Montag, September 16, 2024

Sicherheitsrisiko „Kickl“ Teil 7: Soteria – die Zerstörung des BVT

2019 bekam das BVT eine letzte Chance. Aber das entscheidende Dokument wurde geleakt. Danach war das BVT tot.

Anfang 2019 stand das größte Fiasko des BVT im Berner Club noch bevor. Kurz nach dem „freiwilligen“ Rückzug des BVT aus den Club-Arbeitsgruppen war vereinbart worden, dass die Datensicherheit des BVT durch ein Team des Clubs evaluiert würde. Am 13. März 2019 kam das Team der „Soteria“-Gruppe des Clubs nach Wien. Unter der Führung des Vertreters des Londoner MI5 überprüften britische, deutsche, schweizerische und litauische Experten das BVT.

Im Herbst sandten sie ihren Bericht mit einem Vermerk an das BVT: „Dieser Bericht darf nicht außerhalb des Clubs weitergegeben werden, er muss sicher aufbewahrt werden und darf nicht in ein mit dem Internet verbundenes Netzwerk eingescannt werden.“

Am 11. November 2019 verkündete Redakteur Richard Schmitt stolz: „ÖSTERREICH hat die gesamte 25-seitige Zusammenfassung der Analyse, inklusive aller Grafiken und Fotos.Schmitt schrieb: „Das vom ‚Berner Club‘ – einer im Geheimen agieren- den Verbindung aller wichtigen Nachrichtendienste Europas – in Auftrag gegebene umfassende ‚Security Assessment of BVT‘ hätte nie an die Öffentlichkeit gehen sollen.“ Der von der Kronen Zeitung wegen „Ibiza“ hinausgeworfene FPÖ-Vertrauensjournalist wusste genau, was er tat.

Damit war der GAU eingetreten. Das BVT wurde sofort aus allen Arbeitsgruppen und aus allen sensiblen Bereichen der Zusammenarbeit zwischen den europäischen und amerikanischen Diensten ausgeschlossen.

Wie konnte das passieren? Zum Soteria-Bericht „Security Assessment of BVT” hatten nur wenige BVT-Mitarbeiter Zugriff. Gridling und seine Beamten wussten, dass diesmal nichts schiefgehen durfte. Der BVT-Direktor beschloss, Peter Goldgruber als Kickls Generalsekretär nur mündlich zu informieren. „Aber der Generalsekretär ließ nicht locker. Anlässlich eines Informationsgesprächs forderte er nachdrücklich den schriftlichen Bericht, und schließlich händigte ihm einer der Mitarbeiter die Kopie aus. Zwei Tage später schrieb Richard Schmitt genüsslich über den Bericht und veröffentlichte Kopien einzelner Teile desselben.“

Die Folgen für das BVT waren verheerend. Bis in den Dezember 2021 blieb es aus den Arbeitsgruppen des Berner Clubs ausgeschlossen. Erst mit der Neugründung der „Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst – DSN“, einer neuen Führung und neuen Datensicherheitssystemen bekam der österreichische Verfassungsschutz international eine neue Chance.

Bewusste Zerstörung durch FPÖ?

Ist das alles unter Innenminister Kickl einfach „passiert“? Verdankt das BVT seine Zerstörung einer Verkettung unglücklicher Zufälle?

2019 waren die Schäden gewaltig. Vom Einsatzbereich „Rechtsextremismus“ bis zum islamistischen Terrorismus hatten rund 390 Informanten als „Quellen“ dem BVT als Augen und Ohren gedient. Durch den Verrat der „Zentralen Quellenbewirtschaftung“ waren Quellen und verdeckte Ermittler in höchstem Maße gefährdet. In der Folge wurden alle 390 Quellen und mit ihnen 15 „VE“ – verdeckte Ermittler – des BVT aufgegeben. Insbesondere im Bereich Rechtsextremismus konnte niemand mehr ausreichend für ihre Sicherheit garantieren. Das BVT hatte sich von Kickls Angriff nie mehr erholt.

Die Abfolge der Ereignisse deutet auf ein geplantes Vorgehen hin:

-Versuch durch Kickls Generalsekretär Goldgruber, die Namen der verdeckten Ermittler im Bereich „Rechtsextremismus“ zu beschaffen

-Angriff auf das BVT durch die gesetzwidrige Hausdurchsuchung

-Gezielte Durchsuchung des Extremismusreferats

-Unbefugte Kopie von Neptune und Zentraler Quellenbewirtschaftung

-Gezielter Verrat des SUPO-Dokuments

-Verrat des Soteria-Berichts an einen FPÖ-nahen Journalisten möglicherweise durch Goldgruber selbst.

-Nach den ersten „Vorfällen“ war das BVT schwer beschädigt. Nach dem Soteria-Verrat war es zerstört.

Die Welt am Sonntag berichtete am 18. Mai 2019: „Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, sieht erhebliche Risiken in der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit mit Österreich. Hintergrund ist die Annahme, dass Österreich geheime Informationen, die es von eigentlichen Partnerländern wie Deutschland erhält, missbräuchlich verwenden und womöglich an Russland weiterleiten könnte.“

Dazu mehr morgen in Sicherheitsrisiko „Kickl“ Teil 8.


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Titelbild: Christopher Glanzl / ZackZack – Logo BVT/ Montage

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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