Samstag, Juli 27, 2024

Lukrative Familiengeschenke in FPÖ-Idylle

Im Heimatdorf des Kärntner FPÖ-Chefs wurden Grundstücksflächen weitergegeben und umgewidmet. Das dafür notwendige Gutachten bleibt geheim.

Mühldorf im Mölltal / Klagenfurt | Alles beginnt 2017 in der Kärntner Gemeinde Mühldorf. Dort sitzt seit mehr als zwanzig Jahren der nunmehrige Kärntner FPÖ-Chef Erwin Angerer fest im Sessel. Bis 2017 gab Angerer in der 1000-Seelen-Gemeinde nicht nur politisch den Ton an, sondern durfte sich auch zu den gewichtigsten Grundstücksbesitzern zählen. Doch im Frühling 2017 ändert sich etwas: Angerer schenkt einem nahen Verwandten plötzlich circa 20.000m² Fläche. Die Schenkung, über die zuerst der Journalist Franz Miklautz im Kärntner „Monat“ berichtete, sollte noch Fragen aufwerfen.

Profitable Umwidmung

Denn die geschenkten zwei Hektar waren als Grünland, Land- und Forstwirtschaft gewidmet, befanden sich in der Nähe der Druckrohrleitungen des Verbund-Kraftwerks Reißeck II und waren damit deutlich weniger wert als Bauland, auf dem Ferien- oder Zweitwohnsitze errichtet werden können. Kurz nach der Übergabe des Grundstücks versuchte der Beschenkte eine Umwidmung von Teilen der Fläche in Bauland-Dorfgebiet Sonderwidmung-Freizeitwohnsitz zu erwirken. Zunächst erfolglos. Denn obwohl das Land Kärnten bereits 2017 grünes Licht für das Widmungsvorhaben signalisierte, wurde die Umwidmung vorläufig gestoppt. Die Abteilung 8 des Landes Kärnten – zuständig für Umwelt, Naturschutz und Klimaschutzkoordination – befürchtete „unzumutbare Umweltauswirkungen“ wegen der nahegelegenen Leitungen des Kraftwerks, weswegen der „Widmung nicht zugestimmt werden“ konnte.

Trotzdem umgewidmet

Ungefähr zwei Jahre später ist es dennoch soweit: Im April 2019 genehmigt die Kärntner Landesregierung die Umwidmung zumindest einer deutlich reduzierten Teilfläche von 2260m². Was auf ZackZack-Nachfrage vor allem besagte Abteilung 8 des Landes Kärnten überraschte. Man sei kein zweites Mal kontaktiert worden, es habe „sich niemand erkundigt“. Seitens der Umwelt, Naturschutz und Klimaschutz-Abteilung sei der Umwidmung auch zu keinem späteren Zeitpunkt die Zustimmung erteilt worden.

Stattdessen legte, so erfuhr ZackZack auf Nachfrage von der damals zuständigen Abteilung 3 des Landes Kärnten – zuständig für Gemeinden, Raumordnung und Katastrophenschutz – die Gemeinde Mühldorf ein umweltmedizinisches Gutachten vor, das die Bedenken der Kärntner Behörden hinsichtlich gesundheitlicher Belastungen offenbar ausräumte. Die heute zuständige Abteilung 15 der Kärntner Landesregierung, die für Standort und Raumordnung verantwortlich ist, bestätigt auf Anfrage von ZackZack die Rolle des Gutachtens: „Im Zuge der Vorprüfung wurde eine Reduzierung der Widmungsfläche auf 2.260 qm festgelegt. Die Widmungsgröße wurde im Jahre 2019 vom Gemeinderat beschlossen. Von Seiten der Gemeinde wurde ein umweltmedizinisches Gutachten vorgelegt, dass keine gesundheitsgefährdende Belastung mehr gegeben ist.“

Bei näheren Nachfragen zum Gutachten verweist die Behörde telefonisch auf den Datenschutz.

Bürgerinitiative warnt

Alexandra Königsreiner von der Bürgerinitiative für ein lebenswertes Unteres Mölltal kämpft seit Jahren gegen die Lärmbelastung der Kraftwerksgruppe Reißeck-Malta. Der Niedrigfrequenzschall könne auch Folgen für die Gesundheit haben, betont sie im Gespräch mit ZackZack. Königsreiner kennt die Geheimniskrämerei um die umweltmedizinischen Gutachten. Diese werden teilweise nicht ausgehändigt. Man könne als Bürgerinitiative zwar Einsicht nehmen, erhalte die Gutachten aber entweder nicht oder müsse bei manchen eine Verschwiegenheitsklausel unterschreiben. „Ich darf nicht drüber reden“, sagt Königsreiner in Bezug auf diese Gutachten.

Verkauf gestartet

Mittels welcher Argumente im Gutachten die Zustimmung genau erfolgt ist, bleibt vorerst im Dunkeln. Der Verkauf der Grundstücke hat unterdessen bereits begonnen. Der Mühldorfer Vizebürgermeister Helmut Fürstauer (FPÖ) war der erste Kunde von Angerers engem Verwandten. Die Fläche, die er 2022 kaufte und auf der bereits ein Haus gebaut wird, musste vom Mühldorfer Gemeinderat erst geteilt werden. Die Unterschrift für die Grundstücksteilung kam von dessen Bruder Kurt Fürstauer, ebenfalls Vizebürgermeister und eigentlich für „Gebühren, Gemeindeeigene Einrichtungen und Energie“ verantwortlich.

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Den Artikel von Franz Miklautz lesen Sie im Kärntner Magazin “Monat” in der August-Ausgabe

Titelbild: Pixabay (Symbolfoto)

Autor

  • Daniel Pilz

    Taucht gerne in komplexere Themengebiete ein und ist trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm stecken geblieben.

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