Samstag, April 27, 2024

Geheime Wien Holding-„Tischvorlage“ : Stadtrat Hanke antwortet nicht

ZackZack ist eine geheime „Tischvorlage“ zur millionenteuren „Wien Holding Arena“ zugespielt worden. ZackZack hat Fragen – aber der Stadtrat beantwortet sie nicht. Dafür droht die „Wien Holding“ mit einer Klage.

Wir halten außerdem fest, dass die Ihnen vorliegende Unterlage streng vertraulich ist und vertrauliche Aspekte eines Vergabeverfahrens beinhaltet.“ So reagiert die Wien Holding auf 24 Fragen, die ZackZack zum umstrittenen Projekt „WH Arena“ gestellt hatte. Dann folgt eine Klagsdrohung – gegen „Unbekannt“.

Die ZackZack vorliegende „streng vertrauliche Unterlage“ ist die „Tischvorlage WH-Arena“, die dem Wien Holding-Aufsichtsrat am 29. Juni 2023 kurzfristig vorgelegt wurde. Sie sollte nicht öffentlich bekannt werden. ZackZack hat erst vor kurzem eine Kopie erhalten. Eines steht bereits fest: Die „Tischvorlage“ ist brisant, weil morgen ein entscheidender Termin bevorsteht.

Entscheidung vor Gericht

Morgen um 9.30 Uhr soll das Verwaltungsgericht Wien über den Einspruch der unterlegenen Bieterin „CTS“ entscheiden. Das Geheimpapier, das ZackZack vorliegt, wirft Fragen auf, die sich wohl auch dem Gericht stellen. Die erste Frage lautet heute: Wird das Verwaltungsgericht Wien die Tischvorlage anfordern?

„Wien Holding“ weigert sich, die ZackZack-Fragen zu beantworten. Daher veröffentlicht ZackZack jetzt die offensichtlich heiklen Fragen an SPÖ-Stadtrat Peter Hanke.

„… ergeben sich Fragen…“

Sg. Herr Stadtrat,

ZackZack hat eine Kopie einer Tischvorlage „WH-Arena – Strategischer Partner“ für die Sitzung des Aufsichtsrats der Wien Holding GmbH am 29. Juni 2023 erhalten. Bei den Autoren der Vorlage handelt es sich offensichtlich um „Wendl Consulting“, die RA-Kanzlei „Schiefer“ und KPMG. Aus der Vorlage ergeben sich Fragen, um deren Beantwortung bis heute um 15.00 Uhr wir ersuchen.

Der Tischvorlage sind auffällige Abweichungen vom Konsolidierungsprojekt KP zu entnehmen:

Besucher/Veranstaltungsraum:

KP.: 40.344 m2 vs OVG: 29.815 m2

Gastronomie:

KP.: 4.364 m2 vs OVG: 2,477 m2

Sanitäranlagen:

KP.: 4.364 m2 vs OVG: 2.240 m2

Arena Management:

KP.: 9.857 m2 vs OVG: 4.415 m2

Erschließung intern:

KP.: 11.240 m2 vs OVG: 1.425 m2

Produktion:

KP.: 7.911 m2 vs OVG: 4.542 m2

Technik:

KP 12.366 m2 vs OVG: 7.173 m2

24 Fragen

Dazu unsere Fragen:

1. In wessen Auftrag wurde diese Tischvorlage erstellt?

2. Wie ist es möglich, dass ein Projekt der OVG, das um 40.000 m2 kleiner ist als im von der Stadt Wien beauftragten und von Experten erstellten „Konsolidierungsprojekt“ KP, dennoch all die Anforderungen erfüllt und eine Ausschreibung gewinnen kann?

3. Stellen die 3,06 m2 pro Besucher beim OVG Projekt im Vergleich zu den 4,61 m2 des Zweitplatzierten (bzw im Vergleich zu den 4,49 m2 des Konsolidierungsprojekts) nicht ein erhebliches Sicherheitsrisko dar bzw erfüllt diese unüblich beengten Platzverhältnisse das Versprechen der Stadt Wien ein „Leuchtturmprojekt“ zu errichten? Wie und von wem wurde dies auf Sicherheit und Plausibilität geprüft?

4. Wie ist es möglich, dass die OVG trotz dieser eklatant und völlig marktunüblich verkleinerten wichtigen zB Technik und Produktionsflächen 127 große Events pro Jahr (davon allein 29 Konzerte über 15.000 Besucher) auf internationalem Niveau abwickeln will? Wie und von wem wurde dies auf Plausibilität geprüft?

