 30, 2023
61% haben entschieden, dass die ÖVP nicht die Niederösterreich-Partei ist.
— Freiheit und Frieden. #standwithukraine (@rudifussi) January 29, 2023
Freiheitliche Freude
Große Gewinnerin ist die FPÖ und deren Spitzenkandidat Udo Landbauer. Die FPÖ hatte jüngst gewettert, der zweite Platz wäre bereits 2018 möglich gewesen und nur durch das Aufbauschen der sogenannten Liederbuch-Affäre verhindert worden. Die Freiheitlichen freut‘s, andere weniger.
Jede vierte Stimme in NÖ geht an die FPÖ.
Sads es deppat?
— Martin (@martinsadleder) January 29, 2023
Niederösterreich generell zusammengefasst.
— ich bin (@melliehklar) January 30, 2023
Schuld-Suche
Im Netz wird wild diskutiert darüber, wie die FPÖ so viele Stimmen einfahren konnte. Manche meinen, es war Bundespräsident Alexander Van der Bellens Aussage, er würde einen Kanzler Herbert Kickl (FPÖ) nicht angeloben. Man erinnere sich an das FPÖ-Wahlkampfmotto “Jetzt erst recht”. Andere meinen, das Fischen der ÖVP und SPÖ in rechten Themengewässern hätte sich gerächt. Auch an der Oppositionsarbeit der SPÖ haben einige etwas auszusetzen.
Die ÖVP natürlich nicht.
Eh klar.
Die macht immer alles richtig.— derChristoph (@the_boomerang) January 30, 2023
Mich erschreckt der Verlust bei der SPÖ mehr als die Niederlage der ÖVP. Als größte Oppositionspartei in einer multiplen Krise nicht zu gewinnen, während die Regierung verliert, zeigt schon von Versagen auf allen Ebenen
— Clemens Binder (@CleBinder) January 29, 2023
Es gibt wirklich wenig in Niederösterreich, an dem die ÖVP nicht schuld ist, aber das …
— ausserirdischesindgesund (@RalphAichinger) January 30, 2023
Reihenweise Rettungsversuche
SPÖ und ÖVP versuchen jedenfalls ihre Verluste schönzureden. Bei der SPÖ verbucht man als Erfolg, die Absolute der ÖVP gebrochen zu haben. Dabei zeigen Wählerstromanalysen, dass die meisten Wähler der ÖVP zur FPÖ übergelaufen sind.
SP-Landesgeschäftsführer Kocevar: "Wir haben ein Ziel erreicht, nämlich die absolute Mehrheit der ÖVP zu brechen". Sich das bei diesem Ergebnis für die SPÖ zuzuschreiben, ist eine interessante Interpretation. #ltw23 #ltwnoe
— Stefan Lenglinger (@S_Lenglinger) January 29, 2023
Die ÖVP findet indes, immerhin habe man „Rot-Blau“ verhindert.
Mikl-Leitner im Orf: "Aber es ist gelungen, Rot-Blau zu verhindern"
🤡— Michael, der (@Drowhunter) January 29, 2023
🇦🇹 Es geht schon auch ums Herumschwafeln. Dieser Eiertanz von Mikl-Leitner & anderen ist doch nicht auszuhalten. Ich verstehe alle, die diese PhrasendrescherInnen nicht als VertreterInnen wollen. Es braucht ein nicht-rechtsradikales nicht-schwafelndes Angebot. Klare Kante.
— Paul Schuierer-Aigner (@pablodiabolo) January 29, 2023
Manche meinen, Franz Schnabls Niederlage hätte immerhin von der Performance der SPÖ-Bundesobfrau Pamela Rendi-Wagner abgelenkt.
https://twitter.com/Claus_Pandi/status/1619957179955707906
Schwarzer-Peter-Schieben
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und auch andere Spitzenpersonen der Volkspartei, etwa Bundeskanzler Karl Nehammer, sehen die Verantwortung für das schlechte Wahlergebnis jedenfalls nicht bei sich. Während Nehammer auf die Krisen verweist, zeigt Mikl-Leitner recht unverhohlen verbal mit dem Finger auf die Bundesspitze.
