Über Jahrzehnte war Österreich bei Klimaschutzmaßnahmen säumig. Welche Politiker haben Schuld daran? ZackZack präsentiert eine Auswahl an Verantwortlichen – von Wolfgang Schüssel bis Heinz-Christian Strache.
Während die Menschen in Niederösterreich mit den Folgen und Schäden des Jahrhunderthochwassers kämpfen, gerät die Flutkatastrophe zunehmend in den Fokus der Politik. Am Mittwoch wurde im Parlament im Zeichen der Hochwasserhilfe debbatiert, dahinter liegt freilich aber ein noch fundamentaleres Thema: Die Klimapolitik und ihre Folgen.
Experten betonen in diesen Tagen einmal mehr den Zusammenhang des (menschengemachten) Klimawandels mit Extremwetter wie in Tschechien, Polen und eben Österreich: So sorgen die immer wärmeren Meere und die Atmosphäre dafür, dass immer größere Wassermengen in die Luft gelangen, die am Ende auch wieder herunterkommen müssen. Selbstverständlich ist ein kleines Land wie Österreich nicht allein schuld an der globalen Erderwärmung, wenn aber niemand seine Hausaufgaben erfüllt, kann sich nie etwas zum Besseren verändern. Und seine Hausaufgaben hat Österreich über Jahrzehnte nicht erfüllt: Von der Einwohnerzahl liegen wir von 193 Ländern an 93. Stelle; beim Emissionsausstoß am weit überdurchschnittlichen Platz 53.
Wer also hat Schuld an der schlechten Bilanz? Wenn es um das Versagen in der Klimapolitik geht, kann man die Verantwortlichen natürlich nicht nur in der Gegenwart suchen. ZackZack hat deshalb im Archiv gegraben und einige Entscheidungsträger und ihr Versagen herausgearbeitet – freilich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Martin Bartenstein
Als Martin Bartenstein im Jahr 1995 Umweltminister für die ÖVP wurde, war der Klimawandel und seine Gefahren gerade in den Fokus globaler Politik gerückt. Bartenstein hätte jener Minister sein können, der wegweisende Reformen einleitet und vorantreibt, am Ende war aber das Gegenteil der Fall. Zunächst gab der Industrielle noch vor, ein Klimakämpfer zu sein: “Globale Bedrohungen wie der Klimawandel brauchen globale Lösungen. Dennoch muss lokal gehandelt werden”, hieß es nach dem Klimagipfel von Kyoto 1997. Mit dem schwarz-blauen Regierungswechsel wurde Bartenstein dann Wirtschaftsminister und arbeitete fortan gegen seine eigenen Lippenbekenntnisse. Statt, wie von ihm in den 90ern immer wieder beteuert, den Co2-Ausstoß bis 2005 um 20 Prozent zu reduzieren, steigerte Österreich seine Emissionen gegenüber 1990 sogar um 18 Prozent und verstieß gegen die sogenannten Toronto-Ziele. “Es ist nicht alles gelungen, was gelingen hätte sollen”, gab sich der ÖVP-Minister damals in Interviews kleinlaut. Eine Untertreibung.
Viktor Klima
2022 wurde unter der türkis-grünen Regierung die ökosoziale Steuerreform eingeführt – eine Maßnahme, die von Wirtschaftsforschern wie Klimaschützern lange gefordert wurde. Eigentlich hätten schon ein Vierteljahrhundert zuvor, im Jahr 1999, ähnliche Schritte gesetzt werden können, doch die damals angedachte Ökosteuer scheiterte letztlich am Njet der SPÖ und Kanzler Viktor Klima, der bereits auf die nahenden Nationalratswahlen schielte. Deutschland hingegen führte zu jener Zeit Ökosteuern ein, die sich als Erfolg erwiesen. Im Musterland Schweden führte man diese bereits in den frühen 1990ern ein. Dass sich Klima 1997 in gelben Gummistiefeln bei der damaligen Hochwasserkatastrophe inszenierte, in der Umwelt- und Klimapolitik jedoch nichts Substanzielles hinterließ, zeugt von der populistischen Betonierer-Haltung, die den Sozialdemokraten über Jahrzehnte immer wieder anhaftete.
