Donnerstag, September 19, 2024

Randnotizen: Koste es, was es wolle

Mit dem Subventionieren von Milliardären und Großbetrieben und dem Wahlspruch »Koste es, was es wolle«, hat die ÖVP in den letzten sieben Jahren die Österreichische Wirtschaft ruiniert. Sogar die rechts-konservativen Medien, die für die ÖVP Wahlwerbung machen, geben das zu.

Menschen in Österreich mit kleinen und mittleren Einkommen wissen längst, dass sie der Regierung nicht trauen können. In der sogenannten Corona-Krise hat die ÖVP, die nun seit fast sieben Jahren regiert, konsequent in eine Richtung gehandelt: Staatliche Förderung von Reichen und Erhöhung hoher Einkommen durch Steuerentlastung; Entwertung kleiner und mittlerer Einkommen durch Teuerung und hohe Inflation.

So weit wäre es nicht gekommen, hätten die Grünen ab Herbst 2019 nicht dabei mitgemacht. Doch in Wahrheit haben sie die Richtung der ÖVP-FPÖ-Koalition fortgesetzt; nur noch viel radikaler. Der Wahlspruch »Koste es, was es wolle« zeigt, wie kurzfristig ÖVP und Grüne gedacht haben – nur bis zum Ende der Legislaturperiode. Typisch für die zeitgenössische Kurzsicht in der Politik. Sie haben eine Teuerung ausgelöst, die in Österreich weit über der im Euro-Raum liegt und damit die Kaufkraft der Kleinen und Mittleren massiv geschwächt hat. Zum Hohn hat Vizekanzler Kogler die Benennung dieses politischen Wahnsinns dann auch noch als »Jammern auf hohem Niveau« bezeichnet.

Österreichs Wirtschaft liegt darnieder – regiert von einer »Wirtschaftspartei«. Es ist aber bezeichnend, dass die rechts-konservativen Blätter, die einerseits die Werbetrommel für die ÖVP rühren, auf der anderen Seite das Scheitern dieser Partei offen zugeben. Jeannine Hierländer am 6. September in Die Presse:

Auch wenn die Inflation im August auf 2,4 Prozent zurückgegangen ist, bleiben Narben aus zwei Jahren mit extremer Teuerung. Denn eine niedrigere Inflation bedeutet ja nicht, dass die Preise sinken – sondern nur, dass sie nicht mehr so schnell steigen. Das hohe Preisniveau bleibt. Und auch die Unterschiede zu den Nachbarn: Seit April 2021 stiegen die Verbraucherpreise in Österreich um 21 Prozent, in der Eurozone um 18 Prozent. An sich kein großer Graben, aber: die Tariflöhne stiegen in Österreich um satte 21 Prozent, während sie in der Eurozone lediglich um elf Prozent zulegten. Denn nicht überall ist es Usus, die Löhne mit der Inflation anzuheben, wie es in Österreich gehandhabt wird.

Und Johanna Hager schreibt am 8. September im KURIER:

Es ist unerklärlich, dass angesichts einer sukzessive schrumpfenden Wirtschaft (das reale Bruttoinlandsprodukt sank zum fünften Mal in Folge und liegt bei minus 0,6 %), einer konstant hohen Arbeitslosenrate (im August waren 352.200 Personen ohne Job und damit um 10 % mehr als im Vorjahresmonat), schlechter Laune in Führungsetagen (laut „CEO-Stimmungsbarometer“ glauben 81 Prozent nicht, dass sich der Wirtschaftsstandort Österreich in die richtige Richtung entwickelt) und eingedenk eines Nettofinanzierungssaldos von 13,7 Milliarden Euro niemand das Wort „Sparpaket“ laut ausspricht.

Nun will der KURIER offensichtlich das Kind nicht beim Namen nennen. Man will weder sagen, wer Österreich seit Jahren regiert, noch wer es ist, der sich gegen ein Sparpaket ausgesprochen hat. Dabei stand es am 4. August auch im KURIER: Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sieht keine Notwendigkeit für ein Sparpaket nach der Nationalratswahl.

Glaubt man allen Ernstes, dass bei hohen Zinsen und einer rasanten Teuerung, Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen mehr ausgeben können? Glaubt man allen Ernstes, dass Milliardäre und Großkonzerne, wenn sie von der Regierung mit hohen Subventionen bedacht werden, ans Investieren denken? Selbst die ÖVP-Apologeten in Der Standard glauben das nicht, und bekennen, was die Sozialdemokratie im Wahlkampf sagt: Dass staatliche Lenkung nötig ist. András Szigetvari am 6. September in Der Standard:

Für die kommende Regierung wird sich damit die Frage stellen, ob es nicht doch einen staatlichen Impuls zur Ankurbelung der Wirtschaft brauche – und wenn ja, wie.

Über eine Vermögenssteuer können nicht nur übermäßige Förderungen von Milliardären und Großbetrieben zurückgeholt und gerechter verteilt werden; auch schafft der Staat damit endlich für sich ein Mittel, in Krisen wirksam zu regulieren und auch Verluste und Belastungen human und egalitär zu verteilen. Das ist keine »Steuererhöhung«, wie es Hans Rauscher in Der Standard nennt, sondern ein Schritt, um die chronische ausgabenseitige Überbelastung des Staatshaushalts zu beenden.

Freilich ist es nötig zu erkennen, dass das Konzept der Reichenförderung nicht nur das Konzept der Kurz-Schallenberg-Nehammer-ÖVP (und wer auch immer der nächste sein wird), sondern vor allem der FPÖ ist. Und damit muss parteipolitisch klar sein, wer für eine Stabilisierung des Staates und Prosperität unter staatlicher Lenkung der Wirtschaft steht, und wer auf der anderen Seite auch noch den Rest des Landes verscherbeln und Arbeitslosigkeit und Verarmung weiter vorantrieben will.


Titelbild: ROBERT JAEGER / APA / picturedesk.com

Autor

  • Daniel Wisser

    Daniel Wisser ist preisgekrönter Autor von Romanen und Kurzgeschichten. Scharf und genau beschreibt er, wie ein Land das Gleichgewicht verliert.

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