Samstag, Juli 27, 2024

Pilnacek-Tape: Auslöser Kurz

Neues von der „Tape“-Affäre: Christian Pilnacek hatte einen weiteren, prominenten Gast. Und: Sebastian Kurz war der Auslöser für die Veröffentlichung des Pilnacek-Tapes.

Freitag, 28. Juli 2023, 20.00 Uhr. Christian Pilnacek sitzt an seinem Tisch bei Edel-Italiener Cavaluccio in der Wiener Innenstadt. Ein älterer deutscher Großindustrieller und ein FPÖ-naher Jungunternehmer leisten ihm Gesellschaft. Man kommt schnell zu Pilnaceks Leibthema: die Justiz und was die Politik mit ihr macht.

Um 20.16 Uhr drückt einer der beiden auf die Aufnahmetaste seines Handys. Ab da wird bis zur Sperrstunde um 23.00 Uhr alles, was am Tisch gesprochen wird, mitgeschnitten. Im Hintergrund der Aufnahme hört man, dass das Lokal gut besucht ist: Unterhaltungen, Lachen, Gläser und vor allem eines: die bekannte Stimme des mächtigen Sektionschefs.

Pilnacek weiß nicht, dass er aufgenommen wird. Er lässt sich aus, über die ÖVP, die von ihm die Niederschlagung von Ermittlungen und die Verhinderung von Hausdurchsuchungen forderte; über Ex-Justizministerin Beatrix Karl, die in der ÖVP in Ungnade fiel, weil sie Pilnacek nicht voll auf Linie brachte; über Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter, der offensichtlich bereit war, viel für die ÖVP zu tun; und vor allem über Wolfgang Sobotka, der Pilnacek als „Versager“ beschimpfte, weil er Ermittlungen gegen die ÖVP nicht abdrehen wollte.

Der vierte Gast

Das Tonband läuft, als sich ein weiterer Gast an den Tisch setzt. „Kurier“-Herausgeber und „profil“-Geschäftsführer Richard Grasl weiß nicht, dass jetzt auch er aufgenommen wird. Erst wenige Wochen vor der Veröffentlichung wird ihm der deutsche Unternehmer erzählen, dass es eine Aufnahme von dem gemeinsamen Abend gibt.

ZackZack hat Richard Grasl neun Fragen geschickt. Grasl bestätigt seine Anwesenheit: Ich habe Christian Pilnacek, den ich übrigens sehr geschätzt habe, immer wieder auch in besagtem Lokal getroffen, oft und wie an diesem Abend auch durch Zufall. Ja ich war auch an diesem Tag in diesem Lokal, allerdings mit einem eigenen Freundeskreis. Wir gesellten uns später zu besagtem Tisch.“ Dann kommt Grasl zur zentralen Frage: „Ich habe aber keine Wahrnehmung zum Inhalt des veröffentlichten Tonbandes, diese Aussagen müssen daher vor meinem Besuch erfolgt sein.“ 

Grasl bestätigt, dass er später über die Aufnahme informiert wurde: „Als erste Gerüchte die Runde machten, dass es eine Tonbandaufnahme geben soll habe ich einen Teilnehmer darauf angesprochen. Er verneinte dass ich zu diesem Zeitpunkt dabei gewesen war. Somit erübrigen sich weitere Fragen.“

Grasl erklärt nicht, was er mit „diesem Zeitpunkt“ meint. Offensichtlich weiß der „Kurier“- und „profil“-Chef seit Wochen, dass Pilnacek Belastendes über die ÖVP preisgegeben hat. Seine Erklärung, erst nach dem Pilnacek-„Geständnis“ an den Tisch gekommen zu sein, kann anhand der gesamten, mehr als dreistündigen Aufnahme leicht überprüft werden.

Eine entscheidende Frage lässt Grasl unbeantwortet: Wen in der ÖVP haben Sie darüber informiert?“

Auslöser „Kurz“

Monatelang bleibt die Aufnahme liegen. Dann begeht Sebastian Kurz den entscheidenden Fehler. Bei seinem ersten Auftritt im großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts macht sich der ex-Kanzler mit einem Telefonat wichtig: „Ich habe gestern Abend noch mit Pilnacek telefoniert“. Kurz und die ÖVP versuchen, den gerade verstorbenen Pilnacek als Waffe gegen die WKStA einzusetzen. Sie alle sehen sich als Opfer, und die „Täter“ stehen von SPÖ bis WKStA auf der anderen Seite.

Genau da platzt dem Industriellen die Geduld. „Kronen Zeitung“-Redakteur Erich Vogl bekommt den entscheidenden Ausschnitt der Tonaufnahme. Das Pilnacek-Tape ist am Weg.

Die ÖVP scheint inzwischen gewarnt worden zu sein. Dienstag Nachmittag versucht das ÖVPutin-Portal „exxpress“, die Geschichte „abzustechen“ – aber es ist zu spät.

Jetzt müssen Strafjustiz und Nationalrat entscheiden, wie es mit dem schwer belasteten Präsidenten und seiner Partei weitergeht.

Link zur Aufnahme: https://zackzack.at/2023/11/21/pilnacek-tape-jetzt-online-sobotka-dreht-ab

Titelbild: HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com, GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com, HANS KLAUS TECHT / APA / picturedesk.com Il Cavalluccio (Website), Montage ZackZack

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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