Freitag, April 26, 2024

Kocher: Teilzeitarbeit ein “Privileg”

Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) hält nicht viel von Teilzeitarbeit und „Nicht-Arbeit“. Wer nicht Vollzeit arbeitet, könnte bald um staatliche Hilfe bangen müssen.

Wien | In einem „Kurier“-Interview demonstrierte Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) erneut seine Bereitschaft, die Sozialleistungen für Geringverdiener zu reduzieren. Wer etwa in Teilzeitbeschäftigung sei, für den könnten, ginge es nach Kocher, Sozialleistungen in Zukunft dünner ausfallen.

Teilzeitarbeit „Privileg“

Arbeitszeitreduktion dürfte nicht auf der Agenda des Arbeitsministers stehen, bezeichnete dieser doch Teilzeitarbeit als „Privileg”. Schon Ende 2021 erntete Kocher massive Kritik für seine Forderung, Frauen sollten mehr arbeiten, ZackZack berichtete. Angesichts der von der ÖVP torpedierten Kinderbetreuungsmilliarde, fiele es vielen Frauen nicht leicht, von Teilzeit auf Vollzeit umzusteigen.

Auch diesmal gab es eine Schelte von AK-Präsidentin Renate Anderl: „Sozialleistungen bei Teilzeit verkürzen zu wollen, bestraft Frauen nur noch mehr dafür, dass sie unsere Kinder großziehen und den größten Teil der Pflege unserer Angehörigen übernehmen. Acht von zehn Teilzeitbeschäftigten sind Frauen. Schon jetzt bekommen Frauen 40 Prozent weniger Pension und erhalten aufgrund geringerer Einkommen auch weniger Sozialversicherungsleistungen.“

„Teilzeitarbeit oder Nicht-Arbeit“

Angesprochen auf die Entscheidung von Müttern, freiwillig Betreuungsarbeit zu leisten, wies Kocher auf die finanziellen Nachteile von „Teilzeitarbeit oder Nicht-Arbeit“ hin.

Wer nicht Vollzeit arbeiten kann oder will, der könnte dem Willen Kochers nach bald Abstriche bei der Familienbeihilfe erwarten. Der Arbeitsminister im “Kurier”: „In Österreich wird wenig unterschieden bei Sozial- und Familienleistungen, ob jemand 20 oder 38 Stunden arbeitet. Wenn Menschen freiwillig weniger arbeiten, dann gibt es weniger Grund, Sozialleistungen zu zahlen.“

„Indiskutabel“

Für AK-Chefin Anderl ist die Kürzung von Sozialleistungen für Teilzeitkräfte jedenfalls keine Option: „Das Kürzen von Sozialleistungen ist weder durchdacht noch zielführend und würde tausende Frauen und ihre Kinder dafür bestrafen, unbezahlte Betreuungsarbeit für die Gesellschaft zu leisten. Es steht auch in völligem Widerspruch zum Ziel der Bundesregierung, die Armut im Land zu halbieren – das Gegenteil wird passieren.“

Titelbild: EVA MANHART / APA / picturedesk.com

DanielPilz
DanielPilz
Taucht gern tiefer in komplexe Themengebiete ein. Lebt trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm und verpasst fast kein Fußballspiel.
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21 Kommentare

  1. Wenn Teilzeitarbeit ein Privileg ist, so sagt das etwas über die Arbeitsbedingungen bei Vollzeit aus. Ja, unter den Gesichtspunkten der wahrlich erschöpfenden Vollzeitbeschäftigung, die keine Kraft mehr für Pflege, Erziehung und Regeneration (die ja bekanntlich für die Kreativität wichtig ist) lässt, ist Teilzeit ein Privileg.

    Also, der Minister sagt es ganz deutlich: Wir müssen uns mehr ausbeuten lassen, alles andere als die Hingabe zur Ausbeutung vernachlässigen, denn sonst sind wir nicht würdig, jemals eine Pension zu erhalten, geschweige denn ein Kindergeld, das schon lange nicht mehr so heißt.

    Soll uns allen doch recht sein. Verwahrloste Kinder sind doch genau das Ziel, das wir alle vor Augen haben, oder etwa nicht? Der Vandalismus der der 50iger bis 80iger-Jahre war uns doch schon Tradition geworden. Oder etwa nicht? Dazu braucht es nur Kinder, die von ausgebrannten Menschen nicht betreut noch erzogen werden. Drill reicht doch vollkommen aus dafür!

      • 🤔 Vielleicht hat ja der Kocher die Idee, dass die Kinder in staatlicher Obsorge auf Linie gebracht werden. So eine Art Kaderschmiede für zukünftige Lohnsteuerzombies die den Eliten ein angenehmes Leben bescheren mit viel Tagesfreizeit, um denen ihre Hobbies wie dem Fotografieren von verlängerten Frauenrücken zu ermöglichen……

  2. Da drängt sich bei mir das „Peter-Prinzip“ auf, wonach jeder so weit aufsteigt, bis er den Grad seiner Unfähigkeit erreicht hat …

  3. Minister Samsonite!
    (Samsonite erzeugt Hartschalen-Vollkoffer)
    Mein Glaube an wenigstens einen einzigen brauchbaren Minister im ÖVP Team ist nun zerstört. Nicht nur in der Türkei gab es ein großes Beben voll Zerstörung.

