Mittwoch, Dezember 11, 2024

Auffällig hoher »Kanzler-Rabatt« bei Oligarchenjet

Von Kurz‘ Impf-PR in Israel bleibt nur der Flug im Oligarchenjet um mehr als 36.000 Euro. Für unsereins unbezahlbar, offenbar aber weit unter dem Normalpreis. Warum zahlte Kurz nicht einmal halb so viel wie Firtasch für seinen eigenen Flieger?

 

Benjamin Weiser

Wien, 22. Juni 2021 | „Sparen beim Impfen, Reisen im Luxusjet eines Oligarchen“. So lautet eine SPÖ-Anfrage zum Flug von Kanzler Sebastian Kurz im Privatjet von Dmytro Firtasch. Der wahre Eigentümer des Jets ist für das Kanzleramt „nicht weiter von Relevanz“ – für die internationale Presse allerdings schon.

Durch die parlamentarische Anfrage der Roten kam heraus, dass das Kanzleramt satte 36.400 Euro für den Flieger gezahlt hatte. Die Rechtfertigung von Kurz: der Anbieter der Maschine hätte das günstigste Angebot gemacht.

Jet für Kanzler billiger als für Eigentümer

Wie ZackZack-Recherchen zeigen, ist der Preis für den Luxusflug sogar auffällig niedrig angesetzt. Während für Kurz die Flugstunde umgerechnet rund 5.000 Euro ausmacht, kommt Firtasch selbst deutlich teurer weg – für die eigene Maschine wohlgemerkt. Laut einer ZackZack vorliegenden Rechnung hatte sich der ukrainische Milliardär 2018 den Jet über eine zypriotische Tochterfirma selbst in Rechnung gestellt. Kostenpunkt für die Flugstunde: 12.200 Euro.

Nur eine Ausnahme? Eine fiktive Anfrage auf einer Online-Plattform für Privatjets ergibt: die Flugstunde mit Firtaschs „Legacy 600“ für die Strecke Wien-Dubai kostet für Normalkunden deutlich mehr als bei Tel Aviv-Wien für Sebastian Kurz. Zum Zeitpunkt der Recherche betrug der Richtwert für die Flugstunde Wien-Dubai etwa 8.300 Euro. Ob es grundsätzliche Vergünstigungen für den Kanzler oder andere Amtsträger der Republik gibt, wollte man vonseiten des Drittanbieters der Maschine nicht beantworten. In einer Antwort auf eine frühere Anfrage ließ AvconJet allerdings wissen, dass man grundsätzlich keine Auskunft über Kunden gebe.

So wichtig ist der Flieger für Firtasch

Firtasch selbst, der über den ÖVP-nahen PR-Berater Daniel Kapp kommunizieren lässt, will mit einzelnen Vermietungen nichts zu tun haben. Der Flieger sei zwar im Besitz eines Unternehmens, das „Herrn Firtash zugerechnet werden kann“, jedoch werde es „von einem dritten Unternehmen autonom betrieben“, so Kapp. Hat der Ukrainer deshalb nichts damit am Hut? Insider der Branche erklären gegenüber ZackZack:

„Der luftfahrtrechtliche Halterbegriff, der in den Halterschaftsverträgen erwähnt sein muss, bedingt die sogenannte Verfügungsgewalt des Halters. Das bedeutet aber nicht, dass nicht alle wirtschaftlichen Entscheidungen, zum Beispiel, ob verchartert wird oder nicht, beim Eigentümer verbleiben.“

Die Rechnung von Firtaschs Firma an sich selbst deutet zumindest darauf hin, dass der Oligarch gerne mal über seinen Jet verfügt – Drittanbieter AvconJet hin oder her. Freilich, ohne selbst ins Blaue abzuheben. Denn aufgrund des laufenden Auslieferungsverfahrens sitzt Firtasch faktisch in Wien fest. Die Wichtigkeit des Jets zeigen auch Investigativrecherchen des russischen „Radio Free Europe“-Ablegers „Radio Svoboda“. Seine Entourage soll den Privatjet mit Homebase am Flughafen Wien-Schwechat demnach des Öfteren nutzen. Am Tag des Kurz-Fluges war die Maschine nur Stunden nach dem Zwischenstopp in Wien weiter nach Kiew abgehoben.

Auch finanziell spielt der Jet offenbar eine wichtige Rolle: laut internem Mailverkehr des insolventen Zahlungsdienstleisters Wirecard interessierte sich auch die Wirecard Bank für die „Legacy 600“, als Firtasch dort neue Konten eröffnen wollte.

Krimi um Auslieferung geht weiter

In Wien lebt Firtasch quasi in einem „goldenen Käfig“: der Oligarch mietet die Hietzinger Villa von ÖVP-Großspender Alexander Schütz, über die „Agentur zur Modernisierung der Ukraine“ ist er geschäftlich mit Kurz-Ziehvater Michael Spindelegger und Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter (beide ÖVP) verbunden.

Unterdessen zieht sich sein Auslieferungsverfahren seit Jahren in die Länge. Das FBI sieht ihn als Wirtschaftskriminellen mit Verbindungen zur russischen Mafia, Firtasch bestreitet alle strafrechtlichen Vorwürfe. Es gilt die Unschuldsvermutung. Seine Anwälte sehen eine politische Kampagne der USA, auch aufgrund Firtaschs Putin-Nähe.

Lesen Sie morgen auf ZackZack die Hintergründe zum Auslieferungskrimi um den Oligarchen, für den sich auch die deutschen Wirecard-Ermittler interessieren.

Update 22.06., 19:59 Uhr: *”Flugstunde” Wien-Dubai statt “Flug” (vorher). Multipliziert man den Preis für die Flugstunde mit der Flugdauer, kommt man auf die Gesamtkosten eines Fluges (Hin- und Rückflug beachten).

Titelbild: APA Picturedesk

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