René Benko ist ein paar Kilometer tief gefallen – genau auf Sebastian Kurz.
Dort, wo beide vor kurzem noch an ihrer gemeinsamen Auferstehung gebastelt haben, gähnt jetzt ein Krater. Aufgrund seiner Ausdehnung und der Gase, die ihm nach wie vor entströmen, sollten wir ihn „Benkurz-Krater“ nennen.
Über ein Jahr hat Kurz versucht, rund um seine „SK Management GmbH“ eine neue Basis aufzubauen. Die Ballhausplatz-Partie war bereits im neuen Hauptquartier am Wiener Schubertring versammelt. Zum Bundeskanzleramt schien es mit 1,3 Kilometer nicht weit.
Alte Freunde wie René Benko haben mit Herrschaften wie den „Investoren“ Peter Thiel und Alexander Schütz finanzkräftigen Zuwachs bekommen. Schütz-Ehefrau Eva hält ihr Organ „exxpress“ auf Putin/Kurz-Linie. Raiffeisen-Medien wie der „Kurier“ warten auf Zurufe aus der Partei.
Im Trümmerhaufen
Das Verfahren wegen falscher Zeugenaussage im U-Ausschuss galt für Kurz anfangs eher als Chance. Egal, wie das Urteil im Dezember gelautet hätte – Kurz wäre als Sieger oder als Opfer in den Vorwahlkampf gestartet. Aber Versuche, für die “eigenen” Zeugen günstigere Termine zu bekommen, ziehen alles in unerwünschte Länge.
Ein paar Landeshauptleute hätten sich in der ÖVP noch ein bisschen quergelegt. Aber Karl Nehammer hätte den Weg freigemacht, unfreiwillig, einfach dadurch, dass er weiter alles getan hätte, was er kann.
Jetzt ist plötzlich alles anders. Sebastian Kurz liegt im Benko-Trümmerhaufen. Erstmals hat er keine Chance, wieder auf die Beine zu kommen.
Kurz Solo?
Wenn es um Kurz so schlecht steht, dass die ÖVP auf Nehammer oder andere Pferde aus dem eigenen Stall setzt, könnte er immer noch seine letzte Karte ziehen: sich selbst. Aber diesmal bliebe er allein. Sogar die Treuesten in den Redaktionen würden sich weigern, ihre Mitlaufschuhe anzuziehen.
Kurz hat nur noch zwei Alternativen: “Geschäfte” ohne politischen Schutz; oder zurück an die Uni, am besten Jus.
Hochstapler und Schwindler
Kurz und Benko erleben gerade etwas Neues: Sie sind zum ersten Mal seit langer Zeit völlig allein. Niemand will ein Autogramm oder einen Teller mit Maroni. Das Telefon klingelt in immer größeren Abständen, und die Nummern verheißen wenig Gutes.
Chefredakteure und Herausgeber haben sich zurückgezogen, weil sie den Schock ihres Lebens verarbeiten müssen. „Wie konnten die mich so hereinlegen?“ Die halbe Nacht quält Wolfgang Fellner diese Frage, während sich Richard Grasl überlegt, Anna Thalhammer vor Benko und Kurz zu warnen. Eva Dichand muss noch überlegen. Nur Russen-Ritchie bleibt auf Spur, er wirkt immer noch etwas geschient.
Sie alle haben eines gemeinsam: Kurz ein Schwindler und politischer Betrüger? Benko ein Hochstapler? Sie hätten es nicht ahnen können, es hat sie getroffen wie der Blitz aus dem angeheiterten Himmel.
Vielleicht halten uns „Topjournalisten“ von Hubert Patterer bis Richard Grasl wirklich für so blöd. Vielleicht glauben sie wirklich, dass alle ihnen die Gute Nacht-Geschichte von den beiden bösen Wölfen, die sie für Großmütter gehalten haben, glauben. Vielleicht ist es für sie wirklich einfacher, sich nach den jahrelangen Jubelfeiern, die sie für Benko und Kurz veranstaltet haben, jetzt ebenso dumm wie überrascht zu stellen.
Schuhe ausziehen
Es war ja nicht so, dass alle überrascht wurden. Ich kann mich gut erinnern, wie ich noch als Abgeordneter gemeinsam mit Gabi Moser das dubiose Kurz/Pilnacek/Benko-System in vielen Details beschrieben habe. Wer es damals wissen wollte, konnte es wissen: dass Kurz ein Gauner, Benko ein Hochstapler und Pilnacek ihr juristischer Leibwächter war.
Wenn wir einen dampfenden Haufen fanden, standen schon Journalistinnen aller großen Zeitungen daneben und erklärten uns, dass das ein Nest sei, das man nicht beschmutzen dürfe. Die Inserate, die ihre Verlage dafür kassierten, sollten ihren verlässlichen Blick fördern.
Auf Null
Gäbe es in Österreich ebenso genaue wie unabhängige Zeitungen, hätten sie Kurz, Benko und Pilnacek schon vor Jahren etliche Handwerke gelegt. Aber von Karl Nehammer bis Michael Ludwig fördern Regierende nach wie vor den Bodensatz, damit er das tut, was sie von ihm erwarten: oben schwimmen.
Vielleicht wacht der Wiener Bürgermeister auf und versteht zum ersten Mal, dass es gerade für einen Sozialdemokraten dumm ist, den Strick, an dem seine Partei verlässlich aufgehängt wird, zu finanzieren. Vielleicht gibt es nach der kommenden Wahl eine Mehrheit für eine saubere Politik. Wir werden es daran merken, wenn endlich den Wedelfedern die Mitläuferschuhe ausgezogen werden und die Presseförderung für mediale Schlagringe wie „Österreich“ oder „exxpress“ auf das reduziert wird, was für Demokratie und Rechtsstaat erträglich ist: auf null.