Freitag, April 26, 2024

Servicepauschale für nichts – Das Ende der Mobilfunk-Abzocke

Im letzten Jahr ist der Arbeiterkammer vor dem Obersten Gerichtshof ein wichtiger Sieg für Kunden von Fitnesscentern gelungen: Undurchsichtige Gebühren wurden als unzulässig erklärt. Auch gegen Mobilfunkbetreiber gibt es nun erste erfolgreiche Rückforderungen.  

Was, wenn die jahrelang von ihrem Mobilfunkbetreiber verrechnete Servicepauschale rechtlich unzulässig war? Mit genau dieser Annahme gehen seit einiger Zeit Anwälte gegen die großen Mobilfunkbetreiber am österreichischen Markt vor – mit Erfolg. Von tausenden Kunden konnten bereits sämtliche für Servicepauschalen bezahlte Beträge zurückgewonnen werden.

Keine Gegenleistung  – Geld zurück

Ein Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) Ende 2022 erklärte Servicepauschalen ohne erkennbaren Mehrwert für den Kunden bei Fitnesscentern für nicht rechtens. Schnell erkannten einzelne Anwälte und Prozessfinanzierungsunternehmen, dass der Spruch des OGH auch auf die jährlichen Servicepauschalen von Netzgiganten wie Magenta, A1 und Drei auszulegen sein könnte und begannen Klagen gegen die Mobilfunkkonzerne vorzubereiten.

Der Wiener Anwalt Matthias Strohmayer, der auch für den Verein für Konsumenteninformation tätig ist, konnte bereits in über 100 Verfahren erreichen, dass die gesamten Servicepauschalen samt Zinsen an seine Klienten zurückbezahlt wurden. „Die meisten Anbieter verrechnen die Servicepauschale zur Abgeltung von im Regelfall mit der Erfüllung der vertraglichen Pflichten verbundenen Leistungen. Für solche Leistungen, die man nicht abwählen kann, Zusatzkosten zu verrechnen, ist gröblich benachteiligend“, stellt der Anwalt gegenüber ZackZack klar. Laut Strohmayer könne man die bereits bezahlten Beträge für Servicepauschalen bis 2011 rückwirkend zurückfordern.

Vorsichtiger ist dabei die Arbeiterkammer: „Welche Verjährungsfrist zur Anwendung kommt, ist rechtlich nicht eindeutig zu beantworten. Von 3 bis 30 Jahren ist alles möglich“, erfährt ZackZack auf Anfrage.  

Drastischer drückt es Stefan Bohar von der Advofin Prozessfinanzierung AG aus. Das Unternehmen kann auf mittlerweile über 8.000 Kunden verweisen, die mit Hilfe der Advofin ihre bereits bezahlten Servicepauschal-Beträge zurückfordern. Denn der jährlich eingeforderte Betrag ohne eindeutigen Mehrwert für die Kunden sei ein „Humbug, wenn man sich mit Konsumentenrecht auseinandersetzt“ und hätte „mit Service nichts zu tun“, so Bohar.

In einigen Fällen kommt eine außergerichtliche Einigung zustande, andere Ansprüche müssen gerichtlich durchgefochten werden.

Servicepauschale in Grundbebühr verstecken

Weil die Servicepauschale rechtlich heikel ist, versuchen einige Mobilfunkanbieter neuerdings, den jährlichen Betrag in der Grundgebühr zu verstecken. Die Servicepauschale wird dann einfach in die Grundgebühr eingerechnet und scheint nicht mehr separat auf. Für Bohar ist dieses Vorgehen bestenfalls eine Täuschung: „Da wird die Kuh lila angemalt“, sagt er auf ZackZack-Nachfrage, betont jedoch, dass es zu diesem Vorgehen „noch keine Judikatur“ gebe.

Grundsätzlich steht es Mobilfunkbetreibern frei, ihre Verträge zu verteuern.

Klage der Arbeiterkammer

Ins Rollen gebracht wurde die Rückforderung von Servicepauschalen durch ein Urteil des Obersten Gerichtshofs Ende 2022 nach einer Klage der Arbeiterkammer Österreich gegen intransparente Gebühren bei Fitnesscentern. Der Gerichtshof legte in einem Urteil dar, dass Servicepauschalen und Gebühren ohne erkennbare Gegenleistungen rechtlich unzulässig sind. Das ursprüngliche Urteil bezog sich lediglich auf Betreiber von Fitnesscentern, wurde aber von Strohmayer und Advofin schnell auf Mobilfunkbetreiber umgemünzt.

Ein eindeutiges Urteil zu Gebühren bei Mobilfunkverträgen liegt noch nicht vor. Dennoch konnten sich bereits tausende Kunden nach Zahlungsbefehlen des Bezirksgerichts für Handelssachen über die Rückerstattung der bezahlten Servicepauschalen freuen.

Die Arbeiterkammer ist unterdessen bemüht, mit den Mobilfunkbetreibern eine Einigung zu erzielen. Ziel ist, dass Servicepauschalen einfach zurückgefordert werden können und zukünftig keine Gebühren ohne klare Leistung mehr eingehoben werden. Sollte es zu keiner Übereinkunft kommen, ist die Arbeiterkammer bereit, auch gegen A1 und Co. eine Klage einzureichen.

Titelbild: Pixabay

Daniel Pilz
Daniel Pilz
Taucht gerne in komplexere Themengebiete ein und ist trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm stecken geblieben.
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4 Kommentare

  1. Die Arbeiterkammer ist die einzige Pflichtvertretung, die mir durch Kompetenz und Engagement auffällt anstatt durch Lobbying und Polemisierung. Die sogenannten Servicepauschalen wurden von Mobilfunkbetreibern erfunden, als die Vorratsdatenspeicherung verpflichtend wurde. Der Zusammenhang wurde damals bestritten, aber eine plausiblere Erklärung gab es nicht. Es war ja keineswegs so, dass “Service”-Leistungen damit ausgebaut worden wären, eher im Gegenteil. Später fiel die Vorratsdatenspeicherung, die “Servicepauschalen” blieben erhalten.
    Worin immer dieser Service bestehen mag, ist er natürlich Teil der normalen Leistungserbringung und müsste im Sinn der Transparenz in der Grundgebühr enthalten sein oder auf Einzelbasis verrechnet werden. Bei Krediten hat der Gesetzgeber richtigerweise darauf bestanden, dass die Bank eine Effektivverzinsung ausweisen muss, die alle Kostenfaktoren beinhaltet. Analog müsste auch hier dafür gesorgt werden, dass alle laufenden Kosten etwa eines Mobilfunktarifs auf Monatsbasis ausgewiesen werden – ohne dass Zusatzkosten in kleingedruckten Fußnoten versteckt werden.

  2. Die Servicepauschale wird als stille Preiserhöhung verwendet – NEU ist diese nun beim I-Net, Kabel-TV, Kabel-Telefon Anbieter Kabelsignal in Niederösterreich.
    Auch hier sollte sich die AK einschalten.

    • Bezahlt wird die Servicepauschale von der überwiegenden Anzahl der Mobilfunkteilnehmer mit Verträgen bei A1, Magenta und Drei. Richtig wäre die Frage so gestellt: “Okay, wer zahlt die nicht?”
      Möglicherweise ist bei den Tarifen der Alternativanbieter (HOT, Spusu, Lidl etc.) im Gesamtpaket auch ein winziger Teil “Servicepauschale” reingepackt, aber bei weniger als 10,00 € pro Monat handelt es sich um einen verschwindend kleinen Betrag.

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