Am 90. Jahrestag des 12. Februar 1934, ist die grundsätzliche Frage nach Methoden, mit denen sich die Demokratie gegen faschistische, anti-demokratische, desolidarisierende und inhumane politische Strömungen zur Wehr setzen kann, dringender denn je.
Die Oberösterreichischen Nachrichten brachten am Samstag auf Seite 2 einen Artikel mit Ankündigungen der Gedenkveranstaltungen in Oberösterreich. In Steyr wird der Gedenktag im Park an der Wokralstraße begangen; Hauptredner ist Andreas Babler. In Wien wird eine Gedenkveranstaltung im Goethehof in Kaisermühlen abgehalten.
Noch heute wird der Stehsatz bemüht, die Einordnung der Geschehnisse sei schwierig. Es ist aber unübersehbar, dass das nur eine parteipolitische Frage ist. Die ÖVP tut sich schwer mit der Abgrenzung von den Diktatoren Dollfuß und Schuschnigg. Die Diktatur war damals errichtet. Der Einparteienstaat, auf den die Christlich-Sozialen mit dem Korneuburger Eid eingeschworen waren, war errichtet. Jeder demokratische Widerstand war eine Straftat. Es kam zu Inhaftierungen und Hinrichtungen.
Moritz Ablinger schreibt im profil: Es ist also auch 90 Jahre danach noch äußerst schwierig, die Februarkämpfe richtig einzuordnen. Eines allerdings sollte feststehen: Heimwehren und Bundesheer kämpften damals für die Abschaffung der Demokratie und die Errichtung des Einparteienstaats, die Aufständischen nahmen dagegen die Waffe in die Hand.
Ö1 bringt am 12. Februar um 15:55 den zweiten Teil seiner Sendung: So starb die Demokratie. So starb ein Land. Die an der Ausstellung des Wien Museums und der Wienbibliothek im Rathaus mit dem Titel Die Zerstörung der Demokratie. Österreich, März 1933 bis Februar 1934 beteiligten Historikerinnen und Historiker Bernhard Hachleitner, Alfred Pfoser, Katharina Prager, Béla Rásky und Werner Michael Schwarz kommen dort ausführlich zu Wort. Diese Sendung sollte man sich nicht entgehen lassen.
Ebenfalls empfehlenswert ist der Artikel von Florian Wenninger, der als Kommentar der anderen in der Tageszeitung Der Standard erschienen ist. Wenninger lenkt den Blick auf eine Frage, die bisher in den Diskussionen meist nur ein Nebenthema war. Es wird oft so getan, als sei das Februargedenken eine Sache der SPÖ. Doch in Zeiten, in denen ÖVP-Kanzler Nehammer sich bereits wahlkämpfend von der FPÖ distanziert, mit der seine Partei drei Koalitionen im Bund einging und zurzeit drei Landesregierungen stellt, betrifft die folgende Frage wohl auch und vor allem die Volkspartei: Wie grenzt man sich vom Rechtsextremismus ab, wenn man sich ihm programmatisch immer stärker annähert und angleicht? Aus der Sicht von 1934 formuliert: Wie glaubhaft erschien das Ansinnen, sich mit einer Diktatur „Made in Austria“ gegen die NS-Diktatur zu wehren?
Wenninger macht klar, dass die Abgrenzung gelinde gesagt halbseiden war: Dass man damit eine Machtübernahme der Nazis habe abwehren wollen, ist nur ein Ausschnitt der historischen Wahrheit: Mehrere Landtags- und Gemeinderatswahlen 1932 ließen alarmierende Radikalisierungstendenzen vor allem städtischer bürgerlicher Schichten erkennen.
Und noch klarer führt er aus: Die Christlichsozialen, einschließlich Dollfuß, waren einer Zusammenarbeit auch nicht prinzipiell abgeneigt. Der Antisemitismus und die Aversion gegen die Linke bildeten ein gemeinsames geistiges Fundament, auf dem sich aufbauen ließ. So hatte man bereits für die Nationalratswahlen 1927 einen gemeinsamen Listenverband mit zwei NS-Abspaltungen gebildet.
Wenn wir die Parteilabels austauschen ist das also eine hochaktuelle Frage. Noch einmal sei auch auf die kleine Schrift Der Aufstand der österreichischen Arbeiter verwiesen, die der aus Österreich geflohene Otto Bauer in Bratislava am 19. Februar 1934 schrieb. In einer undatierten Neuauflage 1974 verfasste Bruno Kreisky dazu ein Vorwort, in dem es heißt:
Aber der diesem Ereignis innewohnende Heroismus scheint uns allen die historische Tragweite des 12. Feber nicht zu rechtfertigen. Aus dem Bewußtsein der Verantwortung für unsere Republik wünschen wir, daß seine Ursachen in objektiver Weise dargelegt werden und wir wünschen es, weil wir glauben, daß nur so eine ähnliche Entwicklung in der Zukunft verhindert werden kann. Will man das, dann darf man sich allerdings nicht von Gefühlen des Hasses und der Vergeltung leiten lassen – es muß beim Handschlag Gorbachs und Pittermanns am Grabe der Februar-Gefallenen am 12. Februar 1963 bleiben. Wir halten dafür, daß in der Demokratie politisch Andersdenkende nicht deshalb, weil sie es sind, auch schon persönliche Feinde sein müssen.
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