Samstag, Juli 27, 2024

Babler wird Kanzler

Andreas Babler wird nach der Nationalratswahl im Herbst 2024 der nächste Bundeskanzler. Ich bin gerne bereit, darauf ein, zwei oder – wenn es sein muss – drei Biere zu wetten.

Gerne erkläre ich, warum Babler die besten Chancen hat, die Nationalratswahl zu gewinnen und Bundeskanzler zu werden:

1. SPÖ holt auf

Am 25. Mai 2023 titelte der „Kurier“ noch: „SPÖ mit Babler überholt Kanzlerpartei ÖVP. FPÖ behauptet den ersten Platz, ÖVP rutscht bei stabilen 23 % auf dritten Platz ab.“ Inzwischen hat Babler mit seiner SPÖ Nehammers Partei weit abgehängt. Babler kämpft mit Kickl um Platz 1, und die ÖVP träumt von „stabilen 23 Prozent“.

Kickls Umfrage-Vorsprung auf Babler ist von Juli bis Oktober 2023 von fast zehn auf vier Prozent geschrumpft. Kickl liegt vorne, aber Babler setzt vielleicht schon bald zum Überholen an.

2. Den Rücken frei

Hans Peter Doskozil hat mit seinem erfolgreichen ORF-Befreiungsversuch gezeigt, was er kann – und wie sehr er Babler und damit seiner Partei nützen könnte. Aber das Wichtigste ist: Michael Ludwig und seine Wiener SPÖ haben jetzt andere Probleme. Sein Finanzstadtrat Peter Hanke wird immer tiefer in die „Holding-Arena“-Affäre gezogen, sein Gesundheitsstadtrat Peter Hacker droht gemeinsam mit den angeschlagenen Spitälern unterzugehen. Ludwig selbst hat sich aus der Bundespartei zurückgezogen. Die Gefahr, am Grazer Parteitag im November bei der Wahl des SPÖ-Präsidiums auf Bezirksgröße zusammengestrichen zu werden, war ihm zu groß.

Kurz vor dem Grazer Parteitag hat Babler erstmals den Rücken frei.

3. Kein Platz für ÖVP

Die ÖVP stürzt ab. Das liegt auch an ihrem hilflosen Chef. Aber vor allem verdankt sie das ihrem Kurs. Als Kopie der FPÖ verstärkt man letztlich nur das Original. Wenn Nehammer auf jede Frage mit „Ausländer“ antwortet, gibt er nicht der ÖVP, sondern Kickl recht.

4. Rote Themen

Auch am Stammtisch geht es fast nur noch um Mieten, Strompreis, Inflation, Spitalsbetten und warum alles im Leben schwerer und unsicherer wird. Dazu beginnt das „Ausländer“-Thema auf dem Kopf zu stehen. Italiens Rechtsregierung lockt Hunderttausende Einwanderer ins Land. Während Kickl und Nehammer noch „Ausländer raus“ rufen, schaltet die Wirtschaft auf „Ausländer rein“. Schulisch erfolgreiche und gut integrierte Kinder abzuschieben wird schon bald für verrückt gehalten werden.

5. Schwacher Kickl

Von Haider über Strache bis zu Kickl werden die Schatten der freiheitlichen Spitzen kürzer. Kickl mag weder Bier noch Menschen. Zum mitreißenden Redner fehlt ihm das Talent. Seine einzige Stärke ist der Hass, mit dem er sich in alles verbeißt, das in seine Nähe kommt.

Kickl steht an der Spitze. Dort ist er mit wenigen Getreuen allein. Von St. Pölten bis Linz und Salzburg werden die blauen Messer für den Moment, an dem Van der Bellen „Nein“ zu einem Kanzler Kickl sagt, gewetzt. Falls Kickl den Zugang zum Futtertrog versperrt, wird er aus diesem Weg geräumt.

6. Schwurbler

Wenn heute in Wien demonstriert wird, muss Herbert Kickl besonders genau hinschauen.

