Samstag, Juli 27, 2024

Julya Rabinowich: Killing me softly oder die Chronik mehrerer angekündigter Tode

Die “Wiener Zeitung” stirbt, die Pflege bricht zusammen und Sebastian Kurz sitzt wieder im Fernsehen herum: Wir schütten Gräben zu und Gräber auf, schreibt Julya Rabinowich.

Wien | Es ist geschehen. Trotz Protesten, trotz Appellen, wider alle fachlichen Einwände: Die “Wiener Zeitung”, älteste Tageszeitung der Welt, ist im dreihundertzwanzigsten Erscheinungsjahr gestorben. Soft gekillt von der türkisgrünen Regierung. Ein neues Investigativmedium müsste her, am besten angesiedelt im BKA. Wäre damit wenigstens das Bundeskriminalamt gemeint, würde es vielleicht etwas mehr Sinn ergeben…

Apropos neues Investigativ-Onlinemedium: Vielleicht hätte jemand der Regierung rechtzeitig verklickern sollen, das es auch ZackZack gibt. War leider der Förderung unwürdig. Ganz im Unterschied zum “Exxpress”, das mit originellem Trumpismus auffällt. Aber wer will schon kleinlich sein, die Freude der einen ist eben Pech der anderen.

Supersauber

Das gilt übrigens auch für die Gesundheitspolitik. So oft, wie Österreich die Pandemie beendet hat, müssten wir eigentlich längst Weltmeister sein. Gott sei Dank ist ja jetzt alles Paletti! Das bisschen mysteriöser schwedischer Husten fällt doch nicht weiter ins Gewicht! Wir streichen die Tests und damit ist auch niemand mehr erkrankt, coole Sache. In der Sowjetunion war das mit der Prostitution übrigens auch ganz genau so! Die gab es einfach nicht. Alles blitzblank supersauber.

Dafür, dass die Pandemie nun glücklicherweise der Vergangenheit angehört, stehen bei diversen Events und hochoffiziellen Empfängen immer noch diese seltsamen Geräte herum, von denen des Kanzlers Sprecher sagt, dass es keine Luftfilter sind, während der Hersteller auf Nachfrage gleichzeitig das Luftfiltertum bestätigt. Gut, das müssen sie sich vielleicht noch diskret untereinander ausschnapsen, wer da recht hat. Solange das nicht geschehen ist, könnte man diese mysteriösen Geräte ja Magrittekastln nennen. Oder Davos Standard, der eben Davos Standard und nicht Schulstandard heißt. 

Freiheit über alles

Obere zehntausend gegen den Rest. Ein durchschnittliches Schulkind muss eben mehrere Infektionen im Jahr einkalkulieren – eine Schultüte der anderen Art quasi. Ob jemand mit oder an Corona stirbt, ist dann übrigens auch sekundär, die Frage ob vor oder nach dem Krankenhausaufenthalt ist fast aktueller. Wer will denn kleinlich sein. Auch die Ärzte und das Pflegepersonal haben ein Recht auf Gefährdung! Freiheit, Freiheit über alles! Wir schütten Gräben zu und Gräber auf. Und Sebastian Kurz beteuert plötzlich in Funk und Fernsehen, dass er aber ganz sicher niemals nie nicht auf das politische Parkett zurückkehren will. Es ist also insgesamt Feuer am Dach. Das Licht am Ende des Tunnels ist das Zwielicht. 

Titelbild: ZackZack/Miriam Mone

Autor

  • Julya Rabinowich

    Julya Rabinowich ist eine der bedeutendsten österreichischen Autorinnen. Bei uns blickt sie in die Abgründe der Republik.

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