WDR-Doku:
Eine Doku über Benko sorgt für Aufsehen. Der Immo-Tycoon, dessen Signa Holding finanziell weit weniger rosig dastehe, als öffentliche Auftritte suggerieren würden, greife auf „dubiose Geldgeber zurück“. Laut Experten vermeide er Steuern, „wo er kann“.
Wien, 19. August 2021 | Die WDR-Doku „Der Kaufhauskönig – Wie ein Multimilliardär Karstadt und Kaufhof versilbert“ ist heuer veröffentlicht worden. Auf YouTube hat sie bereits 380.000 Aufrufe, in den Sozialen Medien ist sie mehrfach geteilt worden. Es geht um René Benkos (44) Geschäftsmodell und die Frage, wie der Milliardär so schnell zu so viel Geld kommen konnte. Dabei werden auch Benkos enge Beziehungen in die Politik durchleuchtet.
Beschäftigte arbeitslos, “Party geht weiter”
Sebastian Kurz, ein langjähriger Vertrauter, hatte Benko bei Waldimir Putins Staatsbesuch 2018 als einen „der ganz großen österreichischen Unternehmer“ vorgestellt. Im selben Jahr hatten Benko und Kurz gemeinsam die Scheichs in Abu Dhabi besucht. Wenig später kaufte Benko dem Staatsfonds von Abu Dhabi das New Yorker Chrysler Building für rund 150 Mio. US-Dollar ab.
Vertraute beim ÖVP-Maronifest: Benko und Kanzler Kurz. Foto: APA Picturedesk.
In höchsten Politkreisen scheint Benko gut anzukommen, bei den Beschäftigten von Galeria Karstadt/Kaufhof eher weniger. In der Doku sieht man, wie etliche Mitarbeiter wütend auf eine Benko-Puppe einhauen. Grund: der Warenhauskonzern ist zum Zeitpunkt der Wutaktion pleite, 4.000 Beschäftigte verlieren ihre Jobs. Sie sehen Investor Benko, der die einstigen Konkurrenten Karstadt und Kaufhof fusionieren ließ, als Hauptschuldigen. Krisen scheint er gut zu überstehen, immerhin kassierte Benko viel Steuergeld – etwa Rettungsgelder für Galeria Karstadt/Kaufhof oder Coronahilfen für Kika/Leiner in Millionenhöhe.
„Für René Benko geht die Party trotz dieser Krise weiter. Man pflegt Kontakte und knüpft Beziehungen“, heißt es in der Doku, die das bekannte „Törggelen“-Fest von Benko zeigt. Mit von der Partie: Sebastian Kurz, Alfred Gusenbauer, aber auch Journalisten wie Rainer Nowak („Presse“). Zum Genießen gibt es reichlich Feinkost in edlem Ambiente.
“Ob es fair ist, so einen Handel kaputt zu machen?”
Den WDR-Journalisten gelingt es immer wieder, den Kontrast zwischen Benkos Lifestyle auf der einen und den existenziellen Nöten ehemaliger Angestellter auf der anderen Seite darzustellen. Hier Yacht, Privatjet und Luxuschalet, dort Jobverlust und Zukunftsangst. Einer der Ex-Angestellten zeigt sich fassungslos über das Ende eines Galeria-Warenhauses im Ruhrpott: „Das Haus brachte Ertrag. Damit habe ich jedenfalls persönlich nicht gerechnet. Ich war auch dann ziemlich überrascht, schockiert, wo das soweit kam. Damit hat keiner von uns gerechnet.“ Im Zuge der Insolvenz wurden bundesweit viele Filialen der Galeria Karstadt/Kaufhof geschlossen.
Verantwortlich gemacht wird Benko, wie ein alter Kaufhaus-Hase im Film erklärt: „Er war nicht an dem Warenhaus-Geschäft interessiert.“ Er sei ein „Immobilienmann. Das ist ein Immobilienmann, der Herr Benko. Jeder muss gucken, wo er seine Kohle herkriegt“, so der enttäuschte ehemalige Angestellte. Für tausende Beschäftigte wurde Benko einst zum Hoffnungsträger – „um sie anschließend bitter zu enttäuschen“, so die Doku. „Er hat die Häuser gekauft, Miete erhöht, für sich Geld rausgezogen. Er muss ja seine Aktionäre auch bedienen. Ich kann den Mann voll verstehen“, seufzt einer der interviewten Ex-Hackler. „Ob es fair ist, solche Sachen, so einen Handel kaputt zu machen?“, fährt er fort. Laut Doku wollte Benko Fragen zu seinem weit verzweigten Firmenimperium nicht beantworten.
Benko erzählt Selfmade-Geschichte
Eine Frage, die in der Doku auch aufgeworfen wird: Wie kann ein junger Mensch so schnell so viel Geld verdienen? Benko selbst erzählt die Geschichte vom 17-jährigen Schulabbrecher, der Dachböden ausgebaut haben will. Die Story eines Selfmade-Manns. „Bloomberg“-Korrespondent Boris Groendahl beschreibt Benkos Business so: „Das wichtigste Modell ist, dass er Immobilien kauft, von denen er überzeugt ist, dass sie, unabhängig davon, was in diesen Immobilien drin ist, etwas wert sind.“ Und zwar mehr also vorher, „weil sie schlecht geführt sind, weil sie den falschen Zweck erfüllen, weil man was anderes daraus machen kann.“ Benko habe die Fähigkeit, das zu erkennen.
