Mittwoch, April 24, 2024

ÖVP-Grande kritisiert Nehammers EU-Blockade: “Schmuddelecke”

Ex-Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl warnt Nehammer davor, sich in die “Schmuddelecke der Veto-Keulen-Schwinger einzuordnen”.

Berlin/EU-weit | Wieder einmal fällt Österreich EU-weit auf: Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat damit gedroht, die gemeinsame Abschlusserklärung der EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen in dieser Woche zu blockieren, falls keine konkreten Vereinbarungen zu Migrationsfragen erzielt werden. “Leere Worthülsen werden nicht ausreichen”, sagte Nehammer der “Welt” (Mittwochsausgabe). Nehammer würde damit einen Beschluss blockieren, denn diese werden im Europäischen Rat im Konsens gefasst.

„Veto-Keulen-Schwingen nicht förderlich“

Christoph Leitl, Präsident der Europäischen Bewegung Österreich (EBÖ), Ex-Wirtschaftskammer-Präsident und Ex-ÖVP-Bundesparteivorstand-Mitglied, sieht es grundsätzlich positiv, dass Nehammer sich über die Sicherheit Österreichs Gedanken macht und dazu Vorschläge vorlegt. Europa müsse in der Asyl- und Migrationsfrage endlich gemeinsame Lösungen finden, so Leitl. Um jedoch bei den EU-Partnern Gehör zu finden, sei es “nicht förderlich, sich in die ‘Schmuddelecke der Veto-Keulen-Schwinger’ einzuordnen.“

Österreich verliere damit Wohlwollen auf der europäischen Ebene, erleide aber vor allem einen enormen Vertrauensverlust, warnt Leitl: „Nicht nur in Rumänien und Bulgarien, sondern in allen mittel- und osteuropäischen Ländern.” Der Scherbenhaufen, der angerichtet worden sei, müsse rasch gekittet werden. Österreich hat im Dezember wegen der Migration durch Bulgarien und Rumänien ein Veto gegen deren Schengen-Beitritt eingelegt.

Lieblingsthema Außengrenzschutz

“Es braucht endlich ein klares und deutliches Bekenntnis zur Verstärkung des Außengrenzschutzes und zum Einsatz entsprechender finanzieller Mittel aus dem EU-Budget dafür”, forderte Nehammer. Es müssten “konkrete Schritte” erfolgen. Passiere das nicht, werde Österreich die Abschlusserklärung des EU-Gipfels “nicht mittragen können”, sagte er. Allerdings: Sieben weitere EU-Staaten haben offenbar eine ähnliche Einstellung.

Brief an EU-Spitzen

Österreich und sieben weitere EU-Staaten haben vor dem Sondergipfel zu Migration in einem gemeinsamen Brief an EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel geschickt. Darin enthalten: Eine Liste von geforderten Maßnahmen, von denen sie erwarten, dass sie die Migration drosseln.

“Einige Mitgliedstaaten haben gleich viele oder mehr Ankünfte und Anträge als während der Migrationskrise in den Jahren 2015 und 2016”, heißt es in dem Brief. Neben Nehammer haben ihn auch die Regierungschefs von Dänemark, Griechenland, Lettland, Slowakei, Malta, Estland und der litauische Präsident Gitanas Nauseda unterzeichnet.

Fordern Ansätze für Migrationsrouten

“Nationale und lokale Behörden haben Mühe, den Zustrom zu bewältigen. Die Situation ist zutiefst besorgniserregend und erfordert dringend politische Aufmerksamkeit und konkrete Maßnahmen, auch damit die Mitgliedstaaten Menschen, die internationalen Schutz benötigen, Vorrang einräumen, einschließlich der Ukrainer, die im Lichte der russischen Aggression vertrieben wurden“, steht in dem Schreiben.

Die EU-Kommission wird aufgefordert, einen umfassenden Ansatz für alle wichtigen Migrationsrouten vorzulegen. Die Unterzeichner wollen eine Stärkung des Außengrenz-Schutzes, dass Seegrenzen künftig aus dem Luftraum überwacht werden und dass die EU-Grenzschutzagentur Frontex mit Rückführungen und Maßnahmen in Drittstaaten dazu beiträgt, dass die Migration abnimmt. Außerdem verlangen sie EU-Außengrenzschutzstandards und zusätzliche finanzielle Unterstützung im Rahmen des bestehenden EU-Finanzrahmens für Grenzkontroll-Maßnahmen.

APA/Titelbild: ZackZack/ Christopher Glanzl

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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15 Kommentare

  1. Vielleicht wäre es viel besser, wenn der Schutz der EU-Außengrenzen durch gemeinsame, multinationale Patrouillen sichergestellt würde, so dass jedes europäische Land zur gemeinsamen Verteidigung beiträgt. Luftgrenzen werden einigermaßen gemeinsam verteidigt. Beispielsweise wird die rumänische Luftwaffe von April bis Juli 2023 vom Luftwaffenstützpunkt Siauliai aus einen verstärkten Luftpolizeidienst in Litauen bereitstellen. Die Verlegung von Grenzschutzbeamten von einer Grenze zur anderen vermeidet auch Korruptionshandlungen durch Banden, die versuchen, Grenzschutzbeamte zu bestechen.

  2. Das hätte ich Christoph Leitl gar nicht zugetraut nach seinen angeregten Diktatur-Scherzen mit Putin. Er ist jetzt der zweite Pensionist, der sich mit den Türkisen anlegt.

  3. Sobald Bulgarien und Rumänien ein Abo bei Dream Security abgeschlossen haben, wird Nehammer sein Veto zurückziehen ;-))

  4. ganz ehrlich – was anderes ist vom herrn karl zu erwarten?

    ma kann immer wieder nur staunen
    über den niveauverlust der einstmals stolzen europapartei övp.

    gut, dass das der busek nimmer erleben muss.
    er und der mock rotierten gerade in ihren ruhestätten.

  5. Das passiert wenn man leicht zurückgebliebene Dilettanten regieren lässt. Nehammer ist gänzlich ungeeignet für diese Position.

  6. …..in die Schmuddelecke der Veto-Keulen-Schwinger einzuordnen………..

    er hat sich nicht eingeordnet sondern ist vielmehr mittendrin, wenn nicht sogar schon einen Orban und Co rechts überholend federführend. Wie immer reine Polemik um von den eigenen Schwächen abzulenken

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