Montag, April 29, 2024

Teil 10: Der doppelte Hubert

Sigi Wolf hatte eine rechte Hand: Magna-Vorstand Hubert Hödl. Als „Broker“ mit zwei dubiosen Firmen kassierte Hödl für Magna-„Gegengeschäfte“, die er als Magna-Vorstand bestätigt hatte. Beide werden jetzt wegen Geldwäsche angeklagt. Peter Pilz analysiert.

Wien | Wer Eurofighter untersucht, stößt erstaunlich oft auf Magna. Karl Heinz Grasser, Siegfried Wolf, Hubert Hödl – immer wieder führen Spuren zu Frank Stronachs Konzern. Doch Frank Stronach hat mehrmals bestritten, dass Magna von den Gegengeschäften profitiert habe. Daimler und Mercedes hätten ganz normale Geschäfte mit Magna gemacht. Stronach blieb dabei, im Untersuchungsausschuss, bei Armin Wolf in der „ZiB2“ und im persönlichen Gespräch mit mir. Heute scheint klar, dass Stronach vieles, was in den Ebenen unter ihm passierte, nicht wusste.

Von Anfang an war das Eurofighter-Geschäft eine Sache zwischen zwei Automobil-Konzernen: Daimler-Chrysler und Magna. Daimler-Chrysler war einer der Hauptaktionäre von EADS und hatte Interesse, dass die Kampfflieger-Tochter gut im Geschäft war. Im entscheidenden Automobil-Bereich führte eine zentrale Achse von DC-Chef Jürgen Bischoff zu Magna-Chef Sigi Wolf.

Der „Interim Report“ über die Gegengeschäfte listet am 21. Juli 2004 Magna-„Gegengeschäfte“ in der Höhe von 238,5 Millionen Euro auf. Später stieg die Zahl auf 384 Millionen. Aber etliche der Magna-Gegengeschäfte hielten einer Nachprüfung nicht stand.

2012 fragte das Wirtschaftsministerium genauer nach. Bei Gegengeschäft Nr. 139 antwortete Hödl bedauernd: „Der Nachweis der „Zusätzlichkeit“ kann daher (heute) leider nicht mehr geführt werden.“ Mit dem Geschäft Nr. 139 wollte die Magna Powertrain AG um 8.939.099 Euro “Allradkomponenten“ für Fiat AUTO SpA in Turin herstellen.

Als die italienische Finanzpolizei Fiat-Prokuristen Daniele Catasso nach dem Gegengeschäft fragte, antwortete er unmissverständlich: „Es sind keine Geschäftsbeziehungen für einen Ausgleich von Offset-Verpflichtungen bekannt.“

Nicht viel besser sieht es bei Gegengeschäft Nr. 137 (Magna Steyr Fahrzeugtechnik AG, 6.189.000,00 Euro für die „Entwicklung, Motorumstellung M272/273 und Dieselmotor OM 642“ für DaimlerChrysler AG) und Gegengeschäft Nr. 138 (Magna Steyr Fahrzeugtechnik AG, 9.382.931 Euro für „Fahrzeugentwicklung“ für die Smart GmbH) aus.

Noch einfacher fiel die Antwort von Ferrari-Finanzchef Antonio Breggia-Bicchiere aus: „Wir benötigen keine Vermittler, um mit Lieferfirmen ins Geschäft zu kommen, da jede Firma bestrebt ist, Lieferant für Ferrari zu sein“. Damit landen auch die 34,2 Millionen, die Magna  für „Fahrzeugentwicklung und Prototypenbau“ für die Ferrari SpA in Maranello als Gegengeschäfte anrechnen ließ, auf der Liste der dubiosen Fälle.

Hellseher

Der Vertrag über die Gegengeschäfte wurde am selben Tag wie der Eurofighter-Kaufvertrag unterschrieben: am 1. Juli 2003. Aber Hödl bestätigte für Magna „Gegengeschäfte“, die lange davor verhandelt und abgeschlossen worden waren. Der Vertrag mit Fiat wurde ein Jahr vor dem EADS-Gegengeschäftsvertrag im Juli 2002 geschlossen. Der Vertrag mit Daimler-Chrysler stammt vom 3. Jänner 2003. Der Smart-Vertrag fällt mit dem 6. Juni 2003 auch in die Zeit, in der der Gegengeschäftsvertrag noch verhandelt wurde.