Und er hat Geldgeber: Für das Kaufhaus Tyrol sprang ihm beispielsweise ein Tankstellen-Tycoon zur Seite. Sein Geschäftsmodell sei sehr stark auf die Aufwertung von Immobilien angewiesen, so Leonhard Dobusch vom ThinkTank Momentum. Nach einer entsprechenden Aufwertung einer Immobilie müsse man automatisch höhere Mieten verlangen, um die Aufwertung zu rechtfertigen, sagt Dobusch. Wirtschafts-Professor Gerrit Heinemann, der ebenfalls in der Doku zu Wort kommt, findet das Modell „unseriös“. Es gehe wohl rein um die Aufwertung der Bilanz, so Heinemann.
Kaufhof-Ex-CEO Lovro Mandac, erinnert sich an Verhandlungen 2009/2010 mit Benko, dem der erste Griff nach der Kaufhaus-Kette misslungen war: „Ich gehe davon aus, dass es gescheitert ist an den Finanzen“, so Mandac. Das wollte Benko nicht auf sich sitzen lassen, „und gründet hier in Luxemburg schon mal eine Firma unter dem Namen Galeria Kaufhof. Einem Unternehmen, das ihm zu diesem Zeitpunkt nicht gehört und dessen Namensrechte er auch nicht besitzt“, heißt es im Film. Als die Kaufhof-Leute dem Ganzen auf die Schliche kamen, musste Benko die Firma streichen.
“Dubiose Geldgeber”
Immer wieder wird in der Doku betont, dass Benko für seine Geschäfte finanzstarke Partner braucht. Der Immo-Tycoon greife dabei auf „dubiose Geldgeber“ zurück. Die Finanzlage seiner Signa soll Insidern zufolge weit weniger gut sein als Benkos öffentliche Auftritte es nahelegen würden, heißt es. Als Beispiel wird die Schweizer Falcon Private Bank, die dem Scheichtum Abu Dhabi gehörte, genannt. Sie war zwischenzeitlich zweitgrößte Gesellschafterin der Signa. Grund: Die mittlerweile geschlossene Bank ist in eine internationale Geldwäscheaffäre verwickelt. Anti-Geldwäsche-Experte Christoph Trautvetter klärt auf: „Benko hat es geschafft, in kürzester Zeit Investoren für sich zu gewinnen, in sein spekulatives Immobilienprojekt zu investieren, und zwar Milliardenbeträge.“
Das alte APA-Hochhaus in der Wiener Gunoldstraße 14: 2018 kaufte ein Bauträger einer Signa-Tochter das Gebäude mit der Aufschrift „Kurier“. An der regierungsnahen Zeitung hält Benko knapp ein Viertel der Anteile. Foto: APA Picturedesk.
Das alte APA-Hochhaus in der Wiener Gunoldstraße 14: 2018 kaufte ein Bauträger einer Signa-Tochter das Gebäude mit der Aufschrift „Kurier“. An der regierungsnahen Zeitung hält Benko knapp ein Viertel der Anteile. Foto: APA Picturedesk.
Benko habe Banken für seine Finanzierung benutzt, die zum Teil damit aufgefallen seien, „schmutziges Geld durch die Tür durchgehen zu lassen und nicht ordentlich zu kontrollieren.“ Auch mit der russischen Sberbank, in deren Europafiliale Benkos Jagd-Partner Sigi Wolf Aufsichtsratsvorsitzender ist, hat Benko Geschäfte gemacht. Genau wie die geschlossene Schweizer Privatbank war sie mit Geldwäschevorwürfen konfrontiert.
Zudem wird die Geschäftsbeziehung mit dem Diamantenhändler Benny Steinmetz, der wiederum mit Tal Silberstein geschäftlich verbunden war, in der Doku thematisiert. Aufgrund der Korruptionsermittlungen gegen Steinmetz sei die Partnerschaft zwischen ihm und Benko ins Stocken geraten – zumindest offiziell. Experte Trautvetter erklärt im Film auch, wie mit Steuertricks gearbeitet wird, um beispielsweise die Grunderwerbssteuer zu umgehen. Benko sei jemand, der „Steuern vermeidet, wo er kann.“
Mit dem Gesetz in Konflikt
2012 gerät Benko mit dem Gesetz ins Konflikt. Wegen eines Bestechungsversuches wird der Milliardär zwei Jahre später rechtskräftig verurteilt. Er bekommt ein Jahr auf Bewährung. Laut Richterin ist der Fall ein „Musterfall für Korruption“, wie es laut Doku im Urteil heißt. Ab diesem Zeitpunkt ist Benko bei seiner Signa offiziell in Beraterfunktion. Operative Verantwortung trägt er offiziell nicht mehr.
Wie der „Spiegel“ 2018 berichtet hatte, versuche Benko Medien zu verbieten, über seine Verurteilung zu schreiben. Es gebe zwar gute Gründe, etwa die Resozialisierung, nicht mehr über zurückliegende Vergehen zu schreiben. Doch die Tat Benkos sage „durchaus etwas über sein Geschäftsgebaren aus“. Auch ZackZack berichtete kürzlich über Benko in einer anderen Causa – und wurde mit einer „Einschüchterungsklage“ eingedeckt, wie Experten sagen.
In der Chorherr-Spendenaffäre ist Benko mittlerweile Beschuldigter, wie ZackZack in Erfahrung bringen konnte. Jetzt wartet er auf die Entscheidung des Justizministeriums über den Vorhabensbericht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Für René Benko gilt die Unschuldsvermutung.
Hier sehen Sie die WDR-Doku über René Benko in voller Länge.
(wb)
Titelbild: Screenshot WDR