Herbert Kickl wird Lokomotivführer, und Karl Nehammer kann endlich wieder einen Nachtmarsch machen. Das könnte der Anfang eines Neubeginns sein, auch, weil Kickl plötzlich eine peruanische Flagge am Revers trägt.
Hinter der Tapetentür in der Hofburg versteckt sich das Büro des Bundespräsidenten. Meist geht er gleich nach links zu seinem Schreibtisch, wo er rauchen kann. Der kürzeste Weg führt von der Tür zu einem kleinen Tisch, an dem der Bundespräsident Gäste empfängt. Dort ist Herbert Kickl vor kurzem erstaunlich lange gesessen. Vielleicht haben die beiden auch erörtert, warum Kickl statt der österreichischen oder der russischen eine peruanische Flagge am Revers getragen hat.
Ich weiß nicht, was die beiden im Detail besprochen haben, aber ich kann mir einiges zusammenreimen, weil ich gehört habe, was nachher passiert ist.
Herbert Kickl ist schnurstracks zurück in sein Büro, hat seine wichtigsten Leute zu sich gerufen und hat beiden gesagt: „Ich werde Lokomotivführer!“ Sie haben ziemlich geschaut.
Höferl hat dann gesagt „Ich geh mit!“, aber Kickl hat das zurückgewiesen: „Der Bundespräsident hat mir gesagt, dass vorne in der Lokomotive nur Platz für einen ist!“
Hafenecker hat sich gefreut: „Ich mach ein Fotogeschäft!“ Eine Viertelstunde später war im Büro fast alles leer.
40 Kilo
Von den anderen hat es Karl Nehammer als Erster erfahren, weil das sein Job ist. „Ich gehe zurück. Da machen wir dann einen Nachtmarsch, 40 Kilo Marschgepäck, eins, zwo!“ Stocker war auch gleich weg, er hat auch einen Beruf, in den er zurückkann. Nur Laura Sachslehner…
Das ist ein schöner Anfang. Vielleicht fragen sich einige, was mit den anderen passiert? Nun, Andreas Babler könnte Parteitagsobmann werden und von Ortspartei zu Ortspartei fahren und dort begeisternde Reden halten. Werner Kogler hätte endlich Zeit für etwas anderes, aber ich würde ihn nicht danach fragen, weil die Antwort sehr lange ist und zum Großteil andere Fragen behandelt. Nur Beate Meinl-Reisinger würde so bleiben wie sie ist und mit großer Bestimmtheit etwas sagen.
Der Grund
Zu dieser Geschichte bin ich aus einem Grund gekommen, doch bevor ich den verrate, will ich noch eines festhalten: Wenn alle das täten, was sie wollten, dann könnte doch genau das geschehen, was ich oben geschrieben habe? Oder?
So, jetzt zum Grund. Er stammt von gestern Abend. Da habe ich mir überlegt, was ich heute schreibe, und da ist mir etwas aufgefallen: Ich kann mich an fast nichts aus dem Wahlkampf erinnern. Was wollten die eigentlich?
Bei Babler war es die Kindergrundsicherung mit Reichenbesteuerung. Bei Kogler war es das Klima. Bei Kickl und Nehammer ist es um Ausländer, den Standort und uns gegangen. Meinl-Reisinger wollte Bildung und keine neuen Steuern. Vor dem Hochwasser haben sie sich alle angegiftet, nachher waren sie eher nett. Mehr ist bei mir nicht hängengeblieben.
Was hätte ankommen können?
Was wollten die eigentlich wirklich von uns? Ja, es hat viele Programme gegeben, und konkrete Vorschläge auch jede Menge. Aber angekommen ist diesmal fast nichts. Auch daher ist es so ausgegangen.
Was hätte ankommen können? Stellen wir uns vor, da hätte jemand mit Sachverstand und Überzeugung erklärt, wie er es besser machen will, ohne die alten Sprüche von Leitkultur, Standort und Neutralität. Er oder sie hätte versucht, Fragen zu beantworten, nicht nur aus Höflichkeit, sondern weil er oder sie es gekonnt hätte und jede Frage ein Anlass gewesen wäre zu zeigen, dass es geht, dass man Probleme in einem kleinen, reichen Land wie Österreich besonders gut lösen kann.
Ja, den Klimawandel hält man so nicht auf. Aber man ist vielleicht stolz, eine Kettenreaktion in eine gute Richtung gestartet zu haben, wie damals bei Zwentendorf. Um solche Weggabelungen geht es, wo es plötzlich in eine neue Richtung geht und etwas besser wird.
Dieses Gefühl, aus einer Krise heraus einen neuen Weg zu finden, hat mich zu den Grünen geführt. Das ist fast vierzig Jahre her.
Jetzt ist es wieder einmal Zeit, auch, damit Herbert Kickl ein besonders guter Lokomotivführer wird.