Regenbogen-Fahne zerrissen
Die Verschwörungstheoretikerin Jennifer Klauninger ist am Mittwoch am Wiener Straflandesgericht vom Vorwurf der Verhetzung freigesprochen worden, nachdem sie im September 2020 eine Regenbogenfahne auf offener Bühne zerrissen hatte. Mehr als eine halbe Stunde mit Maske hielt die Angeklagte nicht aus.
Wien, 02. März 2022 | Die bekannte Corona-Maßnahmen-Gegnerin Jennifer Klauninger ist am Mittwoch am Wiener Straflandesgericht ebenso wie ein mitangeklagter freier Journalist vom Vorwurf der Verhetzung freigesprochen worden. Der Vorwurf lautete, dass die beiden bei einer Kundgebung vor der Karlskirche am 5. September 2020 mit dem Zerreißen einer Regenbogenfahne auf offener Bühne die LGBTQ-Community mit der Bezeichnung als Kinderschänder herabgewürdigt haben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Wie schon berichtet, fand heute in #Wien eine Kundgebung der "Querdenker" statt. Hier ein kurzer Videoabschnitt in dem zu sehen ist, wie auf der Bühne unter tosendem Beifall eine Regenbogenfahne zerrissen wird, da sie als Symbol für "Kinderschänder" verunglimpft wird. pic.twitter.com/csGFFtOehm
— Presseservice Wien (@PresseWien) September 5, 2020
Klauninger klagte über Atemnot
Das Video des Vorfalls machte damals recht schnell die Runde in sozialen Medien und sorgte für Empörung. Bei der Kundgebung waren auch etliche Rechtsextreme erschienen, die etwa die so genannte Reichsfahne schwenkten. Auch Parolen wie “Heimatschutz statt Mundschutz” waren zu lesen. Nur zwei Tage später wurde eine Demonstration unter dem Motto “Dem Hass keinen Platz” gegen Homophobie organisiert, an der tausende Menschen teilnahmen.
Nach umfangreichen Ermittlungen wurden Klauninger und der 44-Jährige angeklagt und mussten sich nun am Mittwoch vor Gericht verantworten. Klauninger war zudem wegen eines anderen Vorfalls bei einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen am 20. Dezember 2021 wegen des tätlichen Angriffs auf einen Polizisten angeklagt. Sie soll einen Beamten mehrfach auf die Brust gestoßen haben. Dieses Verfahren wurde wegen des Herbeischaffens von Videos ausgeschieden.
Im Verhandlungssaal saßen einige Zuhörer ohne Maske bzw. mit einem eher halbherzig getragenen Gesichtsvisier. Auch Klauninger klagte nach einer halben Stunde Verhandlung und Tragens einer FFP2-Maske über Atemnot. Sie legte daraufhin ihr ärztliches Attest vor und durfte in Absprache mit dem Richter die Maske ablegen.
Fahne laut Klauninger keine “Homosexuellen-Fahne”
Zu dem Vorfall vor der Karlskirche beteuerten die beiden Angeklagten vor Richter Thomas Kreuter, dass es sich ihrer Ansicht nicht um eine “Homosexuellen-Fahne” gehandelt habe, sondern es sei in der Flagge ein Doppel-Herz abgebildet gewesen – ein Symbol, das Kinderschänder verwenden würden. Die Fahne hätte ganz andere Farben abgebildet gehabt, als es von der LGTBQ-Community verwendet werde. “Die Fahne auf der Bühne war definitiv eine Kinderschänderfahne”, sagte Klauninger. Sie habe die Flagge auf der Bühne erblickt, zudem seien “fünf bis sechs weinende Mütter” zu ihr gekommen und hätten sie darauf aufmerksam gemacht.
Daraufhin seien Klauninger und der 44-Jährige auf die Bühne und hätten auf das Doppel-Herz als Kinderschänder-Symbol aufmerksam gemacht. Die 30-Jährige griff zum Mikrofon und ließ dann wissen: “Ihr seid kein Teil unserer Gesellschaft. Wir müssen unsere Kinder vor Kinderschändern schützen. Wir alle sind dafür verantwortlich.” Dass es sich bei dem Doppel-Herz um ein Kinderschänder-Symbol handle, hätten ihm seine zahlreiche Quellen in den Recherchen zu diesem Thema erläutert, sagte der Journalist, der angab, auch als Experte vom Innenministerium regelmäßig hinzugezogen zu werden, was vonseiten des Ministeriums auf APA-Anfrage nicht bestätigt wurde. Auch würden diverse Zeichen auch auf Tatorten wie beim Missbrauchsskandal in Münster auftauchen.
Freispruch, Urteil nicht rechtskräftig
Staatsanwalt Martin Ortner wollte mehrfach wissen, ob jemand, der zufällig vorbei geht, das nicht wissen könnte und es als “Affront gegen die LGTBQ-Community gesehen hätte”. Der 44-Jährige verwehrte sich dagegen, dass er die LGBTQ-Community verunglimpfen wollte, sei er doch selbst Teil davon. Es seien auch Leute aus der Community auf der Kundgebung gewesen. “Alle diese Menschen haben es verstanden und haben sich nicht verhetzt gefühlt”, meinte der freie Journalist. Und Klauninger: “Es war niemals die Absicht, einen Menschen mit einer anderen sexuellen Orientierung zu verletzen.” Zudem hätten die Medien dieses Thema dann auch noch aufgebauscht.
Die Anträge auf die Vernehmung weiterer Zeugen – etwa eine der weinenden Mütter – wurden allesamt abgelehnt und die beiden freigesprochen. Kreuter merkte in seiner Urteilsverkündung an, dass der Tatbestand der Herabwürdigung erfüllt sei, jedoch im Strafverfahren nicht mit der erforderlichen Sicherheit bewiesen werden konnte. Die beiden seien “einem Irrtum” auferlegen und hätten “das Symbol fälschlich zugeordnet”. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Staatsanwalt Ortner gab keine Erklärung ab.
Führende Figur in Anti-Corona-Szene
Jennifer Klauninger ist eine der führenden Figuren in der Corona-Leugner-Szene und auf so gut wie jeder Demo zu sehen. Auf Social Media-Videos stellt sie regelmäßig ihren Hass auf Polizei, Politik und jeden, der nicht ihrer Meinung ist, zur Schau.
Klauninger versucht dabei stets, sich als Opfer zu inszenieren. Videos im Internet zeigen zudem, wie oft sie bereits die Konfrontation mit Beamten bewusst suchte. Auch im Corona-Camp im Stadtpark war sie Bewohnerin.
(apa/red)
Titelbild: APA Picturedesk