5. Wie kommt OVG auf die Annahme von 15 Konzerten von KünstlerInnen mit ca 20.000 Besuchern pro Jahr und woher nimmt sie diese Künstler? Wie und von wem wurde dies auf Plausibilität geprüft?

6. Wie kommt OVG auf die Annahme von 13 großen E-Sport Veranstaltungen pro Jahr und woher kommen diese Events? Wie und von wem wurde dies auf Plausibilität geprüft?

7. Wie kommt OVG auf die Annahme von 21 großen Sport Veranstaltungen pro Jahr, welche Sportarten sind damit gemeint und woher nimmt sie diese? (vor allem, wo bislang die Wiener Stadthalle mit der ca 8 tägigen Erste Bank Open eine einzige Sportveranstaltung hat. Wie und von wem wurde dies auf Plausibilität geprüft?

Weniger Fläche, mehr Umsatz?

8. Wie kommt die OVG trotz stark verkleinerten Flächen auf einen Umsatz aus Vermarktung und Hospitality von ca 24,5m EURO? Wie und von wem wurde dies auf Plausibilität geprüft?

9. Wie kommt die OVG trotz stark verkleinerten Flächen und einer hohen Zahl von E-Sports und Sportveranstaltungen auf einen weltweit einzigartigen Umsatz aus Veranstaltungen von ca 48m EURO? Wie und von wem wurde dies auf Plausibilität geprüft?

10. Wie kommt die OVG trotz stark verkleinerten Flächen und hoher Anzahl von E-Sports und Sportveranstaltungen auf ein EBITDA von über 35m Euro pa und damit auf einen um ca. 30% höheren Gewinn als die erfolgreichste Halle der Welt, die O2 Arena in London? Wie und von wem wurde dieser Businessplan auf Plausibilität geprüft?

Brisanter Vergleich mit London

11. Im Vergleich zum Ergebnis der erfolgreichsten Halle der Welt (O2 Arena London) beträgt das EBITDA per Besucher um 6 Euro mehr. (25 EUR bei OVG vs 19 EUR bei O2). Da die Besucherflächen und Gastronomie aber deutlich kleiner geplant sind und nur die VIP Bereiche deutlich größer wurden (mit ca 4.000 m2 doppelt so groß wie der Zweitgereihte), sowie andererseits ungewöhnlich viele E-Sport und Sportveranstaltungen (in Summe 34 – mit traditionell deutlich niedrigeren Ticketpreisen) geplant sind, andererseits die Ticketeinnahmen aber mit knapp 48m ungewöhnlich hoch angenommen sind und um 18m über dem Zweitgereihten liegen, gibt es nur eine Erklärung: Der Ticketpreis für Konzert- und Eventtickets wird ungewöhnlich hoch sein – über zahlreiche VIP Tickets und sonstige hochpreisige Tickets. In der Vorlage für den AR steht explizit: „OVG kalkuliert einen wesentlich höheren Umsatz aus Veranstaltungen…sodass er ein doppelt so hohes EBITDA ausweisen kann wie CTS.“ Ist das so und welche Rolle spielt hier das weltweit beherrschende Live Entertainment Unternehmen Live Nation/Ticketmaster mit seinem die Preise in die Höhe treibenden „Dynamic Prizing“?

12. Der US Weltmarktführer „Live Nation“, über dessen Zerschlagung aktuell diskutiert wird, ist aus dem ursprünglichen Bieterkonsortium ausgeschieden. Allerdings wird in der Entscheidungsvorlage für den Aufsichtsrat explizit festgehalten: „ Live Nation ist weiterhin Projektpartner, auch wenn formal im weiteren Vergabeverfahren nicht benannt.“ Was bedeutet das für das Vergabeverfahren?

Briefkastenfirma in London?

13. Wie kann die „OVG Bristol Ltd“ – eine 1 Pfund-Limited-Gesellschaft aus Bristol – ernstzunehmender Werber und in Folge Auftragnehmer eines der größten Bauprojekte Österreichs werden?

14. Handelt es sich bei der „OVG Bristol Ltd“ um eine Briefkastenfirma? Wenn ja, wer steht hinter dieser Firma?

15. Wann und wie wurde PORR bzw. dessen Tochterunternehmen aus dem ursprünglichen Bieterkonsortium entfernt und wann und wie wurde dies der PORR bzw. dem Auftraggeber mitgeteilt?

