Vor 15 Jahren haben Staaten viel Geld ihrer Steuerzahlenden eingesetzt, um Banken zu retten. Heute wollen die Banken davon nichts mehr wissen. Sie machen Politik: Gegen die Ökologie und gegen die Demokratie.
In The Guardian hat Damian Gayle vor wenigen Tagen den Bericht Banking on Climate Chaos zusammengefasst: Researchers for the banking on climate chaos report, now in its 15th edition, analysed the world’s top 60 banks’ underwriting and lending to more than 4,200 fossil fuel firms and companies causing the degradation of the Amazon and Arctic. Those banks, they found, gave $6.9tn in financing to oil, coal and gas companies, nearly half of which – $3.3tn – went towards fossil fuel expansion.
Die Förderung fossiler Energie expandiert also. Diese Expansion wird im Wesentlichen von Banken finanziert. Einen Tag nach dem Artikel im Guardian, erschien in Der Standard eine ähnliche Zusammenfassung von Bettina Pfluger, in der es heißt: Europa ist zweifelsohne in der Energiewende angekommen. Der Ausbau erneuerbarer Energieträger schreitet voran. Ausbau und Umrüstung kosten viel Geld. Geld, das auch die Finanzindustrie zur Verfügung stellt. […] Der aktuell erschienene Report »Banking on Climate Chaos« zeigt jedoch ein etwas anderes Bild. Demnach haben Banken allein im Vorjahr Finanzierungen von 705 Milliarden Dollar für fossile Industrien vergeben. Knapp die Hälfte davon floss aber in Unternehmen, die fossil expandieren.
Alles selbst machen
Dienen Banken dem Menschen oder der Mensch den Banken? Das ist eine Frage, die in der kapitalistischen Gesellschaft längst entschieden ist. Wir alle haben den Umbau von Banken zu Online-Shops miterlebt. Wir sehen, wie sie ihre Filialen schließen, die Automaten zum Ein- und Auszahlen oft nicht funktionieren und ihre Dienstleistungen gegen Null gehen.
Vergangenes Jahr wollte ich – eine Woche vor Reiseantritt – Euro in Pfund wechseln und ging dazu in die Zentrale einer Bank. Dort wurde mir mitgeteilt, dass ich keine Pfund bekommen könne und man schickte mich in eine Wechselstube auf dem Stephansplatz. So sieht Dienstleitung aus. Wir machen also heute alles selbst: Überweisungen, Daueraufträge einrichten, ändern, stornieren, Belege produzieren. Und es kostet trotzdem mehr denn je.
Banken machen auch Parteipolitik
In den 1980er und 1990er Jahren war man der Ansicht, dass Banken, die dem Staat oder Kommunen gehören, privatisiert werden sollten. Das ist weitgehend geschehen. Die Österreichische Postsparkasse, die einzige Bank in diesem Land, bei der es ein wirkliches Gratiskonto gab, für das – bei einem bestimmten positiven Durchschnittssaldo – überhaupt keine Bearbeitungsgebühren verrechnet wurden, wurde verkauft. Die gehört heute einem US-amerikanischen Hedgefonds, der von einem früheren Finanzminister der republikanischen Partei gegründet wurde, der auch führender Financier und Verwalter der amerikanischen Waffenlobby ist.
Man war in den 1980er und 1990er Jahren der Ansicht, dass Privatisierung Betriebe und auch Banken unpolitisch macht. Das war ein gewaltiger Irrtum. Es war auch ein Irrtum vieler sozialdemokratischer Parteien – darunter auch die SPÖ. Banken machen Politik. Und es reicht ein oberflächlicher Blick auf die Tätigkeit der Raiffeisen Bank in Österreich, um festzustellen, dass Banken auch Parteipolitik machen. Die Raiffeisenbank betreibt Medien wie etwa den Kurier und das profil und diese Medien können daher nicht unabhängig sein, schon gar nicht, wenn sie über ihren Mehrheitseigentümer berichten. Eine profunde, sehr lesenswerte Analyse hat die Plattform kobuk mit dem Artikel “Die Raiffeisenshow im Kurier” gemacht.