Am Heldenplatz startet der „Friedensmarsch gegen den Great Reset“, gleichzeitig mit dem „Marsch für das Leben“, der von Karlsplatz ein paar hundert Meter in Angriff nimmt. Das verrückte Weltbild der „Resetter“ und „Bevölkerungstauscher“ ist längst inoffizielles Parteiprogramm der FPÖ. Wird das zu bekannt, werden sich „Normale“ von der FPÖ abwenden.

7. Das Duell

In den entscheidenden Wochen des Wahlkampfs spitzt sich alles auf das finale Duell zu. Aus heutiger Sicht werden nur Babler und Kickl im Ring stehen. Wenn Babler Kickls persönliche Tiefschläge sachlich kontert und klar macht, dass es nicht um ein paar zerstrittene Politiker, sondern um Sicherheit für Millionen Menschen geht, hat ein wütender FPÖ-Chef wenig Chancen.

8. Die neue Partei

Aber reicht es rund um Babler für eine neue Mehrheit jenseits von ÖVP und FPÖ? Die möglichen Zünglein an der Waage zwischen den beiden Lagern haben noch keine Namen und Spitzen. Ein paar Dosen werden diesmal mangels Gewicht kaum eine Rolle spielen. Othmar Karas ist bisher der einzige, der ernsthaft aufgezeigt hat. Wenn rund um ihn eine konservative und pro-europäische Liste entsteht, verliert der Rechtsblock seine letzte Chance auf eine Mehrheit.

Die Überlebenschancen der Grünen schwinden mit jeder Woche, die sie an Nehammer kleben bleiben. Wenn sie nicht riskieren wollen, dass eine neue Partei sie ersetzt, werden sie rechtzeitig abspringen müssen.

9. Und Kurz?

Auch wenn der gescheiterte Kanzler seinen ersten Prozess ohne Vorstrafe übersteht – die große Ibiza-Anklage steht erst bevor. Dort geht es um Beihilfe zur Untreue und andere Delikte, die weit schwerer wiegen als mögliche Lügen unter Zeugenpflicht.

Mit einem Spitzenkandidaten „Kurz“, der von der Anklagebank im Wiener Landesgericht aus eine Wahl gewinnen soll, geht die ÖVP das größte Risiko ihrer Geschichte ein. Von St. Pölten und Linz bis Innsbruck und Graz ist in der ÖVP jedem das eigene Hemd weit wichtiger als der Kurz-Rock.

Aber Kurz muss kandidieren, weil das seine letzte Chance ist, doch noch schneller als die WKStA zu sein. Damit wird die ÖVP in drei Häufchen geteilt: Kurz, Karas und den Rest aus ÖAAB und Bauernbund.

10. Und der Boulevard?

Eva Dichand und Wolfgang Fellner wollen weder Vermögenssteuern noch Vorstrafen. Aber beide wissen, dass sie nicht noch einmal dasselbe wie 2017 und 2019 leisten können. Wenn Bablers Weg wie eine Siegerstraße aussieht, werden sie ihre Fahnen widerwillig nach dem neuen Wind richten, auch, weil nur er Inserate bringen kann.

ÖGB und Doskozil

Die Wiese zum Kanzleramt ist für Babler noch längst nicht gemäht. Viele muss er erst überzeugen, dass er es nicht nur will, sondern auch kann. Er braucht den gesamten ÖGB, möglichst viel Unterstützung aus Wien und Doskozil. Aber vor allem braucht er einen klaren Plan, mit dem er die Grünen aus der Koalition bricht und Kickl rechts liegen lässt.

Im Kleinkrieg hat Kickl die besseren Chancen. Den Kampf um eine große Reformwende gewinnt Babler.

p.s.: Nach einer bestimmten Zahl von Bierwetten werde ich den Wettgegenstand ändern. Ich muss an meine Gesundheit denken.

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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