Wolfgang Schüssel
Manche nannten ihn Schweigekanzler, andere Wendekanzler – man könnte Wolfgang Schüssel aber auch als Kanzler der heißen Luft bezeichnen. Unter Schüssels Regierungszeit von 2000 bis 2007 verbuchte Österreich nämlich die höchsten Emissionswerte der letzten 30 Jahre. Auch sonst war die Bilanz verheerend: Die Jahrhundertflut von 2002 brachte kein einschneidendes Umdenken, Österreich verfehlte mit Anlauf die Toronto-Ziele und ebnete den Weg für ein Scheitern an den späteren Kyoto-Ziele – für die man letztlich hunderte Millionen Euro an Strafzahlungen berappen musste. Dabei war Schüssel grundsätzlich intelligent genug, um Österreichs Probleme zu identifizieren: 2002 räumte er in einem Kurier-Bericht beispielsweise ein, “dass speziell der Verkehr das “große Sorgenkind” im Sinne der Nachhaltigkeit sei. Die Eisenbahn sei für die Wirtschaft aber unattraktiv und teuer.” Es blieb bei heißer Luft, sehr viel heißer Luft.
Heinz-Christian Strache
14 Jahre lang stand Heinz-Christian Strache an der Spitze der Freiheitlichen und schaffte es, aus der ausländerfeindlichen Partei auch eine Partei von Klimawandelleugnern und Wissenschaftsfeinden zu formen. Unter Strache wurde etwa eine gewisse Susanne Winter Umweltsprecherin, die die Probleme durch den Klimawandel 2015 als “Lügengebäude” bezeichnete; ein Jahr später meinte Straches Vize Manfred Haimbuchner dann, dass ihm Klimaschutzmaßnahmen “auf den Keks” gehen würden. Verkehrsminister Norbert Hofer führte 2018 unter FPÖ-Regierungsbeteiligung Tempo 140 ein – die blaue Antwort auf das evidente, österreichische Verkehrsproblem. Und auch Strache selbst zweifelte stets den menschengemachten Klimawandel und seine Ausmaße an. Sein Weg wird heute fortgesetzt: Parteichef Herbert Kickl spricht konsequent von “Klimahysterie”, Harald Vilimsky trat zuletzt am noblen US-Klimaleugnerkongress auf, als Niederösterreich gerade geflutet wurde.
Sebastian Kurz
Als “Putins nützlichen Idioten” bezeichnete der renommierte britische Economist Österreich nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine. Der Grund: Österreichs enorme Abhängigkeit vom russischen Gas. Während sich andere Länder längst von Putins Energieabhängigkeit gelöst haben, autarker werden und erneuerbare Energiequellen forcieren, bleibt Österreich bis 2040 vertraglich an Russlands fossile Brennstoffe gekettet, obwohl man bis dahin eigentlich klimaneutral werden möchte. Die “Take or pay”-Klausel sieht vor, dass Österreich Gazprom bezahlen muss, selbst wenn wir das Gas nicht wollen. Zu verdanken ist das allen voran Sebastian Kurz, der 2018 im Bundeskanzleramt gemeinsam Putin die Unterzeichnung des Deals durch OMV-Chef Rainer Seele beäugte. Der genaue Inhalt des Vertrags bleibt der Öffentlichkeit bis heute verborgen.
Karl Nehammer
Die Konservativen kochten vor Wut, als Klimaministerin Leonore Gewessler dem EU-Renaturierungsgesetz heuer im Juni mit ihrer Stimme zum Durchbruch verhalf. Die ÖVP – und allen voran der Bauernbund – hatte sich jahrelang gegen die Reform gewehrt. “Gewessler hat Rechtsbruch begangen”, schäumte Kanzler Karl Nehammer, die ÖVP brachte sogar Strafanzeige gegen die Ministerin ein. Vergebens: Die WKStA leitet kein Verfahren gegen die Grüne ein, wie in der Vorwoche bekannt wurde. Dafür sehen Experten die Renaturierung als entscheidende Maßnahme gegen Katastrophen wie das Jahrhunderthochwasser in Niederösterreich. Im übrigen waren längst nicht alle konservativen EU-Länder gegen das Gesetz – Nehammers Parteikollegen in Tschechien, Slowenien, Kroatien oder Griechenland stimmten dafür.