Samstag, Juli 27, 2024

Datensuche bei Pilnacek: „Wo ist das Zeug?“

Es ist Ostern, und wir finden immer mehr Eier, in Rossatz, St. Pölten, Graz und Wien. Dabei hilft uns jetzt auch „profil“-Chefin Anna Thalhammer.

Ein „Kurier“-Leser schreibt die bisher beste Zusammenfassung: „Was für eine Geschichte! Eine Frau, die Gerichtspräsidentin in Graz ist und wohl kaum Tagespendler sein wird, behauptet, mit ihrem Gatten (Sektionschef Justiz) gemeinsam in Wien zu wohnen.

Dieser wiederum übernachtet aber gerne bei seiner Lebensgefährtin in Rossatz, welche ihrerseits mit einer Freundin zusammen wohnt, die den Sektionschef nach seiner Führerscheinabnahme abholt. Diese Freundin ist Vizebürgermeisterin und Referentin beim Nationalratspräsidenten.

Am Abend vor der Führerscheinabnahme telefoniert der Sektionschef mit dem ehemaligen Bundeskanzler, der tagsüber als Beschuldigter in einem Strafverfahren vor Gericht steht. Weiterhin abgängig sind Laptop und eventuell ein USB-Stick. Irgendwie involviert sind Staatsanwaltschaft Krems und Landeskriminalamt. Wer hier noch den Durchblick hat, sollte ein Drehbuch schreiben.“

Genau das versuchen wir. Vieles liegt noch im Nebel, aber einiges haben wir schon ans Licht gebracht. Die Art, wie es läuft, erinnert mich an „Eurofighter“. Damals konnten wir uns drauf verlassen, dass überall dort, wo wir Briefkastenfirmen, Schmiergeld, gekaufte Beamte und Politiker fanden, kurz darauf ein Nebeltopf explodieren würde.

Was wir wissen

Genauso ist es jetzt in der Affäre „Pilnacek“. Heute, am Ostersonntag, empfiehlt sich die Methode der Eiersuche. Also zuerst einmal die Eier, die schon in unserem Korb sind:

  • Am 20. Oktober 2023 nahmen Beamte des Landeskriminalamts NÖ in Rossatz in der Wachau Pilnaceks Lebensgefährtin Karin Wurm dessen Handy, seine Auto- und Wiener Wohnungsschlüssel und seine Brieftasche ab.
  • Sie zeigten weder Ausweise noch Sicherstellungsanordnung und stellten für die mitgenommenen Gegenstände keine Bestätigung aus.
  • Zuerst rechtfertigten sie sich mit „Ermittlungen für die Staatsanwaltschaft Krems“. Als das mit der Erklärung der StA Krems, dass sie nie Aufträge erteilt habe, geplatzt war, änderten sie ihre Rechtfertigung: § 42 Sicherheitspolizeigesetz.
  • Inzwischen ist klar, dass auch das nicht hält. Die Aktion war illegal.
  • Eine Staatsanwaltschaft wird wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs ermitteln. Noch immer wird alles getan, damit das nicht die WKStA ist.

Was wir wissen wollen

Jetzt suchen wir die nächsten Eier:

1. Wer waren die letzten Personen, denen Pilnacek am Abend vor seinem Tod am Weg nach Rossatz und dann dort über WhatsApp Botschaften gesandt hat?

2. Wer von den Letztkontakten war am Putztrupp-Einsatzbefehl beteiligt?

3. Wo sind USB-Stick und Laptop?

4. Wer sind die Auftraggeber der illegalen Kripo-Aktion in Rossatz? Der Direktor des Landeskriminalamts? Der Landespolizeidirektor in St. Pölten? Der Bundespolizeidirektor in Wien? Oder der Dirigent selbst?

5. Warum wird noch immer versucht, die Amtsmissbrauchs-Ermittlungen von der WKStA an die Staatsanwaltschaft Krems, die selbst entscheidende Ermittlungsschritte unterlassen hat, abzuschieben?

Für unsere Recherche gilt weiterhin die Ostereierregel: Wer sucht, der findet.

