Samstag, Dezember 7, 2024

Trump-Vize Vance: Das Trojanische Pferd von Peter Thiel

Der Vizepräsidentschaftskandidat von Donald Trump, J.D. Vance, mag wie ein schrulliger, erzkatholischer Trump-Anhänger erscheinen. Doch Vance ist viel mehr. Hinter dem Senator aus Ohio steht eine Macht, die Amerika radikal umstrukturieren will – der Milliardär Peter Thiel.

J.D. Vance ist seit seiner Nominierung zum Trump-Vize ein Dauerthema in den USA. Der Mann, der Staatsbedienstete pauschal als „kinderlose Katzenladys mit miserablem Leben“ verunglimpfte und sich in der Vergangenheit als Trump-Gegner positioniert hat, fällt in der Öffentlichkeit derzeit durch irritierende Aussagen auf. In Wahrheit ist er aber die rechte Hand des Silicon-Valley-Milliardärs Peter Thiel.

Entfesselte Technikfantasien

Thiel ist einer der einflussreichsten Unternehmer der USA. Der rechtskonservative Milliardär, für den der österreichische Ex-Kanzler Sebastian Kurz arbeitete, träumt von einer Welt, die nicht nach demokratischen Grundsätzen, sondern nach der Pfeife von Technik-Tycoons tanzt. Der Staat und die Bürger spielen in seinen politischen Entwürfen nur eine untergeordnete Rolle. Staatliche Regeln und Steuern sollen den Innovationsphantasien von Tech-Milliardären nicht im Weg stehen.

Der Atlantic schreibt über Thiel: „Er sehnt sich nach einer Welt, in der große Männer frei sind, ihren Willen der Gesellschaft aufzuzwingen, ohne von der Regierung, von Vorschriften oder einer “Umverteilungsökonomie” eingeschränkt zu werden, die ihren Reichtum und ihre Macht beeinträchtigen würden – oder überhaupt irgendwelche Verpflichtungen gegenüber dem Rest der Menschheit. Er sehnt sich nach radikalen neuen Technologien und wissenschaftlichen Fortschritten in einem Umfang, den sich die meisten von uns kaum vorstellen können.”

Mit Trumps Vizepräsidentschaftskandidaten, James David Vance, hat Thiel einen Fuß in der Tür des Oval Office, sollte Trump die Präsidentschaftswahlen im November gewinnen. Denn der erfolgreiche und bekannte J.D. Vance ist ein Produkt von Thiel.

Trumps Vize ist Thiel-Vertrauter

Auf den ersten Blick erscheint der Senator aus Ohio der typische Ultrakonservative zu sein, der die Klaviatur der seit Trump zunehmend spaltenden Rhetorik der Republikaner bestens beherrscht. Immer wieder fuhr Vance scharfe Geschütze gegen den erklärten Hauptfeind der Trumpisten auf: Den angeblichen Deep State und die Eliten in Washington und im Silicon Valley. So erklärte er etwa, der Wahlsieg Trumps 2020 sei von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg gestohlen worden, der die Wahl mithilfe seiner Macht manipulierte.

In Wahrheit verkehrt Vance dank Thiel in elitären Kreisen. Als Vance 2011 in Yale eine Rede von Thiel gehört hatte, war er vom Tech-Milliardär fasziniert. “Wahrscheinlich die klügste Person, die ich je getroffen habe”, schwärmte Vance. Die beiden lernten sich kennen und aus dem noch unbekannten Vance machte Thiel in Windeseile eine bekannte Persönlichkeit.

Der Milliardär holte Vance in sein Investmentunternehmen “Mithril Capital” und half ihm, ein Netzwerk aufzubauen. Bald wurde er durch millionenschwere Investments Thiels in sein Unternehmen “Narya Capital” selbst zu einem Faktor in den Hinterzimmern der Technik- und Investmenteliten der USA. Thiel stellte Vance seinen ehemaligen Gefährten bei PayPal, David Sacks, vor, der sogleich eine Million Dollar in eine Vance-Kampagne investierte. Im Jahr 2021 organisierte der Tech-Milliardär im Trump-Anwesen in Mar-a-Lago ein Treffen zwischen dem Ex-Präsidenten und Vance. Nach dem Treffen äußerte sich der heutige Vizepräsidentschaftskandidat, der als Trump-Kritiker bekannt war, positiv gegenüber Trump und spielte den Sturm aufs Kapitol 2020 herunter. Außerdem unterstützte Thiel im Jahr 2022 Vances Wahlkampf zum Senator in Ohio mit 15 Millionen Dollar und öffentlichen Unterstützungsbekundungen. Amerikanische Medien bezeichnen Vance daher als Protégé von Thiel.

