Samstag, Juli 27, 2024

Terroranschlag: Waffenlieferant gesteht vor Gericht

Nächstes Kapitel in der Prozessserie rund um den Wiener Terroranschlag 2020: Der mutmaßliche Waffenlieferant des Attentäters hat gestanden, die Kalaschnikow übermittelt zu haben. Andere Anklagepunkte mussten nach einem Justizirrtum eingeschränkt werden.

Wien | Am Dienstag ist am Wiener Landesgericht ein 32-jähriger Slowene zur Verantwortung gezogen worden, der laut Anklage dem Attentäter von Wien am 25. September 2020 eine Pistole der Marke Tokarev samt 35 Schuss Munition nach Wien geliefert hatte. Der Angeklagte legte ein Geständnis ab, betonte aber, er habe die Pistole nicht direkt dem Attentäter gegeben. Diesen habe er nie getroffen und auch dessen Absichten nicht gekannt. Er wurde zu neun Monaten bedingter Haft verurteilt.

Schuldig erkannt wurde der Mann nach knapp 40-minütiger Verhandlung wegen insgesamt drei Verstößen nach dem Waffengesetz – den unrechtmäßigen Besitz und die Weitergabe der Faustfeuerwaffe sowie der Munition. “Sie müssen die Freiheitsstrafe nicht im Gefängnis verbringen, wenn Sie sich in den nächsten drei Jahren wohlveralten”, erklärte der Richter dem 32-Jährigen. Dieser nahm die Strafe an, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.

“Illegal und schwarz”

Er habe die Waffe für Adam M. – jenen Mann, der Anfang Februar am Wiener Landesgericht für die Vermittlung des Waffen-Deals nicht rechtskräftig zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe u.a. wegen Beihilfe zum Mord verurteilt wurde – besorgt. Den späteren Attentäter habe er “weder gesehen, noch mit ihm gesprochen, noch habe ich von ihm gehört. Adam hat mich darum (gemeint: die Waffe zu besorgen, Anm.) gebeten und ich habe ihm einen Gefallen getan.” In Slowenien habe er öfter einen Schießstand besucht und dort “Leute kennengelernt”, die ihm die Waffe besorgt hätten. “Illegal” und “schwarz”, wie der Richter darauf festhielt.

Am Ende der Verhandlung zeigte sich der Angeklagte reumütig: “Es tut mir unendlich leid. Wenn es möglich wäre, würde ich die Tat ungeschehen machen und nicht mehr so unbedacht handeln. Als ich gehört habe, was mit der Waffe passiert ist, konnte ich es einfach nicht glauben und war unendlich traurig”.

Der Attentäter hatte die Pistole beim Terror-Anschlag am Abend des 2. November 2020 in die Innenstadt mitgenommen, wo er vier Passanten mit einem Sturmgewehr tötete, ehe er von der Polizei erschossen wurde. Auch das Gewehr soll er von dem Slowenen bekommen haben. Die Zastava M70 – ein im ehemaligen Jugoslawien hergestelltes, auf der Technik des Kalaschnikow-Sturmgewehrs AK-47 beruhendes Modell – ist allerdings nicht mehr Prozessgegenstand – aufgrund eines “inakzeptablen Fehlers” der Staatsanwaltschaft Wien, wie Justizministerin Alma Zadic (Grüne) am Pfingstwochenende eingeräumt hatte.

Fehler der Staatsanwaltschaft

Die Anklagebehörde hatte 2021 irrtümlich vorzeitig ein Verfahren eingestellt, in das der Slowene einbezogen war. Marsel O. kann daher nicht mehr für die im bereits im Juni 2020 erfolgte Zustellung der Zastava – ein möglicher Verstoß gegen das Kriegsmaterialgesetz – zur Verantwortung gezogen werden. Der erst vor wenigen Tagen bekannt gewordene Lapsus bei der Staatsanwaltschaft hatte indes bereits Folgen. Justizministerin Zadic leitete eine dienstrechtliche Prüfung ein und ordnete eine Stärkung der internen Fachaufsicht sowie strukturelle Änderungen in der Wiener Anklagebehörde an.

apa | Titelbild: GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

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