16. Auf wessen Initiative und wann kam die Granit-Bau in das Bieterkonsortium?

17. Über welche Kommunikationskanäle hat das so massiv veränderte Bieterkonsortium „OVG Bristol“ ab der Neuzusammenstellung mit den Auftraggebern bzw. den mit der Vergabe betrauten Anwälten kommuniziert?

„Break Off“ auf Kosten Wiens?

18. Auf wessen Wunsch oder Initiative und warum wurde wann eine „Break Off“ Klausel (außerordentliches Beendigungsrecht des Auftragnehmers), die den Rückzug des Auftragnehmers innerhalb von 4 Monaten ab Vorliegen der Baubewilligung ohne Schadenersatzpflicht (sondern lediglich mit der Auflage, bisherige Zahlungen zu erstatten), in die Ausschreibung aufgenommen? Was ist der Grund für diese Vorgangsweise?

19. Kann ausgeschlossen werden, dass diese „Break Off“ Klausel vom Auftragnehmer dazu genutzt wird, die Stadt Wien in ca 2 Jahren unter Druck zu setzen und eine Neuverhandlung des Vertrags/Projekts zu erzwingen?

Über Nacht

21. Die Tischvorlage für den Aufsichtsrat vom 9..6.2023 beschreibt auf 56 Seiten detailliert die Vergabeentscheidung und listet sämtliche Gründe dafür auf – unter anderem auf S 29 auch die Mitteilung der negativen Entscheidung an den Zweitplatzierten „CTS“, inklusive dessen mögliche Reaktionen (Einleitung Nachprüfungsverfahren etc) und die daraus resultierenden Konsequenzen. Allerdings wurde mit dem Zweitplatzierten noch am späten Nachmittag des Vortages (26.6.2023) eine Verhandlung zu dem Projekt geführt. Wie erklären sie sich die Findung der Entscheidung inklusive Erstellung einer 56 seitigen Entscheidungsvorlage binnen einer Nacht? Wer hat diese verfasst und zu welchem Zeitpunkt?

22. Kann ausgeschlossen werden, dass sich Mitglieder der Bewertungskommission oder deren Vorgesetzte während des Vergabeverfahrens mit Vertretern von OVG und/oder Granit-Bau getroffen bzw. abgesprochen haben?

23. War Wien Holding Geschäftsführer Dr. Kurt Gollowitzer sowohl Mitglied der Bewertungskommission als auch des die Vergabe beschließenden Aufsichtsrates? Wenn ja, weshalb?

24. Wie viele Mitglieder der Bewertungskommission standen in keinem Beschäftigungsverhältnis oder direktem oder indirekten wirtschaftlichen Verhältnis bei der bzw. zur Stadt Wien?

25. Wie viele Mitglieder der Bewertungskommission haben eine explizite und nachweisbare Expertise im Bau und/oder Management internationaler Event- und Konzerthallen (explizit NICHT Sporthallen)?

Keine Antworten – offene Fragen

Mit der „Antwort“ der „Wien Holding“ ist klar: Den Fragen muss nachgegangen werden. ZackZack wird versuchen, die Antworten auch ohne Unterstützung durch Stadtrat und Holding zu finden.

Titelbild: Christopher Glanzl / ZackZack, Auszug Dokument Verwaltungsgerichtshof Wien, Montage ZackZack

Peter Pilz
Peter Pilz
Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.
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12 Kommentare

  1. Die Ausschreibungen der Stadt laufen sehr schematisch ab! Manchmal, aus rechtlichen und anderen Gründen mehrmals. Interessant, nur, daß die Gewinner bei dieser Lotterie immer die gleichen bleiben.

  2. Der Hanke hat wahrscheinlich bloß keinen derweil wegen Yacht- Urlaub usw. Kennt man ja von ihm. Ob er das gleich depperte Gesicht macht wie damals bei der PK um den Energie- Wien Skandal, wenn er diesen Artikel liest?

  3. Schaut grindig aus. Die sofortige Klagsdrohung kennen wir auch schon. Öffentlichkeitsarbeit geht anders. Boah.

    Inhaltlich können nur die Beteiligten was sagen.

  4. PP: Lassen sie sich anzeigen- dann haben sie als Beschuldigter Recht auf Akteneinsicht! Dann werden es sich die Roten Schlaumeier überlegen!

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