Die Vision der Achse Trump-Vance-Thiel lässt sich auf zwei Punkte hinunterbrechen: Die Ausschaltung erklärter Gegner in staatlichen Ämtern und Gerichten und die zügellose Entfesselung libertärer Staatsfantasien nach dem Geschmack von Peter Thiel, die gerade in Argentinien zu massiven sozialen Umwälzungen und dauerhaftem Krisenzustand führt. Der erste Punkt hat sogar schon einen Namen: Project 2025 – ein Plan, die Gerichte, das FBI und öffentliche Ämter zu schwächen und ausschließlich mit Trump-Loyalen zu besetzen. Das Bildungsministerium soll gleich ganz abgeschafft werden.

Zuletzt lief es jedoch für Thiel und Vance nicht nach ganz Wunsch. Der von ihnen unterstützte Kandidat Blake Masters verlor in Arizona zum zweiten Mal in Folge eine Wahl. Und Trump distanzierte sich nach dessen Absturz in Beliebtheitswerten öffentlich von Vance: „Historisch gesehen hat der Vizepräsident, was die Wahl betrifft, keinen Einfluss. Ich meine, praktisch keinen Einfluss… Es hat praktisch nie eine Rolle gespielt.”

Die Herren der Ringe

Peter Thiel will Trump diesmal nicht offiziell unterstützen. In einem Interview mit The Atlantic verriet der PayPal-Gründer was er von der ersten Präsidentschaft Trumps hielt: „Sie konnten nicht einmal die grundlegendsten Teile der Regierung zum Laufen bringen. Dieser Teil war vielleicht noch schlimmer als meine niedrigen Erwartungen.“

Doch der Silicon-Valley-Milliardär braucht Trump garnicht. Mit seinem Vertrauten Vance besitzt Thiel direkten Zugang ins Weiße Haus, sollte der Republikaner die Wahl gewinnen.   

Dann sind die Vereinigten Staaten im Begriff, eine Clique von Technologie-Schwärmern an die Schalthebeln der Macht zu lassen, die ihre Unternehmen nach Gegenständen der Fantasy-Reihe „Herr der Ringe“ benennt.

Der Daten- und Überwachungsriese „Palantir“, das mächtigste Unternehmen im Thiel-Universum, ist etwa nach einer schwarzen Kristallkugel des bösen Zauberers Saruman benannt. Thiel ist auch Investor im Drohnenunternehmen „Anduril“, benannt nach einem Schwert im Tolkien-Epos. Anduril entwickelt Killer-Drohnen, die keine menschliche Steuerung benötigen. Mit Mithril Capital ist auch eine Investmentfirma namentlich im Herr der Ringe-Reich angesiedelt. Doch die Herr der Ringe-Saga beschränkt sich nicht auf den Tech-Milliardär. Auch Vance hat eine seiner Firmen nach einem Ring aus Herr der Ringe benannt – Narya Capital.

Wie eng Fantasy und Realität bei Thiel verschwimmen, beweist seine Einstellung zum Tod. Dass wir alle sterben müssen, „ist etwas, das uns gesagt wird, das uns demotiviert, uns mehr anzustrengen“, sagte er dem Atlantic. Wie die Elfen in Herr der Ringe möchte er unsterblich sein. Die eine Frage nach der endgültigen Macht beschäftigt ihn: „Warum können wir keine Elfen sein”, fragt er.


Weiterführende Links:

San Francisco Standard über die Verbindung zwischen Thiel und Vance

Interview in The Atlantic

Politico über das Project 2025

Business Insider über Blake Masters Wahlschlappe

Forbes über die Verbindung zwischen Thiel und Vance

Titelbild: TIMOTHY A. CLARY / AFP / picturedesk.com

Autor

  • Daniel Pilz

    Redakteur bei ZackZack. Studierte Philosophie an der Uni Wien und schreckt auch vor komplexen Themen nicht zurück.

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