Alles Unsinn

Wir sind nicht die einzigen, die suchen. Pilnacek-Witwe Caroline List hat im „Kurier“ genau erklärt, was sie sofort suchte: „Sie bestätigt auch, dass sie nach der Aktentasche, dem Laptop und dem USB-Stick ihres Mannes gesucht habe. ´Die waren aber weder in der Wohnung, noch im Auto. Also mussten sie noch im Haus in Rossatz sein´, sagt List“.

Das war dann wohl so: Die Grazer Gerichtspräsidentin List erfuhr, dass ihr Mann verstorben war und begann sofort, in der Wiener Ottakringerstraße nach Aktentasche, Laptop und USB-Stick zu suchen – genauso wie der Kripo-Putztrupp aus St. Pölten.

Warum suchte die Präsidentin den USB-Stick?  Der „Kurier“ kennt die „Gerüchte“: „Rund um den Laptop und den USB-Stick ranken sich seit Monaten Gerüchte: Darauf soll sich politisch brisantes Material befinden, mit dem vor allem die ÖVP belastet wird. Die Rede ist von Interventionen bei Strafverfahren und Ähnlichem.“ Doch im Gegensatz zum „Kurier“ weiß List, was auf dem USB-Stick nicht drauf ist: „Das ist Unsinn. Mein Mann hat kein belastendes Material gehabt.”

Wenn das, was List sagt, kein Unsinn ist, wird es etwas enger: 1. Woher weiß die Gerichtspräsidentin, was ihr Mann auf Datenträgern abgespeichert hat? Die Pilnacek-Daten unterliegen, soweit sie Akten aus den Justizministerium betreffen, der Amtsverschwiegenheit. Und 2. Wenn nichts drauf ist – warum sucht sie gleichzeitig mit dem Kripo-Trupp USB-Stick und Laptop?

Dazu kommt eine dritte Frage: Hat List ihre Suche mit dem LKA-Niederösterreich abbesprochen?

Thalhammer gegen List

Der „Kurier“ berichtet noch mehr: „List bestätigt, dass die Beamten Gegenstände bei Wurm abgeholt haben. Die Schlüssel für Wohnung und Auto, die Geldtasche und das Handy seien zunächst einem Anwalt übergeben worden, in dessen Kanzlei hätten ihre Kinder die Gegenstände später abgeholt. Und zwar am selben Tag, an dem man den Leichnam gefunden hatte, also am 20. Oktober 2023.“ Wenn das stimmt, kann es kaum eine Hausdurchsuchung gegeben haben.

Dem widerspricht „profil“-Chefredakteurin Anna Thalhammer auf Twitter: „Polizei hat anfangs „vergessen“ Witwe zu informieren“. Thalhammer hat das in Ordnung gebracht: „Sie hat es aus der Zeitung (von mir) erfahren.“

Quelle: Twitter

Aber Thalhammer hat noch mehr über List zu berichten: „Als sie Tage später fragte, wo das Zeug ist, hat man es ihr geliefert, weil schlechtes Gewissen“. Das „Zeug“ – das sind wohl Handy, Schlüssel und Brieftasche.

Die hochangesehene Gerichtspräsidentin oder die preisgekrönte Chefredakteurin – wem sollen wir glauben? Vielleicht muss Anna Thalhammer einiges nur präziser erklären: Wann hat sich List nach dem „Zeug“ erkundigt? Wann hat „man“ es ihr geliefert? Wer ist „man“? Und warum sind List, „man“ und andere noch immer hinter dem „Zeug“, auf dem nichts drauf ist, her?

Osterhasenwiese

Thalhammer schließt mit einem prophetischen Satz: „Man wird sehen“. Das genaue Sehen hat einen Grund: die Arbeit von ZackZack. Ohne unsere Recherchen wäre das bekannt geworden, was sich einige wünschen: nichts.

Vor mehr als sechzig Jahren habe ich auf der Osterhasenwiese in Kapfenberg gleich hinter dem Ledigenheim eines gelernt: Da, wo mein Bruder und ich die ersten Eier gefunden haben, sind noch welche. Garantiert auch jetzt, in St. Pölten, Graz und Wien.

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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