Sonntag, September 8, 2024

Unsterblich Episode 10: Fasten für die Langlebigkeit

In Episode 10 der Serie Unsterblich von Biochemikerin Renée Schroeder geht es um Autophagie –  das heißt darum, wie wir den Müll in uns loswerden um länger zu leben.

Es war eine allgemeine Überraschung als die Alterforschung die Beobachtung machte, dass Kalorienrestriktion bei Mäusen zu einer Lebensverlängerung führte. Bedeutet das, dass wenn man weniger isst, man länger leben könnte? Populär sind inzwischen das Fasten und das Intervallfasten. Es heißt, dass eine Essenspause von 12 bis 14 Stunden bereits einen Prozess in Gang setzt, der Autophagie genannt wird!

Und die neueste Modedroge Spermidin aktiviert ebenfalls Autophagie. Das ist wissenschaftlich eindeutig belegt!

Was ist Autophagie?

Das Wort Autophagie stammt von den griechischen Wörtern auto-, was „selbst“ bedeutet, und phagein, was „essen“ bedeutet. Autophagie bedeutet also „Selbstessen“. Dieses Konzept entstand in den 1960er Jahren, als Forscher erstmals beobachteten, dass die Zelle ihren eigenen Inhalt zerstören kann, indem sie den Müll in Membranen einschließt und damit sackartige Vesikel namens Phagosom bildet, die zum Abbau in einen Recyclingraum, das sogenannte Lysosom, transportiert werden.

Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Untersuchung des Phänomens war darüber wenig bekannt, bis Yoshinori Ohsumi Anfang der 1990er Jahre in einer Reihe brillanter Experimente Bäckerhefe verwendete, um die für die Autophagie wesentlichen Gene zu identifizieren. Anschließend erläuterte er die zugrunde liegenden Mechanismen der Autophagie in Hefe und zeigte, dass in unseren Zellen eine ähnliche hochentwickelte Maschinerie zum Einsatz kommt.

Autophagie ist ein evolutionär konservierter Zellreprogrammierungsprozess, der in allen höheren Organismen existiert. Es handelt sich um einen grundlegenden und lebenswichtigen Abbau-/Recyclingweg, der unerwünschte Komponenten entfernt, um Energie und lebenswichtige Materialien für die Zelle bereitzustellen.

Dabei werden alte Zellbestandteile, kaputte und falsch gefaltete Proteine und allerlei Müll in eine Membran eingewickelt, welches Autophagosom genannt wird. Der Inhalt dieses Autophagosoms wird dann in einen Zellraum mit dem Namen Lysosom geschleust, welches wie der Namen schon sagt, für den Abbau von vielen Stoffen verantwortlich ist. Dadurch werden kaputte Moleküle und Zellbestandteile, falsch gefaltete Proteine, Bakterien, Viren und sonstiger Müll abgebaut. Die Zelle räumt auf und gewinnt dadurch wieder Bausteine für neue Produkte (recycling)#

Bildquelle: www.supplementa.com/gesundheitsjournal/spermidin-zellulaere-reinigung-und-regeneration-durch-autophagie/

Drogen, welche Autophagie aktivieren

Jetzt wird es spannend! Es gibt eine ziemlich große Anzahl von Stoffen, welche die Autophagie aktivieren. Dies zu tun, ist nicht nur ein Spielchen mit der Langlebigkeit, sondern scheint ein wichtiges Potential zu haben, um neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer vorzubeugen. Diese Substanzen scheinen die Nervenzellen zu schützen. Sie vermindern Entzündungen!

Das etwas komplexe Bild ist es wert genauer betrachtet zu werden. Es zeigt etliche Signalwege, welche die Autophagie regulieren, sowohl aktivieren als auch unterdrücken. Ebenfalls angegeben sind Drogen wie Rapamycin, Metformin, und Resveratrol, welche intensiv untersucht wurden und werden, sodass deren Wirkungsmechanismen bekannt sind. Daraus resultiert die zentrale Bedeutung dieses Prozesses für die Gesundheit der Zellen und des ganzen Organismus. Die Autophagie-Anreger werden noch wesentlich an Bedeutung gewinnen und deren Zahl und Wirkungen werden sicherlich weiter zunehmen.

In Österreich ist Spermidin besonders populär, weil sowohl die Grundlagenforschung als auch die Pharmaindustrie in Österreich diesen Stoff besonders intensiv und erfolgreich studieren. Ich habe auch schon etliche Spermidin-Kuren gemacht und werde sicherlich dabei bleiben. Die positiven Wirkungen werden nach und nach genauer bekannt werden. Da erwarte ich mir noch etliche Überraschungen, wenn klinische Studien abgeschlossen sein werden.

Was regt die Autophagie an?

Das Kapitel Autophagie kann man kurz zusammenfassen: weniger ist mehr!

Vor allem weniger Essen. Alles was Kalorien verbrennt regt die Autophagie an, wie Bewegung, Sport und Intervallfasten. Lebensmittel, welche Autophagie anregen sind Weizenkeine, Soja, Kurkuma, Kaffee, Brokkoli und vieles mehr.

Titelbild: Renée Schroeder

Autor

  • Renée Schroeder

    Renée Schroeder ist eine der führenden Biochemikerinnen Europas. Als Wittgenstein-Preisträgerin lehrte sie an der Universität Wien. Heute lebt sie auf dem Salzburger Leierhof und beschäftigt sich mit wilden Kräutern, die sie verarbeitet. Für ZackZack beschreibt sie die ebenso folgenreichen wie weitgehend unbekannten Entwicklungen der technischen Eingriffe in die Grundlagen unseres Lebens - bis hin zur Abschaffung des Alterns.

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