Am Wochenende hatte ÖVP-Finanzier Alexander Schütz überraschend sein Kommen für den U-Ausschuss gemeldet. Er hatte häufig „keine Wahrnehmungen“ und bestritt trotz Großspenden, mit österreichischen Politikern über Privates hinaus zu tun gehabt zu haben.
Wien, 02. März 2022 | Mit reichlicher Verspätung begann am Mittwoch, dem ersten Tag des ÖVP-Untersuchungsausschusses, um 17 Uhr die Befragung von ÖVP-Großspender Alexander Schütz. Geplant war das eigentlich ab 14 Uhr, die Befragung von Karl Nehammer vor ihm hatte aber länger gedauert.
Der Anstand, so Schütz einleitend, gebiete es ihm eigentlich, zu sagen, er freue sich, da zu sein. Mit Verweis auf die Wahrheitspflicht sehe er aber davon ab.
Im Eingangsstatement bittet Schütz die Medien, ihn nicht mehr als ÖVP-Großspender zu bezeichnen – was er aber ist. „Ich definiere mich nicht über meine Spende an die ÖVP“, sagt er. Man könne ihn gerne als Unternehmer oder Kaufmann bezeichnen oder auch, wie seine Frau es gelegentlich tue, als „Studienabbrecher“ oder „Hobby-Jurist“. Generell gibt sich der Großspender in der Befragung recht abgebrüht und antwortet gern mit trockenem Humor.
Spenden durch wirtschaftliche Aufbruchstimmung
Der U-Ausschuss will von Alexander Schütz wissen, ob er „Wahrnehmungen zu Einflussnahmen bei Beteiligungen des Bundes oder auf Ermittlungen” hat. Der Vorwurf, der im Raum steht: Das sei auf Wunsch von Schütz als Gegenleistung für Spenden an die ÖVP passiert. Denn Schütz spendete 2017 rund 40.000 und 2018 rund 45.000 Euro an die ÖVP.
Schütz hingegen präsentiert sich als missverstandenen Menschenfreund und betont, mit seinen Unternehmen „mehr als das 20-fache“ von den Spenden, die an die ÖVP ergangen sind, für karitative Zwecke gespendet zu haben. So zählt er FFP2-Maskenspenden an den Malteser Hilfsdienst auf, Investitionen in Wasserversorgung einer Schule in Namibia und weiteres Engagement.
Schütz: „Habe niemals Vorteile durch Spenden erlangt“
Der Ex-Aufsichtsrat der Deutschen Bank (zurückgetreten wegen einer Entgleisung per Mail: “Macht diese Zeitung fertig!!;-)) weist zurück, für Spenden jemals eine konkrete Gegenleistung verlangt zu haben. Er habe rund um den Zeitpunkt der Spende an die ÖVP auch an die CDU und die Macron-Partei La République en Marche (LaREM) gespendet. Die wirtschaftliche Aufbruchsstimmung zu der Zeit habe ihn zu den Spenden inspiriert. Vorteile habe er nie erhalten.
Von der CDU habe er ein Foto von Angela Merkel mit handschriftlicher Widmung bekommen – er hat es mitgebracht –, von Macron einen „netten Brief“ und von der ÖVP einen Compliance-Brief, durch den er unterrichtet wurde, dass seine Spende nicht steuerlich absetzbar sei.
In diesem Brief sei auch erwähnt, dass Spenden von über 50.000 Euro an den Rechnungshof gemeldet werden müssen. Auf spätere Nachfrage von Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli kann Schütz nicht mehr sagen, ob er diesen Brief vor oder nach der Spende bekommen habe. Schütz gibt an, auch die Spende an die CDU und LaREM knapp unter der Meldegrenze gehalten zu haben. Es sei ihm lästig gewesen, für seine Spende womöglich zusätzliche Formulare ausfüllen oder Erklärungen machen zu müssen.
Schütz sagt, er habe einmal die Idee geäußert, man könne eine Steuer auf ungesunde Nahrungsmittel einführen, etwa gesüßte Getränke oder Transfette. Er will sich nicht auf die Diskussion einlassen, was das sei, “wenn man mit jemandem redet, ob man einen Burger ungesund findet.“ An eine Spende geknüpft war diese Idee jedenfalls nicht, so Schütz.
“Kein Verhältnis zur österreichischen Politik”
Überdies habe er kein Verhältnis zur österreichischen Politik, Kontakte zu Politikern seien ausschließlich “privat”. Schon im recht kurzen Eingangsstatement hatte Schütz den U-Ausschuss darüber informiert, dass er Fragen, die Privates beträfen, nicht beantworten würde – seine und die seiner Gäste. „Menschen, die zu Gast bei mir sind, haben ein Recht darauf, dass ich ihre Privatsphäre achte.”
