Freitag, März 29, 2024

Zeitbombe Iran – Putsch, Zusammenbruch, Massensterben oder alles?

Putsch, Zusammenbruch, Massensterben oder alles?

Aus dem Iran dringen immer mehr beunruhigende Meldungen. Das Coronavirus dürfte sich unkontrolliert im ganzen Land verbreiten. Koordinierende Maßnahmen fehlen fast vollständig. An manchen Orten bilden sich Bürgerwehren, viele Bewohner in Teheran leben in selbst gewählter Quarantäne. Dazu kommt: Die Quellenlage ist unübersichtlich, weil das Regime Vertuschung als oberstes Gebot sieht. Dazu kommen der katastrophal eingebrochene Ölpreis, die Wirtschaftssanktionen der USA und es gibt Gerüchte, dass die Revolutionsgarden bereitstehen die Macht gewaltsam zu übernehmen.

Wien, 13. März 2020 / Das Coronavirus hat den inneren Zirkel der Macht im Iran erreicht und schlägt gnadenlos zu: 12 Tote und 43 infizierte Personen im Parlament. Das berichtete das Nachrichtenprotal Iran International vor zwei Tagen. Aktuell soll auch ein Mitarbeiter des Büros von Revolutionsführer Khamenei, Mohammad Javad Irvani, am Virus erkrankt sein. Khamenei selbst ist seit rund zwei Wochen von der Bildfläche verschwunden. Seine letzte öffentliche Ansprache dürfte, wie aufgrund der grünen Landschaft im Hintergrund erkennbar ist, schon nicht mehr in Teheran stattgefunden haben. Die iranische Führung ist alt – sie zählt fast durchwegs zur Risikogruppe.

Totschweigen als tödliche Strategie

Über einen langen Zeitraum wurden Meldungen zur Ausbreitung des Coronavirus im Iran vertuscht, dementiert und verschwiegen. Das Regime wollte unbedingt die Parlamentswahlen am 21. Februar abhalten. In den Wahllokalen sah man bereits viele Menschen mit Schutzmaske, die Wahlbeteiligung war niedrig, dass das Virus im Land ist, war damals aber nur ein Gerücht. Von offizieller Seite wurde dementiert und geschwiegen. Das rächt sich offenbar nun umso mehr.

Insidern zufolge sollen sich vor allem Bankmitarbeiter sowie Ärzte und medizinische Personal mit dem Virus infiziert haben. Der enge Austausch zwischen dem Iran und China hat offenbar auch dazu geführt, dass die Führungsriege des Mullah Regimes besonders von der Krankheit betroffen ist. Aber auch Studenten aus China sollen das Virus zusätzlich eingeschleppt haben. Das bleibt aber Spekulation, mittlerweile ist das Virus unkontrolliert im Land.

Massengräber

Die Folgen sind unübersehbar: Täglich werden die Bilder aus dem Iran dramatischer. Tote und Massengräber sind keine Einzelphänomene mehr. Das folgende Video zeigt den Friedhof „Behesht e Reza“ in Shushtar, einer Stadt in der Provinz Chuzestan im Südwesten des Iran.

Übersetzung:

  • Dieser Teil ist für Corona-Tote..
  • Das sind viele…..das sind sehr viele…
  • Fragen wir den Mann, der gerade gräbt, ob es sich um einen Corona-Fall handelt
  • Ich filme jetzt heimlich.. gehen wir hin
  • Hallo
  • Sind das alle Corona-Fälle?
  • Ja
  • Wie viele bringen sie täglich her?
  • Es kommt darauf an… 4-6

Volle Leichenhallen

Das folgende Video stammt von letzter Woche aus dem geistlichen Zentrum des Iran, der Stadt Ghom. Ghom ist die Hauptstadt der schiitischen Glaubenswelt und eine wichtige Pilgerstadt. Hier befindet sich die „Hoseh e Elmie“, die größte Islam-Schule des Landes, in der Mullahs ausgebildet werden. Schüler aus der ganzen Welt kommen hierher, darunter auch 150 Chinesen, die vor einigen Wochen das Corona-Virus in den Iran eingeschleppt haben sollen. Das vermutet zumindest ein großer Teil der Bevölkerung von Ghom.

