Freitag, November 8, 2024

Trump & Wlazny: Politik ohne Politiker

Die Medienbranche der oligarchisierten Gesellschaft setzt auf eine Rhetorik der Feindbilder und täuscht so vor, über Politik zu berichten. Der Diskurs, den die Demokratie braucht, bleibt auf der Strecke.

In der oligarchisierten Gesellschaft gehören Medien und Parteien Oligarchen oder sind von ihnen direkt oder indirekt abhängig. Während die Medien den Begriff der Politik und den Beruf des Politikers in Verruf zu bringen, versuchen sich Amtsanwärter als Nicht-Politiker darzustellen, als Quereinsteiger und unpolitische Menschen. Diese Entwicklung ist eine Gefahr für die Demokratie. Sie reduziert Politik medial und beraubt sie um ihre eigentliche Funktion, die Interessensvertretung.

Die Oligarchisierung der Medienbranche sorgt dafür, dass bei allem, was als Politik etikettiert ist, wirkliche Politik draußen bleibt. An den Haupt- und Nebenschauplätzen der Wahlkämpfe sind jene, die heute wirklich die Geschicke von Staaten lenken, nur an zwei Dingen interessiert: an groß inszenierter Unterhaltung und an Ablenkung.

Eine Partei ohne Politiker

Für Zweiteres sorgen oft unfreiwillig Figuren, die gar nicht bemerken, dass sie mit ihren persönlichen Ambitionen einem Zweck dienen, der den oligarchisierten Medien wichtig ist: Die Politik zu entpolitisieren. Partizipation und demokratische Mitbestimmung, Solidarisierung und die ernsthafte Diskussion politischer Maßnahmen zu unterbinden.

Dominik Wlazny ist einer davon. Die Medien, die seine sogenannte Bierpartei in jedem Artikel als links bezeichnen, müssen nun erstaunt feststellen, dass er gegen eine Vermögenssteuer ist. Sie müssen feststellen, dass die Bierpartei keine Partei ist, dass Wlazny auf vieles keine Antworten hat (außer: »Na, Sie stellen Fragen!«) und dass er – typisch für die oligarchisierte Gesellschaft – eine Partei ohne Politiker sein will. Nun, von einer Partei hinter ihm, ist ohnehin nichts zu merken, da ist er Donald Trump ganz ähnlich. Und Politiker pauschal zu diskreditieren, das ist die demokratiefeindliche Standardrhetorik, wie sie in den Boulevardmedien tagtäglich auf- und abläuft.

Die Entpolitisierer

Ja, überlassen wir die Politik den Biertrinkern, die Justiz den Weintrinkern und das Weintrinken den Grappatrinkern. Ebnen wir die Wege der Entpolitisierer, die das Parlament zur Quatschbude machen, die Justiz zum Tummelplatz der Parteien und die Medien zu jener Arena, in der das alles als Show verkauft wird.

Donald Trump hat es leichter denn je, mit jeder seiner Aussagen für weltweite Diskussionen zu sorgen. Anstatt nicht über seine letzte Aussagen zu berichten, müssen wir uns jetzt tagelang mit seinem jüngsten Sager beschäftigen, »I didn’t know she was Black until a number of years ago when she happened to turn Black and now she wants to be known as Black. So I don’t know, is she Indian or is she Black?«

Hundert Jahre Ruhe

Natürlich ist Donald Trump nicht unpolitisch: Seine Ziele sind ganz klar die einer dünnen reichen Oberschicht, die ihn dafür bezahlt, ihre Wünsche politisch umzusetzen. Dafür hat er freie Hand in der Unterhaltungsarena der Medien mit Aussagen zu punkten, die am meisten geklickt und gelesen werden: rassistische und frauenfeindliche Aussagen.

Ein Staat wie die USA, der auf der Ausbeutung anderer, ja auf der Auslöschung der Urbevölkerung eines ganzen Kontinents gründet, ist heute nicht weiter als damals. Um Columbus und die Mannschaft seiner drei Schiffe aufzuhalten, wären nur ein paar Bogenschüsse notwendig gewesen. Dann wäre vielleicht für weitere hundert Jahre Ruhe eingekehrt. Doch der angebliche Unternehmergeist jener Europäer, die in ihren Heimatländern nicht zurechtkamen, sich der angeblichen »Besiedelung« Amerikas widmeten und dafür bald auch Sklaven von anderen Kontinenten benutzten, hat den gesamten Kontinent überzogen.

Bis ins letzte Detail geplant

Trump ist ein Rassist. Und das ganz offen. Er will mit seinen jüngsten Statements nichts anderes, als die Rassisten und Frauenfeinde anzusprechen und ihnen ein Grinsen zu entlocken. Die Häme dieser Rhetorik ist nicht planlos, sondern durch und durch bis ins letzte Detail geplant. Auf solche Aussagen mit Empörung zu reagieren, ist nichts anderes, als den Troll weiter zu füttern.

In einer mehrheitlich rassistischen und frauenfeindlichen Gesellschaft kann nur wirkliche Politik eine Antithese zu Trump und der oligarchisierten Gesellschaft, für die erst steht, sein. Der Weg der wirklichen Politik und der wirklichen Demokratie ist mühsam und sie wird viele Niederlagen einstecken müssen. Es gibt aber keinen anderen Weg.

Man kann es ihnen leicht machen

Mit Bildung und Kultur, mit der Schulung kritischen, dialektischen Denkens, könnte man die Richtung vorgeben. Es ist klar, dass gerade das in der oligarchisierten Gesellschaft unterbleibt. Sie will uns einreden, dass es eine Politik ohne Politiker geben kann. Sie will uns einreden, dass das Abdrucken von Aussagen oder Interviews eines Politikers (der selbst behauptet gar kein Politiker zu sein) schon das Aufmachen politischer Nachrichten ist.

Rassismus und Frauenfeindlichkeit werden nicht nur den US-Wahlkampf bestimmen. Heute arbeiten schon mehr Strategen in den rechten Parteien daran, demokratischen Diskurs in den Medien und das wahrhaftige Berichten über Politik zu verhindern, als an der Rhetorik ihrer Kandidaten zu feilen. Man kann es ihnen leicht machen. Oder man hat eine Antwort darauf – dazu braucht man aber Parteien mit Politikern.


Titelbild: Miriam Moné

Autor

  • Daniel Wisser

    Daniel Wisser ist preisgekrönter Autor von Romanen und Kurzgeschichten. Scharf und genau beschreibt er, wie ein Land das Gleichgewicht verliert.

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