Samstag, Juli 27, 2024

Wlazny-Kandidatur: Am falschen Teich

Diesmal ist Dominik Wlaznys Kandidatur keine gute Idee.

Bei der letzten Wahl habe ich meine Stimme Dominik Wlazny gegeben. Ich bin das Risiko eingegangen, weil klar war, dass Van der Bellen sicher gewinnt und das Risiko, der frische Wind könne sich als Dosenluft erweisen, überschaubar war. Die Videos waren gut und meine Stimme unwichtig. Diesmal ist das anders. Jede einzelne Stimme zählt.

Gestern bei seiner Vorstellung für die Nationalratswahl kam nichts Neues. Wlazny wiederholte die Ansagen seiner letzten beiden Wahlkämpfe. Jetzt wirkt das, was beim ersten Mal überraschend kam, beim dritten Mal wie leicht abgenützte Routine.

„Marco Pogo“ ist eine Kunstfigur. Dominik Wlazny ist ihr Darsteller, Vater Wlazny der Regisseur. „Pogo“ war erfolgreich, weil der Darsteller die Anweisungen der Regie befolgt hat.

Alles Familie

Das „Pogo“-Stück hat sich im Gegensatz zur politischen Situation kaum geändert. Woher soll auch etwas Neues kommen? Die Bierpartei ist, wie „profil“ berichtet, fest in der Hand von Vater Wlazny und Sohn. Sie stellen zwei von vier Vorstandsmitgliedern. Bei Stimmengleichheit entscheidet ein Wlazny. Die 20.000 Mitglieder, die Familie Wlazny jetzt sucht, haben nicht einmal das Recht, Anträge zu stellen.

Wäre das Parlament ein Bierparlament, dürften dort nur Klubobmänner einer Familie etwas beantragen. Aber so weit geht nicht einmal die ÖVP.

Der falsche Teich

Ich weiß nicht, ob sich Wlazny eine Frage überhaupt gestellt hat: Warum sucht er seinen Platz am Rand des Teiches, in dem schon SPÖ, Grüne und KPÖ fischen? Warum geht er nicht zum Nachbarteich, an dessen Rand Herbert Kickl allein und ungestört seine Netze auswirft?

Ein politisches Projekt muss gerade vor einer Richtungswahl mit klaren Zielen überzeugen. Im Kern dieses Projekts geht es um einen Plan, wie man die Machtübernahme des Rechtsblocks aus FPÖ und ÖVP verhindert. Die Wahl wird von Menschen entschieden, die sich von Mieten bis Lebensmittelpreisen, von Energiekosten bis Spitalsbetten und von Bildungschancen bis Pflegesicherheit im Stich gelassen fühlen.

Dosenbierzelte

Diesen Menschen reicht nicht, dass man mit einer Turbo-Dose in der Hand möglichst locker erzählt, wofür man herumsteht und mit absurden Ideen wie einem „Eignungstest für Politiker“ Kompetenzlöcher überbrückt. Auch Wlazny sollte wissen: Auf Kickl-Wiesen wachsen nicht spontan Dosenbierzelte in die Höhe.

Wlazny ist wahrscheinlich nicht der Kandidat, der hilft, die Mehrheiten zu verändern. Allerdings kann er der Kandidat, der die falsche Seite schwächt, werden. Wenn er den Einzug schafft, kostet vielleicht gerade er die SPÖ Platz 1. Wenn er knapp unter der 4 Prozent-Grenze bleibt, werden aus drei verlorenen Prozenten drei gewonnene für Kickl und seinen Volksvizekanzler aus der ÖVP.

Das war übrigens das rechnerische Argument, das uns damalige Grüne die ersten zehn Jahre begleitet hat. Trotzdem war es richtig, bei den Wahlen 1986 anzutreten, obwohl Umfragen keinen sicheren Einzug ins Parlament vorhersagten. Wenn Wlazny politisch etwas wirklich Neues bringen oder die SPÖ wenigstens zur gemeinsamen Politik zwingen würde, dann wäre es jedes Risiko wert. So nicht.

Diesmal spricht für mich alles dagegen, Wlazny zu wählen. Aber vielleicht spürt er selbst bereits, dass ihm der Wind nicht in den Rücken weht. Dafür, glaube ich, hat Marco Pogo ein gutes Gespür.

Titelbild: ROBERT JAEGER / APA / picturedesk.com

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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