Übersetzung: Wir sind hier in den Waschräumen von „Behesht e Masumeh“ Friedhof. Montag 02.03.2020, hier sind die Leichen, die bereits fertig sind. Leider ist die Zahl der Toten sehr hoch, sie kommen kaum nach. Das sind alles Corona-Tote, die gewaschen werden sollen. (Er wiederholt den Satz). Dieses Zimmer ist voll mit Leichen, die 5-6 Tage da liegen….z.B. hier liegt der Körper von „Khosro-Shahi“, der seit Tagen da liegt. Die Situation ist leider katastrophal. Möge Gott uns schützen.

Das Bild ist verworren

Die aktuellen Zahlen aus dem Iran sind alles andere als erhellend. Offiziell sind es knapp über 10.000 Fälle und 429 Tote. Doch es gibt andere Zahlen, wie die von AVA-Today, einem iranischen Nachrichtenportal, die ein anders Bild beschreiben und das sich mit vielen privaten Berichten aus dem Iran deckt:

  • Coronatote: 3.934 Personen
  • Zahl der bestätigten Infektionen: 27.762
  • Zahl der Corona-Verdachtsfälle: 47.854

Stimmen diese Zahlen, so sind sie ein Hinweis auf eine sich abzeichnende Katastrophe. Denn anders als China scheint der Iran nicht in der Lage zu sein, Herr über die Seuche zu werden.

Gibt es bald 70.000 Tote in Teheran?

Seit einigen Tagen ist die WHO im Iran tätig. Erst dann wurden Freitagsgebete abgesagt, es steht sogar unter Strafe, diese privat abzuhalten. Eine Ansprache in Mashhad anlässlich von Nouruz, dem iranischen Neujahrsfest, hat Revolutionsführer Ali Khamenei abgesagt. Klargestellt wurde auch, dass die Iraner in diesem Jahr auf ihren traditionellen Urlaub in der zweiten Märzhälfte verzichten müssen. Für Aufsehen sorgte Masoud Mardani, der Leiter des nationalen Forschungszentrums für Infektionskrankheiten. Er erklärt, bis Nouruz würden sich 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung Teherans mit dem Coronavirus infiziert haben. Das würde bedeuten, dass es allein in Teheran bis zu 70.000 Virustote geben könnte. Am Tag danach schränkte Mardani seine Aussage allerdings ein.

Doch es gibt noch weitere Indizien. Bahrain holte am 11. März 165 seiner Staatsbürger zurück, 77 waren Corona-Positiv. Am 4. und 5. März holte China seine Bürger aus Teheran. Die chinesischen Behörden fanden bei 311 Passagieren 11 Corona-Fälle. Wenn die Iraner die Krankheit im selben Ausmaß bekommen haben wie die chinesischen Passagiere, dann wären das 3.5 Prozent des Landes. Im Iran leben etwas mehr als 80 Millionen Menschen. Nach den Tests der chinesischen Passagiere sagte die chinesische Forscherin Tuite:

“Es ist alamierend, aber ich denke, es ist möglich.”

Der Staat verliert völlig die Kontrolle

Wo sich der Staat als handlungsunfähig erweist, greifen private Initiativen ein. In vielen Städten haben sich private Bürgerwehren gebildet, die Autos mit stadtfremden Nummernschildern an der Einfahrt in ihre Stadtviertel hindern. Viele Bewohner Teherans haben sich seit Wochen in ihren Wohnungen eingeschlossen und versuchen jeden unnötigen Kontakt nach draußen zu vermeiden. Die Bevölkerung versucht auf eigene Faust, das Virus einzudämmen.

Was führen die Revolutionsgarden im Schilde?