Umverteilung nach oben
Doch Österreich ist da keine Ausnahme. Die meisten der früher österreichischen Banken gehören inzwischen ohnehin zu großen internationalen Bankengruppen. Sie benutzen ihre Macht und ihren politischen Einfluss auf die Politik. Die Politik wiederum sorgt dafür, dass die Banken auch in Krisenzeiten profitieren. Und das ist der Haken an der Staatshilfe für Banken: Jeder private Investor würde, wenn er ein Unternehmen unterstützt, das in Schwierigkeiten gerät, für den Fall, dass dieses Unternehmen wieder Gewinne macht, einen Anteil davon für sich beanspruchen. Klar, er hat sie ja durch seine Investition möglich gemacht. Hier haben die Staaten kläglich versagt. Oder sie wollten versagen. Denn Parteien, die ohnehin eine Umverteilung nach oben und eine Finanzierung der Reichen befürworten, lösen nur ihr Programm ein, wenn in einer Krise die Gehälter und Boni der Topmanager in Banken um ein Vielfaches steigen.
Schon 2009 schrieb der französische Ökonom Thomas Piketty: Heute helfen die Regierungen den Banken und großen Unternehmen wieder auf die Beine. Dadurch lässt sich die Depression verhindern. Da die geretteten Unternehmen aber nicht zur Rechenschaft gezogen werden, leistet dieser Anfall staatlicher Großzügigkeit häufig einer Umverteilung von unten nach oben Vorschub.
Die Ökologie des Einzelverbrauchers
Was die Ökologie betrifft, die Klima-Abkommen und Klimaziele, so betreiben die Regierungen der westlichen Staaten und auch Österreich hier ein doppeltes Spiel. Sie wollen den Verbrauch fossiler Energie drosseln und fördern gleichzeitig Großkonzerne und Banken, die den Ausbau der Förderung fossiler Energie finanzieren. Die grünen Parteien in Westeuropa haben darauf keine Antwort und dafür keinen Plan. Sie wälzen alle ökologischen Maßnahmen auf den Einzelverbraucher ab. Dieser solle auf Flüge verzichten, seine Heizung umbauen und sich ein überteuertes Elektroauto kaufen. Die Großindustrie und die Banken, die in viel höherem Maße für die Klimakatastrophe verantwortlich sind, machen sie aber mächtiger und mächtiger. Ein unsoziale Ökologie wird niemals ihr Ziel erreichen. Eine kapitalismusfreundliche Ökologie wird niemals ihr Ziel erreichen. Und sie will es auch in Wahrheit nicht erreichen.
Piketty beschließ seinen Artikel mit den Sätzen: Überlässt man ihn sich selbst, führt der Kapitalismus, weil zutiefst instabil und auf Ungleichheit angelegt, unweigerlich zu Katastrophen. Leider sieht es so aus, als brauchte es weitere Krisen, bevor die Regierungen sich dessen bewusst werden. Ich halte den letzten Satz für zu optimistisch und blauäugig. Die Regierungen wollen Krisen. Gerade in Krisen ist die Umverteilung nach oben einfacher möglich, wie wir am Beispiel der COFAG gesehen haben.
So blauäugig dürfen jene Parteien nicht sein, die für Gleichheit und gerechte Verteilung kämpfen. Die Sozialdemokratie muss erkennen, dass sie nur als anti-kapitalistische Bewegung ihre Ziele erreichen kann oder zumindest einmal ein paar Schritte in die richtige Richtung machen kann. Und die Grünen und Ökologieparteien müssen erkennen, dass sie nur als anti-kapitalistische Bewegung ihre Ziele erreichen können oder zumindest einmal ein paar Schritte in die richtige Richtung machen können. Wer die Umwelt retten will, muss auch den Mensch vor den Banken retten und Banken wieder zu dem machen, was sie einmal waren: Dienstleister.
Kobuk-Analyse zur “Raiffeisenshow im Kurier”
Titelbild: Miriam Moné