Montag, April 29, 2024

Berufskrimineller brach bei Ex-Minister ein: Prozess

Am Donnerstag fand der Prozess eines Serieneinbrechers in Wien statt. Er soll auch bei einem Ex-Minister sein Unwesen getrieben haben. Dieser richtete an die Medienvertreter: “Schreiben’S bitte nicht, wie viel weggekommen ist.”

Wien | Ein 66 Jahre alter Berufskrimineller, der mehr als ein Dutzend einschlägiger Vorstrafen in Österreich, Deutschland und in seiner polnischen Heimat aufweist, ist am Donnerstag am Wiener Landesgericht wegen einer Fülle von Einbruchsdiebstählen in der Bundeshauptstadt und in Niederösterreich zur Verantwortung gezogen worden. Bis zu seiner Festnahme Ende April 2022 soll der Mann, der im Regelfall mit einem Brecheisen Wohnungstüren aufbrach, insgesamt 220.000 Euro erbeutet haben.

“Schreiben’S bitte nicht, wie viel weggekommen ist”

Zu den Betroffenen zählte der ehemalige Wirtschafts- und Verkehrsminister Rudolf Streicher. Als dieser sich am 4. Juni 2021 von seinem Sommerhäuschen an der Alten Donau kurz in seine Wohnung in der Stadt begab, um nach dem Rechten zu sehen, war die Türe aus den Angeln gehoben. “Und dann habe ich schon das Chaos gesehen”, schilderte der mittlerweile 84-Jährige einem Schöffensenat. Bargeld, Schmuck und Uhren kamen dem Ex-Politiker abhanden. “Schreiben’S bitte nicht, wie viel weggekommen ist, sonst haben die Leut’ nur einen Neid”, ersuchte Streicher den anwesenden Medienvertreter. Auf die Frage des vorsitzenden Richters, ob er sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligter anschließen wolle, meinte der frühere SPÖ-Politiker und Manager: “Das möchte ich nicht tun. Das bringt nix.” Ein guter Teil des Schadens sei versicherungsrechtlich gedeckt.

Der Angeklagte gab unumwunden zu, ausschließlich zwecks Begehung von Einbruchsdiebstählen nach Österreich gekommen zu sein. Früher sei er Arzt und Psychiater gewesen und habe unter anderem in der Schweiz gearbeitet. Ein Berufsverbot – die Gründe dafür blieben in der Verhandlung im Dunklen – habe ihn zunächst dazu gebracht, in Polen als Paketzusteller zu arbeiten: “Aber das Paketschleppen war für mich zu schwer.” Deshalb sei er auf die schiefe Bahn geraten, betonte der 66-Jährige.

Bei den meisten inkriminierten Einbrüchen befand sich im Tatzeitpunkt niemand in der Wohnung – der Profi dürfte die Örtlichkeiten im Vorfeld ausgekundschaftet haben. War dem aber nicht so, setzte der 66-Jährige gegen die Opfer Pfefferspray ein. Drei derartige Fälle erwähnte der Staatsanwalt, wobei der Angeklagte bei einem Einbruch in Krems nicht einmal davor zurückschreckte, ein vierjähriges Kind mit Reizgas zu besprühen, als er von dem Kind und der Mutter erwischt wurde.

Kognak-Flasche führte zu Verdächtigem

Geständig war der 66-Jährige zu den Fakten, die ihm eindeutig nachgewiesen werden konnten, weil es Bilder aus Überwachungskameras oder ihm zuordenbare DNA-Spuren an den Tatorten gab. Als der Richter mit ihm die einzelnen Anklagepunkte durchgehen wollte, gab der Angeklagte zu bedenken: “Ich kann das alles überhaupt nicht einordnen. Man erinnert sich nicht an die Namen, an die Adressen.” Explizit in Abrede stellte er den Einbruch bei Ex-Minister Streicher. Er habe sich damals in Polen aufgehalten, was sein Rechtsvertreter zu untermauern trachtete, indem er Unterlagen vorlegte, aus denen sich ergeben sollte, dass sein Mandant damals infolge einer Haftentlassung einer Meldeverpflichtung gegenüber den polnischen Behörden unterlag.

Allerdings wird der 66-Jährige im Faktum Streicher insofern belastet, als nach seiner Festnahme bei ihm Beutestücke gefunden wurden, die für eine Täterschaft sprechen. Neben einer Armbanduhr, die Streicher für seine 50-jährige Mitgliedschaft beim ÖGB verliehen bekommen hatte, war darunter eine markante Kognak-Flasche. Es handelte sich dabei um ein Geschenk von Bekannten bzw. Freunden Streichers mit einem speziellen, eigens für den Beschenkten angefertigten Etikett.

Die Verhandlung wurde zur Einvernahme weiterer Zeugen vertagt. Nächster Verhandlungstermin ist Mitte März.

Titelbild: ZackZack / Christopher Glanzl

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6 Kommentare

  1. Da fragt man sich schon, ob Streicher noch alter Sozialist oder schon Sozialdemokrat war.. ?
    Man vergleiche das mit den Sozialisten in der DDR..

  2. Mich würde die Liste der gestohlenen Gegenstände und auch die Bargeldmenge jetzt doch interessieren. Wenn er schon Sorge kundtut, Neid könnte erweckt werden, wäre es tatsächlich angebracht, die Herkunft und/oder die dementsprechenden Gegenleistungen ganz genau aufzulisten. Auch das er meint, sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligter nicht anschließen zu wollen, ist nicht unbedingt vertrauenswürdig. Vorallem unter den fast schon legendären “Kuvertwandertagen” der ASFINAG, PORR, usw. ….. die Überschrift ist übrigens äußerst amüsant, man muss doch kurz innehalten und nachdenken, wer der Berufskriminelle ist. Unter Verbrechern sozusagen.

    • Auf die Frage des vorsitzenden Richters, ob er sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligter anschließen wolle, meinte der frühere SPÖ-Politiker und Manager: “Das möchte ich nicht tun. Das bringt nix.” Ein guter Teil des Schadens sei versicherungsrechtlich gedeckt.

      • Sie haben natürlich recht. Verzeihen Sie mein Misstrauen gegenüber einem, der an vielen Bauprojekten beteiligten Minister. Vielleicht sollte ich mich bemühen und die unbescholtenen, aufrechten Berufsverbrecher nicht verdächtigen. Ein Mitglied des “echten” organisierten Verbrechens würde übrigens ähnlich agieren.

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