  4. Frauen die neben der Betreuung von Kindern/Alten noch arbeiten gehen will er die Sozialleistungen kürzen? Weiß der Mann eigentlich was diese freiwillige unbezahlte Betreuungsarbeit wert ist? Und wie viel Geld aus dem Steuertopf man aufwenden müsste, wenn alle Frauen sagen würden: “Wir lasse die Kinder 10 Stunden am Tag fremdbetreuen und die Alten stecken wir alle ins Heim….” Das wäre schlicht und einfach unfinanzierbar. Davon abgesehen gibts die Angebote dafür gar nicht. Ganz ehrlich…welche Kompetenzen hat denn dieser Mann eigentlich außer den Arbeitgebern in den Allerwertesten zu kriechen?

    • Vielen Dank für dieses Post.
      Wenn ich noch anmerken darf, wo bleibt der Datenschutz.
      Nur bei der Gesichtserkennung ?
      Unvorstellbar wer aller Minister sein kann.

  5. Mit Herrn Kocher hat die ÖVP gewaltig in den Gatsch gegriffen. Wollte er im September 2021 jenen Menschen das Arbeitslosengeld streichen, die man wegen fehlender Gentherapie gefeuert hat, so meint er nun, dass Menschen, die in Teilzeit arbeiten, die Sozialleistungen gekürzt werden sollen. Möglicherweise müssen sie dann den Arztbesuch selbst zahlen oder sie erhalten keine Familienbeihilfe mehr? Herr Kocher, der bezeichnenderweise selbst keine Kinder hat, kann sich in die Situation von Familien natürlich nicht hineinversetzen. Wenn man die Aufsichtspflicht verletzt, werden die Kinder über kurz oder lang vom Jugendamt abgenommen. Und wer extrem viel Geld dafür bekommt, dass er im Parlament auf seinem Handy surft und der, wann immer es ihn freut, auf Steuerzahlerkosten auf der ganzen Welt herumfliegt, hat wohl kaum das Recht, über die wirklich arbeitende österreichische Bevölkerung zu urteilen.

    • Wie kommst drauf das es Gatsch ist wo DIE hingreifen? Das ist IHR Wunschkandidat. Er macht was DIE immer machen.

  6. Kenne einige Kollegen aus dem Sozialbereich mit Versorgungspflicht für Familie, die neben ihrer 25 – 30 Stunden Anstellung ( mehr wird fast nirgends mehr angeboten nach dem Aushungern der Einrichtungen nach der großartigen Sozialreform ) noch nebenbei jobben gehen müssen – persönliche Assistenz oder Besachwaltungen. Da wird ihnen aber wieder einiges von der Lohnsteuer abgezogen, so dass sie mit quasi Vollzeit trotzdem weniger verdienen als mit einer Vollanstellung. Aber der Herr Kocher beliebt zu meinen dass diese ein Privileg in Anspruch nehmen. Und ist er schon mal völlig von der Rolle unterstellt er dies auch gleich alleinerziehende Mütter, die samt ihrem Nachwuchs an der Armutsgrenze dahinvegetieren müssen. Aber vielleicht ist ja auch dies ein Privileg.

  7. Mich würde interessieren was die Grüne “soziale sauber” Partei , von dem nicht so wirklich sozialen Vorschlag , ihrer ÖVP-Freunde hält ? Haaalllooo Kogler wo hältst du dich mit deinem Kommentar dazu versteckt ??

    • Ja, die sollen sich alle in Grund und Boden schämen! Diese verreckte, nur mehr unheilstiftende Koalition die auch samt den Grünen in Sachen Klimaschutz auf der Stelle treten, soll es eigentlich nicht wert sein alle hehren Grundsätze der Menschlichkeit über Bord zu werfen. Was ist denn bitte schön der Ertrag für ihr beschämendes Nichtaufmucken? Dass sich immer mehr junge Leute und verzweifelte Klimaschützer auf den Asphalt kleben müssen? Gratuliere Herr Kogler. Weit habt ses bracht.

    • Zum Festigen seiner Nummer 1 im Beliebtheitsranking der ÖVP Minister sollt er zur Sicherheit noch ein paar Schmankerl nachschieben. Die ÖVP Wähler wollen ja unterhalten werden.

  8. Und was ist, wenn ein Arbeitgeber seine Mitarbeiter zu einer freiwilligen Reduzierung der Arbeit/Gehalt “zwingt”. Soll es vermehrt geben, Herr Oberschlau.

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