Über die Ständige Vertretung Russlands bei internationalen Organisationen wird seit vielen Jahren Spionage gegen Österreich und andere europäische Staaten betrieben. Nach ZackZack-Recherchen steht jetzt fest: Ein Spionage-Bauwerk am Dach der Vertretung wurde illegal errichtet. Die Wiener Baupolizei geht nun dagegen vor.
Die kleine Hütte ähnelt einem Gartenhäuschen. Sie steht aber nicht irgendwo im Grünen, sondern am Dach der Ständigen Vertretung Russlands bei den internationalen Organisationen in der Donaustadt. Im Inneren der Hütte gibt es statt Gartenwerkzeug technische Geräte, mit denen Agenten des Kremls seit Jahren wichtige Ziele in Wien und ganz Europa ausspionieren.
Das Dach des Diplomaten-Gebäudekomplexes wird seit Jahrzehnten mit Satellitenschüsseln, Antennen und Steuerungsgeräten bestückt. Vor allem seit 2014 nehmen die Aktivitäten zu. ZackZack hat zuletzt berichtet, dass die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) die Spionage-Station schließen und dazu Agenten des russischen Geheimdienstes SWR, die die Anlage betreiben, ausweisen will. 14 Personen seien davon betroffen. Das zuständige Außenministerium kommt der Empfehlung allerdings seit zwei Monaten nicht nach.
Spionage-Schwarzbau am Dach
Jetzt bringt die Wiener Baupolizei (MA 37) Bewegung in die Sache: Zwar seien die Satellitenschüsseln selbst – die teilweise einen Durchmesser von vier Meter haben – nicht bewilligungspflichtig, teilt die Behörde mit. Die MA 37 fand nun aber eine andere Möglichkeit, gegen die Anlage vorzugehen.
“Der Wiener Baupolizei ist der Zubau bekannt. Dieser ist nach Bauordnung bewilligungspflichtig, eine Bewilligung liegt derzeit nicht vor”, heißt es in einer Stellungnahme gegenüber ZackZack. Und weiter: “Die MA 37 ist in dieser Angelegenheit bereits tätig geworden und hat die Russische Föderation im Wege des Außenministeriums aufgefordert, den bewilligungswidrigen Zustand zu beseitigen.” Das entsprechende Schreiben der Wiener Baubehörde ging am 5. April 2024 an das Außenministerium. “Wir haben eine Übernahmebestätigung durch einen Vertreter der Russischen Föderation vom 7.4.2024”, teilt die MA 37 mit.
Wenn die Russische Föderation der Aufforderung der MA 37 nicht nachkommt, kann die Baupolizei einen “bescheidmäßigen Beseitigungsauftrag” erlassen. Ob dieser umgesetzt werden könnte, bleibt allerdings offen: Da es sich beim Gebäude der Russischen Föderation um den Sitz einer diplomatischen Vertretung handelt, “können keine Maßnahmen wie Strafverfahren oder Vollstreckungsmaßnahmen zur Durchsetzung von Abtragungsaufträgen gesetzt werden”, wie die MA 37 mitteilt.
Außenministerium zögert bei Ausweisungen
Um die Spionage-Station zu schließen, müsste deshalb nach der MA 37 endlich das österreichische Außenministerium (BMEIA) aktiv werden. Laut ZackZack-Informationen will die DSN 14 russische Diplomaten und Mitarbeiter ausweisen lassen, weil diese nach Staatsschutz-Erkenntnissen die Anlage bedienen und die Ergebnisse der Spionage an die SWR-Zentrale weiterleiten. Verantwortlich für die Ausweisungen wäre das BMEIA. Dort antwortete man ZackZack zuletzt nach Erscheinen des ersten Berichts über das SWR-Dach: “Wir können nicht nachvollziehen, auf welchen vermeintlichen Bericht Sie sich beziehen. Grundsätzlich gilt: Wenn Handlungen gesetzt werden, die nicht im Einklang mit der Wiener Diplomatenrechtskonvention stehen, so werden entsprechende Konsequenzen gezogen.”
Dass es sich bei der Hütte am russischen Gebäudedach nicht um einen harmlosen Schuppen, sondern um einen wesentlichen Teil der Spionage-Anlage handelt, hat in der Vergangenheit übrigens auch der Journalist Erich Möchel recherchiert. Das via Google Earth-Messung etwa 4,5 Mal 3,5 Meter große und über 3 Meter hohe Häuschen bestehe laut Möchel aus Holz und einer Verkleidung aus Kunststoff bzw. Glasfasern. Es sei so konzipiert, dass man damit etwa bestens die vier Kilometer entfernte UNO-City auskundschaften könne.
MA 37 und DSN wollen das jetzt beenden. Der Ball bleibt bis jetzt beim Außenminister liegen.