Die Wien Holding GmbH liegt mit Investor Ariel Muzicant und dessen Partner im Clinch. Es geht um das Bauprojekt des neuen Wiener Fernbusterminals. Seit gestern wird die Causa vor Gericht verhandelt. Die Stadt will das Projekt nun eigenhändig umsetzen. Ob sie das darf ist fraglich. Der Plan könnte den Steuerzahler viele Millionen kosten.
Das neue Fernbusterminal am Handelskai war als Kooperation zwischen privaten Investoren und der Stadt geplant. Es soll neben Hauptbahnhof und Flughafen die dritte große Säule für den Personenverkehr in Wien sein. Was eine Win-Win-Situation hätte sein sollen, geriet im vergangenen Jahr ins Stocken. Im Herbst 2023 kündigte die Wien Holding, die für das Projekt verantwortlich ist, schließlich den Baukonzessionsvertrag mit den Investoren wegen „unüberbrückbarer Differenzen“. Nun gab Stadtrat Hanke bekannt, die Stadt werde das Multimillionen-Projekt alleine durchziehen.
Die Investorengruppe Donaubusterminal-Realisierungs-GmbH (DBR) fechtet allerdings vor Gericht die Kündigung der Baukonzession an. Damit ist nicht klar, ob die Stadt überhaupt problemlos bauen kann. Jedenfalls müsste das gesamte Projekt umgeplant werden. Laut Schätzungen der DBR sind dadurch Millionenverluste vorprogrammiert. Die Stadt äußert sich aufgrund laufender Prozesse nicht. Einiges an der bisherigen öffentlichen Darstellung dürfte falsch sein.
Der Investor will bauen
In den Medien wird immer wieder behauptet, die DBR sei von dem Projekt abgesprungen. Geschäftsführer Ariel Muzicant kann sich das nicht erklären. „Die Stadt hat mit uns einen Partner, der das Projekt bauen will. Aber anstatt zu verhandeln, schmeißt man uns raus und lässt sich auf Rechtsstreitigkeiten ein“, sagt Muzicant im Gespräch mit ZackZack. Für seine Darstellung spricht, dass die Investorengruppe DBR die Kündigung der Baukonzession vor Gericht anfechtet. „Sollte die Stadt den Prozess verlieren, wovon ich ausgehe, müsste man uns wieder in das Projekt einsetzen und das, was bis dahin gebaut oder geplant wurde, müsste rückgebaut werden“, so Muzicant weiter. Aus seiner Sicht ist die Wien Holding für das bisherige Scheitern des Projekts hauptverantwortlich. Beispielsweise fehle nach wie vor Rechtssicherheit zur Umweltverträglichkeit.
Am Mittwoch einigten sich die beiden Parteien vor dem Handelsgericht Wien auf eine Mediation in der Sache. Der Prozess wird erst im Oktober fortgesetzt. Es gibt also zumindest berechtigte Zweifel daran, ob die Stadt selbst bauen kann. Sowohl Stadtrat Hanke als auch die Wien Holding beteuern auf ZackZack-Anfrage, trotz notwendig gewordener Kündigung werde konsequent weiter daran gearbeitet, die Errichtung des wichtigen Wiener Infrastrukturprojekts zu ermöglichen. Das Projekt habe höchste Priorität, aber aufgrund der laufenden Verfahren wolle man sich inhaltlich nicht äußern.
Ohne Türme kein Gewinn
Ursprünglich war geplant, dass zusätzlich zum Busterminal zwei Türme entstehen sollen. In den beiden Gebäuden sollten beispielsweise Gastronomie und Hotellerie untergebracht werden. Durch die zusätzlichen Pachteinnahmen wollte man die Kosten für das Busterminal ausgleichen, denn das Terminal selbst ist nicht rentabel. Die Pachteinnahmen reichen nicht aus, um die Investition für den Bau, die mindestens im hohen zweistelligen Millionenbereich liegen dürften, auszugleichen. Die Stadt plant nun jedoch eine Version ohne Türme. Investor Muzicant rechnet mit 80 Millionen Baukosten plus zusätzlichen jährlichen Verlusten. Hinzu kommt der entgangene Baurechtszins in Höhe von 70 Millionen Euro, den die DBR geleistet hätte, um das Grundstück der Stadt bebauen zu dürfen. Auch diese Summe wird der Stadt nun entgehen. Sollte diese Einschätzung korrekt sein, würden die Millionenverluste von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern getragen werden. Auch dazu wollen sich weder die Wien Holding noch Stadtrat Hanke gegenüber ZackZack äußern.
Wien Holding verliert im ersten Prozess
In der Causa rund um das Fernbusterminal gibt es mehrere Rechtsstreitigkeiten. Ein Verfahren hat die Wien Holding bereits verloren. Für das Recht, auf einem fremden Grundstück zu bauen, sollte die DBR wie bereits erwähnt einen Bauzins in Höhe von 70 Millionen Euro leisten. Etwa ein Drittel der Summe wäre bei Unterzeichnung des Baurechtsvertrages fällig geworden. Obwohl es nie einen aufrechten Baurechtsvertrag gab, versuchte die Wien Holding im Jänner 2024, also nachdem sie selbst die Konzession kündigte, einen Teil des Geldes von der finanzierenden Bank abzurufen. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien stellte fest, dass dieser Abruf nicht zulässig war. Die Wien Holding selbst habe durch die Kündigung Umstände geschaffen, welche die Vorauszahlung des Bauzinses nicht mehr erforderlich machen, heißt es in einem Beschluss, der ZackZack vorliegt. Auch dazu äußerte sich die Wien Holding auf Anfrage nicht.
Wien kann kein Public Private Partnership
Der neue Busbahnhof hätte als „Public Private Partnership“ (PPP) realisiert werden sollen. Bei solchen Modellen finanzieren private Investoren im Auftrag der Stadt Bauprojekte. Im Fall des Terminals hätte sich die Stadt die Baukosten in Höhe von rund 200 Millionen Euro erspart, weil diese der Investor (DBR) getragen hätte. Der Investor hätte außerdem einen Bauzins geleistet, damit er bauen darf. Die DBR hätte im Gegenzug an der Verpachtung ihres Objekts Geld verdient, das von der BGR Gmbh, einem Zusammenschluss aus den Fernbusunternehmen Blaguss, Gschwindl und Dr. Richard betrieben werden soll . PPP-Modelle können also für beide Seiten vorteilhaft sein.
Die Wien Holding hat aber offenbar ihre Probleme mit dem Management von PPP-Projekten, denn das Busterminal ist nicht das erste Projekt, bei dem es zu großen Problemen kommt. Auch die Vergabe der geplanten neuen Eventhalle „Holding Arena“ scheiterte vor Gericht, wie ZackZack bereits berichtete.
Zur kompletten ZackZack-Serie “Wien Holding Affäre”
Titelbild: https://www.wien.gv.at/stadtplanung/fernbus-terminal-handelskai#wm_modal1_1, TOBIAS STEINMAURER / APA / picturedesk.com