185.000 Menschen waren gestern vor den Waldbränden in Sonoma County in Kalifornien auf der Flucht. Auf 100 Quadratkilometer breiten sich die Flammen aus. Die Feuerwehr ist machtlos. 700 Kilometer vor Portugal hat sich vorgestern ein Hurrikan gebildet. Dieser zog aber in Richtung Atlantik. Vor nur drei Wochen wurden Teile der Azoren von einem Hurrikan verwüstet. Warum das Wetter immer mehr verrückt spielt.
Wien, 29. Oktober 2019 / Was haben die drei Ereignisse in Kalifornien, im Atlantik und an der Küste Portugals miteinander zu tun? Auf den ersten Blick nicht viel. Auf den zweiten Blick sehr viel. Denn alle drei sind Ereignisse, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit direkt mit dem Klimawandel zusammenhängen und sie alle brechen bisherige Rekorde.
Feuersaison wird länger und intensiver
Im Westen der USA hat es immer schon eine „Feuersaison“ gegeben. Waldbrände sind Teil des natürlichen Kreislaufs. Der Kinofilm von 1952 „Die Feuerspringer von Montana“ (Originaltitel: Red Skies of Montana) legt ein Zeugnis davon ab. Doch die „Saison“ hat sich zum Teil dramatisch verändert. Der Westen der USA und damit auch Kalifornien wird immer trockener. Die Winter werden kürzer. Es fällt immer weniger Niederschlag in Form von Schnee in den Rocky Mountains. Der für das Klima wichtige Wasserspeicher Schnee wird immer kleiner. Damit fehlt in immer mehr Gegenden im Sommer und Herbst das Wasser. Das betrifft nicht nur die Menschen in den Ballungsräumen, sondern eben auch die Natur selbst. Die Waldbrände werden größer. Spezielle Wetterlagen mit trockenen und heißen Winden tragen dazu bei.
Notstand ausgerufen
Derzeit brennen drei große Feuer in Kalifornien und an der Pazifikküste von Mexico. Seit heute bedroht auch ein weiteres Feuer ein Prominentenviertel der Millionenmetropole Los Angeles. Die Menschen wurden aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. Die Feuerwehr ist chancenlos. Im Nordwesten Mexicos wurden durch starke Buschfeuer mehrere Menschen verletzt und drei getötet. Der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom musste gestern den Notstand für den ganzen Bundesstaat ausrufen.
Hightech-Staat ohne Strom
Eine Million Menschen sind derzeit ohne Strom, denn die Elektrizitätsgesellschaft Pacific Gas & Electric sah sich auf Grund der Trockenheit gezwungen, den Strom vorsorglich abzuschalten, um weitere Feuerausbrüche durch umstürzende Strommasten zu verhindern. Die „billige“ Strominfrastruktur auf primitiven Holzmasten und fehlende Investitionen in die Anlagen beginnen teuer zu werden. Es gibt kaum sichere Stromleitungen unter der Erde. Gouverneur Gavin Newsom hat angekündigt, das Unternehmen für die wirtschaftlichen Schäden und für die Kosten fortan zur Kasse zu bitten.
Hurrikan-Saison in Europa?
Szenenwechsel: 700 Kilometer vor der Küste von Portugal hat sich ein Hurrikan gebildet. An einer Stelle, an der es eigentlich keine tropischen Stürme geben kann! Das Wasser sollte dort viel zu kalt sein. Dennoch hat sich Pablo auf Grund einer ganz besonderen Wetterlage über „relativ“ kaltem Wasser gebildet. Die Temperaturdifferenz zwischen dem Wasser und der Luft war hoch genug. Der Sturm ist in den Atlantik hinausgezogen und hat sich zu einem „einfachen“ Sturm abgeschwächt. Anfang Oktober wurden Teile der Azoren von einem Hurrikan schwer getroffen. Ein seltenes Ereignis, denn so weit östlich bilden sich sonst keine Tropenstürme. Zwei sehr ungewöhnliche Ereignisse, zeitlich sehr nahe beieinander, die es bisher in der dieser Form nicht gab. Beide haben mit ungewöhnlich hohen Temperaturen zu tun.
Klimakatastrophe hat einen Preis
Der Klimawandel ist unbestritten. Doch was sind die Auswirkungen? Naturkatastrophen sind letztlich ein guter Indikator. Gegen diese Ereignisse kann man sich nämlich versichern lassen. Und damit haben sie einen Preis. Der größte Rückversicherungskonzern der Welt (Munich RE, red.), bei dem sich andere Versicherungen auf ihr Risiko rück-versichern lassen können, gießt seit 40 Jahren den Klimawandel in nackte Zahlen. In die Risikobewertung fließen dabei nicht nur Naturereignisse, sondern auch Fragen der Sicherheit, z.B. der Migrationsdruck, der durch die Klimakatastrophe entstehen wird.
Schäden werden immer höher
Für 2017 wurden die Schäden, die durch Stürme, Erdbeben und Überschwemmungen verursachten wurden, mit 330 Milliarden Dollar beziffert. Nicht alles wurde dabei durch den Klimawandel verursacht. 2005 betrug die Schadensumme noch 50 Milliarden. So sieht die “Münchner Rück” 2017 nicht mehr als Ausreißer, sondern als den Normalfall an. Ein weiteres Beispiel: Die Europäische Kommission hat errechnet, dass zwischen 1980 und 2011 mehr als 5,5 Millionen Menschen in der EU Opfer von Überschwemmungen wurden und dadurch ein direkter wirtschaftlicher Schaden von über 90 Milliarden Euro verursacht wurde.
Offizielle Zahlen sind nur Bruchteil
Dabei darf man nicht außer Acht lassen, dass viele Schadenfälle gar nicht versichert sind. Vor allem in Asien gibt es laut “Münchner Rück” nur eine sehr geringe Versicherungsdichte und Staaten sichern sich gegenüber Naturkatastrophen im Regelfall gar nicht ab. Hier bleiben die Betroffenen und die Allgemeinheit auf den Kosten sitzen. Somit sind diese Kosten meisten gar nicht offiziell ausgewiesen. Spannend: Der Mensch passt sich offenbar besser an die Katastrophen an. Die Zahl der Todesopfer ist seit Jahren rückläufig.
(sm)
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