Hossein Salami, Chef der iranischen Revolutionsgarden, hat eine ganz andere Erklärung: Er versucht die USA für die Virus-Epidemie verantwortlich zu machen.

„Es könnte sich um einen Angriff der USA mit biologischen Waffen handeln“,

sagte Salami am letzten Donnerstag. Salami meinte weiter, dass sich der Iran in einem biologischen Krieg befinde.

„Doch auch diesmal werden wir gewinnen, auch im Kampf gegen das Virus. Die USA müssen wissen: Wenn sie das Virus verbreitet haben, wird es wieder zu ihnen zurückkehren.“

Einige politische Beobachter bewerten das als Zeichen, dass die Revolutionsgarden im Falle eines Zusammenbruchs des Regimes, die Macht an sich reißen könnten.

Droht der völlige wirtschaftliche Zusammenbruch

Der niedrige Ölpreis, der durch einen Streit zwischen Russland und Saudi-Arabien erzeugt wurde, verschärft die Krise weiter. Viele Beobachter gehen davon aus, dass der Ölpreis sich durchaus bis auf 20 Dollar pro Barrel fallen könnte. Das würde nicht nur für den Iran, sondern auch für andere erdölproduzierende Länder wie Russland oder Venezuela ein wirtschaftlich Katastrophe bedeuten.

Zur angespannten Lage im Iran passt die gestrige Meldung, dass der Iran zum ersten Mal seit 60 Jahren den Internationalen Währungsfonds um dringenden Zugang zu den wegen der Pandemie versprochenen RFI-Kredithilfen gebeten hat. Kredite, die der IWF bereitstellt, müssen aber stets vom Gouverneursrat abgesegnet werden. Damit ist praktisch eine Entscheidung gegen den Willen der Vereinigten Staaten unmöglich. Die Politik der USA unter Präsident Trump könnte nun versucht sein, eine schnelle Hilfe für den Iran verhindern. Die Folgen einer solchen Politik sind aber völlig unklar. Hardliner in den USA setzen schon länger auf den Zusammenbruch des Mullah Regimes. Doch niemand weiß, was dann passiert.

Vor wenigen Wochen bot die USA dem Iran direkt Hilfe an, doch diese wurde wiederum vom iranischen Regimen selbst abgelehnt.

Die Lage ist explosiv

Die Lage im Iran, einem der großen regionalen Mächte im Nahen Osten ist, verworren. Über 70.000 Häftlinge soll das Regime vorübergehend entlassen haben, nachdem auch in Gefängnissen erste Infektionen bekannt wurden. Über 70 Prozent der Bevölkerung sind unter 40 Jahre alt, viele Häftlinge sind politische Gefangene, die aufgrund der Protestwellen der letzten Jahre weggesperrt wurden. Es scheint, als schaffe das Coronavirus in wenigen Wochen das, was die westliche Politik seit Jahrzehnten nicht geschafft hat: den Iran in den Zusammenbruch zu führen. Doch der Ausgang ist ungewiss.

Der Iran hat nicht nur eine Bevölkerung von mehr als 80 Millionen Menschen, sondern ist trotz aller Sanktionen auf dem Weg zur Atommacht. Russland und vor allem China haben kein Interesse daran, dass der Iran im Kampf der Regionalmächte zwischen der Türkei und Saudi-Arabien, um die Vorherrschaft im Nahen Osten so einfach unterliegt. Das wird wohl auch Donald Trump bei seiner Entscheidung zur Kenntnis nehmen müssen. Europa ist gut beraten hier eine besonnene Position einzunehmen.

(sm)

Anm. der Redaktion: Aufgrund der Informationssperre und Desinformationskampagne des iranischen Regimes ist es sehr schwierig, Informationen zu erhalten und zu verifizieren. Wir haben das nach bestem Wissen und Gewissen so gut getan, wie es die Umstande zulassen. Die Namen iranischer Quellen nennen wir wegen möglicher Repressionen nicht.

 

Titelbild: Amateuraufnahme

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