Dazu kommt die lange Vorlaufszeit, in der Millionenverträge zwischen Auto-Herstellern verhandelt werden. Hödl musste gemeinsam mit Fiat, Daimler-Chrysler und Smart weit und hell in die Zukunft sehen können, um „Gegengeschäfte“ Monate und Jahre vor der Entscheidung für Eurofighter anbahnen und abschließen zu können. Und vor allem: Von Daimler bis Fiat mussten alle dem Magna-Manager glauben, dass die Republik Österreich das Flugzeug, dem die meisten vor der Typenentscheidung keine Chance gaben, kaufen würde. 

Die Broker

183,4 Millionen Euro sind in das Eurofighter-Netzwerk gepumpt worden. Neben Spezialisten für Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung wie City Chambers war Vector Aerospace mit rund 113 Millionen Euro der EADS-Hauptverteiler. Vom Vector-Briefkasten in London flossen die Gelder über Dutzende Briefkastenfirmen, Anwaltskanzleien und Wirtschaftstreuhänder. Die Verteiler waren die „Broker“. Sie tauften normale Geschäfte in „Gegengeschäfte“ um, organisierten dafür „Gegengeschäftsbestätigungen“ und kassierten Provisionen. Dieser Verdacht ergibt sich aus Hunderten Dokumenten, den Ermittlungsergebnissen von StA Wien und WKStA und den drei Eurofighter-Untersuchungsausschüssen.

Die „SOKO Hermes“ des Bundeskriminalamts untersuchte die „Gegengeschäfte“ und kam zu einem eindeutigen Schluss: Es „ergibt sich der Verdacht, dass die Zahlungen von EADS an VECTOR und von VECTOR an die „Broker“ (vorwiegend CENTRO, INCUCO/COMCO, COLUMBUS, ORBITAL, DOMERFIELD) nicht für Vermittlungsleistungen von Gegengeschäften dienten.“ Dann kam der entscheidende Punkt: „Diese Provisionszahlungen wurden für Gegengeschäfte verrechnet, die größtenteils bereits vor Gründung der angeführten Gesellschaften abgeschlossen bzw. noch früher angebahnt wurden“.

Als einziger aus dieser Gruppe scheint Hubert Hödl beides gewesen zu sein: Broker mit zwei Firmen aus dem Vector-Netzwerk – und Vorstand der Magna AG. Als Broker organisierte er über seine Firmen von Graz bis Nikosia „Gegengeschäfte“. Als Magna-Vorstand unterschrieb er die Gegengeschäftsbestätigungen für das Wirtschaftsministerium. Am 21. Mai 2004 war für Hödl Gegengeschäftstag bei Magna. An diesem Tag unterfertigte er für seinen Konzern Bestätigungen über 9,4 Millionen für die Smart GmbH, 6,2 Millionen für Daimler-Chrysler, 8,94 Millionen für Fiat und 2,77 Millionen für Ferrari. 

Nimmt man zwei Prozent als übliche Provision im Vector-Netzwerk an, dann sollte allein dieser Tag mehr als eine halbe Million Euro an Provisionen gebracht haben.

Der doppelte Hubert war offensichtlich der Grund, warum nur der Vorstand öffentlich agierte und der Broker in seinen Unternehmen verdeckt blieb. Seine Broker-Firmen hießen „Inducon“ und „Domerfield“.

In der Anklage der WKStA geht es jetzt um die Spur der 6,8 Millionen Euro. Für Hubert Hödl und Siegfried Wolf gilt die Unschuldsvermutung. 

Was passierte in Graz, Nikosia und Liechtenstein? Dazu mehr in Teil 3 der Hödl/Wolf-Luftgeschichte: „Die zypriotische Spur“.

Titelbild: JACK GUEZ / AFP / picturedesk.com

Peter Pilz
Peter Pilz
Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.
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9 Kommentare

    • Sumsi es ist Wochenende. Gönnen Sie der Red. doch auch einmal etwas Freizeit. Morgen Vormittag ist PP eh wieder mit seinem Flaggschiff Pilz am Sonntag zurück.

    • Samui 12.19 – Na ja, jetzt wissen wir wenigstens wie es weitergeht. Zumindest jene was im zackzack Club angemeldet sind und dieses Medium schätzen. Hoffe dass es dem Rest schön langsam langweilig wird sich auf Kosten von zackzack aufzuspielen und sich auf mieselsüchtige Art wichtig zu machen. Sollte dem so sein werden sich neue Mitglieder von allein einstellen. Die Argumente mit denen zackzack wirbt sind ja wirklich sehr überzeugend.

      • Womit unser Pattay-Freund gemeint war. Der vom Militärputsch in Russland träumt.

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