Herrmann: "Also Rückenwind haben ihnen Nehammer und Co. natürlich keinen verschafft?"
Mikl-Leitner: "Nein"#ltw23 #ltwnoe #puls24 pic.twitter.com/WcbPeyivZE
— Mathias Morscher (@mathiasmoe) January 29, 2023
ÖVP kapiert es nicht. Sie betrachtet Niederösterreich als ihr Eigentum. Kritik an ihrer Politik sei Kritik an Niederösterreich. Man sei die Niederösterreich-Partei. Niederösterreich-Wahl sei aber keine Landeswahl, sondern eine Bundeswahl gewesen.
Das ist Realitätsverweigerung.
— Freiheit und Frieden. #standwithukraine (@rudifussi) January 30, 2023
Mikl-Leitner: „Wir erleben gerade eine Protestwelle, die über das ganze Land geht und auch nicht vor den Toren Niederösterreichs halt macht – ausgelöst durch Unzufriedenheit auch auf Bundesebene.“#ltwnoe #ltw23
— Raffaela (@DieRaffa) January 29, 2023
Bundeskanzler Karl Nehammer meint wiederum, „multiple Krisen”, hätten zum Misserfolg der ÖVP geführt. Es seien schlechte Zeiten für Regierende, die Menschen seien unzufrieden mit der Situation. Auf Nachfrage bei der Pressekonferenz am Sonntag gestand er ein, Korruptionsvorwürfe hätten auch einen Anteil an der Zustimmung zur ÖVP im Land.
Was lerne ich vom @oe1 Morgenjournal mit Mikl-Leitner? Die ÖVP ist eine multiple Krise.
— Martin Ségur-Cabanac (@martinsegur) January 30, 2023
Keine Konsequenzen
Wo Mikl-Leitner nicht das Problem sieht: bei der eigenen Arbeitsweise.
Es ist demokratisch schwierig, wenn eine Spitzeenkandidatin als erste Reaktion meint, dass Menschen bei einer Wahl weder über die Arbeit der vergangenen Jahre noch über die vorgeschlagenen Zukunftsvisionen entscheiden. https://t.co/WsVnxMrA94
— Florian Horn (@fhorntweets) January 30, 2023
Gespenstisch, wie Mikl-Leitner den ganzen Wahlabend über praktisch wortgleich die Ausreden zu ihrer eindeutig auch persönlichen Niederlage abspult #zib2
— Peter Rabl (@RablPeter) January 29, 2023
Kritisch mit ihrer Arbeitsweise konfrontiert wurde Landeshauptfrau Mikl-Leitner am Wahltag allerdings sehr wohl, und zwar von einer jungen Klimaaktivistin.
Aktivistin: "Wir werden nie ernst genommen!"
Mikl-Leitner: "Kann ich jetzt meine Interviews geben bitte?" https://t.co/Kp0AEZM28a— Markus Lust (@wurstzombie) January 29, 2023
Personelle Konsequenzen will sie nicht ziehen.
Mikl-Leitner: „Nein, ich trete nicht zurück. Wir sind eine Gemeinschaft, die bei Sonne oder Regen zusammenhält.“
— Raffaela (@DieRaffa) January 29, 2023
Als die ÖVP bei den steirischen Landtagswahlen 1996 8 Prozentpunkte verlor,hat am Wahlabend Josef Krainer die umfassende Verantwortung für die Niederlage übernommen und seinen Rücktritt bekanntgegeben.Auf die Idee kommt heute niemand mehr,nur unerträgliche Ausreden.
— Petra Fabian (@Fabian3Fabian) January 30, 2023
Also wenns ums Festkleben geht können die Klimaaktivisten von Mikl-Leitner noch viel lernen. So fest am Sessel festkleben wie Mikl-Leitner kann sich kein Klimaaktivist. #zib2
— Freiheit und Frieden. #standwithukraine (@rudifussi) January 29, 2023
(pma)
Titelbild: ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com