Die Frage der SPÖ-Fraktionsangehörigen Katharina Kucharowitz, was bei Abendessen in Schütz‘ Schloss in Neuwaldegg mit Politikern besprochen worden sei, weist der Befragte mit Verweis auf sein Eingangsstatement zurück. Nach einer Debatte zwischen Vorsitzendem Wolfgang Sobotka (ÖVP), Schütz und den oppositionellen Fraktionen, ob eine Frage zu privaten Veranstaltungen zulässig sei, hält der Verfahrensrichter fest: Nicht der Ort einer Besprechung, sondern ihr Inhalt sei ausschlaggebend dafür, ob etwas Untersuchungsgegenstand sei.
Seine Beziehungen zu Politikern stellt Alexander Schütz nicht nur als privat, sondern auch als flüchtig dar. Ein paar Gespräche hier und da habe es gegeben, er habe außerdem Axel Melchior und Gernot Blümel – damals beide in der ÖVP Wien aktiv – seine Unterstützung im Wien-Wahlkampf angeboten. In einem Mail, das dem Untersuchungsausschuss vorgelegt und in die Akten aufgenommen wurde, schreibt er dazu: „Bei Bedarf bitte melden.“ Auf die Frage, ob er Thomas Schmid kenne, antwortet er, er habe mit ihm vielleicht drei Mal pro Jahr Kontakt gehabt. Den Unternehmer René Benko kenne er: „In Wien kennt man sich, wenn man seit 30 Jahren durch den 1. Bezirk läuft, ja.”
NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper befragt Schütz auch zum Thema Glücksspiel. Immerhin habe seine Frau eine wichtige Position im Finanzministerium bekommen und gleichzeitig Verbindungen zu Novomatic gehabt. Ob er wisse, ob hier sachlich agiert wurde? Dazu habe Schütz keine Wahrnehmungen. “Mich interessiert das Glücksspiel nicht. Ich bin Asset-Manager, wir veranlagen Geld.” Auch Johann Graf kenne er nicht gut, dessen Sohn Thomas Graf, der ebenfalls an Novomatic beteiligt ist, aber schon, mit dem sei er in der Schule gewesen.
Hafenecker “geht das Häferl über”
Fazit: Auch in der zweiten Befragung des ersten Tages werden einige Fragen zurückgewiesen. Vor allem ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger unterbricht immer wieder mit dem Einwand, dass eine Frage nichts mit den Untersuchungsgegenstand zu tun habe, wieder unterstützt von seinem ÖVP-Kollegen Christian Stocker. Hanger betont dabei, “hartnäckig in dieser Sache” zu bleiben.
Zu einem vergleichbaren Formulierungs-Hickhack zwischen Sobotka, Verfahrensrichter und SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer wie in der Befragung von Bundeskanzler Karl Nehammer kommt es aber nicht. An einem Punkt schlägt FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker vor, eine Stricherl-Liste über Wolfgang Sobotkas Zwischenrufe zu führen: „Da geht mir langsam das Häferl über.“ Sobotka zersetze seit 10 Uhr den ganzen Ausschuss, wettert Hafenecker.
Abgesehen von seinen fehlenden Wahrnehmungen, fährt Schütz im Gegensatz zu Nehammer beinahe einen Angriffs-Kurs in seinen Antworten. Er habe zum Beispiel nicht mit Gabi Spiegelfeld über Einflussnahmen gesprochen, falls die Abgeordneten das mit der Frage zu Teilnahme an Events mit Spiegelfeld insinuieren würden.
Wirecard nicht ausführlich behandelt
Verbindungen zu Personen rund um Wirecard werden häufig angesprochen, ohne dass viel dabei herauskommt. Bemerkenswert, immerhin hat ihn der Skandal einen Aufsichtsratsposten bei der Deutschen Bank gekostet. Schütz gibt zwar an, in Hietzing länger Nachbar von Markus Braun gewesen zu sein. 2017 habe er ein Haus in Kitzbühl gekauft, in dessen Nähe auch Braun ein Haus habe. Aber: „Zu behaupten, er war ein doppelter Nachbar ist falsch.“ Zeitlich und räumlich gehe sich das nicht aus.
Schütz weist indes zurück, dass seine Tätigkeit als Aufsichtsrat der Deutschen Bank einen Zusammenhang mit den Beweisthemen habe. Wenn es Absprachen zum DB-Verkauf gegeben habe mit Markus Braun, sei das ein Geschäftsgeheimnis – und habe nichts mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun.
Auch eine Nahebeziehung zum Oligarchen Dmytro Firtasch weist Schütz zurück. Die Villa in Hietzing sei von einer Maklerin zur Miete an Firtaschs Frau vermittelt worden. Dass der Putin-nahe Oligarch auch selbst dort wohnt, spielt offenbar keine Rolle.
Auch Wahrnehmungen zu einer möglichen Verlegung des Firmenstandorts vom jetzt insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard nach Österreich hat Alexander Schütz nicht.
Irgendwann gegen Ende gab Sobotka nach einer Pause recht unbemerkt den Vorsitz an einen Stellvertreter ab.
(pma/sm)
Titelbild: APA Picturedesk