Ex-Kurzzeit-Innenminister Eckart Ratz unterstellt der WKStA schwere technische Fehler. Mit der Einsetzung der SOKO Tape habe er nichts zu tun gehabt. Politischen Einfluss auf Verfahren und Ermittlungen gäbe es nicht. Wer das versuche, gehöre “erschossen”.
Wien, 1. April 2022 | Vor dem ÖVP-Korruptions-Ausschuss unterstellte Ex-OGH-Präsident und Ex-Kurzzeit-Innenminister Eckart Ratz der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) schwere technische Fehler. Die Rechtsbelehrung Sebastian Kurz‘ sei „monströs“ gewesen, mittlerweile habe es aber einen totalen Sinneswandel gegeben. Für politisch beeinflusst halte er die WKStA aber nicht, sagte Ratz. Überhaupt: Es gäbe keinen politischen Einfluss in der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Seiner Lebenserfahrung nach seien Fehler normal und nicht auf böse Absicht zurückzuführen. Dass Außenstehende dann schnell Korruption vermuten würden, sei, so Ratz, ein gängiges Erklärungsmuster. Gefragt, ob jemals ein Politiker versucht habe, über ihn Ermittlungen oder Verfahren politisch zu beeinflussen, antwortete Ratz empört. Wer das versuche, “gehört ja erschossen”.
Ratz’ ausschweifende Erzählungen machten es schwer, ihm zu folgen, und enthielten einen entscheidenden Widerspruch. Zur Entlassung der SOKO Tape sagte Ratz zuerst, die WKStA sei die einzige Staatsanwaltschaft, die das tun dürfe. Später meinte er dann, die Entlassung der SOKO Tape sei ein „schwerer Fehler“ der WKStA gewesen. Ratz empörte sich: “Die WKStA ist doch nicht der Dienstvorgesetzte der Polizei, wo simma denn überhaupt?”
Zu allen ein entspanntes Verhältnis
Der Ex-Minister betonte aber auch sein “entspanntes Verhältnis zu allen”. Mit Staatsanwältin Linda Poppenwimmer, die im Dezember 2021 nach Kritik an der WKStA ausgerechnet zur Kanzlei Ainedter & Ainedter (vertritt mehrere ÖVP-Beschuldigte) wechselte, ging er stundenlang im Volksgarten spazieren. Auch die Rechtsschutzbeauftragte Gabriele Aicher kenne er gut. Die hat sich kürzlich von WKStA-Leiterin Ilse-Maria Vrabl-Sanda den Vorwurf eingehandelt, befangen zu sein. Aicher hatte die Hausdurchsuchungen bei der ÖVP rund um die Inseraten-Affäre kritisiert und sich für ihr Statement von der Kanzlei Ainedter & Ainedter beraten lassen. „Die wollen alle mit mir reden und dann reden sie halt, weil sie wissen, dass ich noch mehr rede. Aber das haben Sie ja schon gemerkt“, sagte Ratz vergnügt. Ex-OGH-Vizepräsidentin Eva Marek wiederum könne „keine furchtbare Flasche“ gewesen sein, schließlich sei sie die jüngste Hofrätin aller Zeiten gewesen, so Ratz zu dessen fachlicher Eignung.
Zu Pilnacek habe er aufgrund von Budgetstreitigkeiten immer ein angespanntes, aber stets respektvolles Verhältnis gehabt. Mit dem sei er nach wie vor in Kontakt. Zum Leitenden Oberstaatsanwalt (LOStA) Johann Fuchs habe er immer ein sehr gutes Verhältnis gehabt. Er habe ihm erst am Mittwoch angeboten, für ihn Schriftstücke zu verfassen, wenn dieser nicht den Kopf dafür hätte. Er, Ratz, habe aufgrund seiner Pensionierung die Zeit dazu. Zur Erinnerung: Am Mittwoch war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Innsbruck LOStA Fuchs angeklagt hat. Dessen Suspendierung halte Ratz für Unrecht, Fuchs sei ein “sehr anständiger Typ”.
Nichts umsonst, aber kostenlos
Für rechtliche Auskünfte oder fachliche Gespräche, könnten sich alle gleichermaßen an ihn wenden – sagte Ratz und sprach quasi eine Einladung an die anwesenden Abgeordnete aus, ihn jederzeit anrufen zu können. Auch Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz habe er das via „Kathi“ Nehammer – Gattin des aktuellen Bundeskanzlers Karl Nehammer (ÖVP) – ausgerichtet, aber der habe sich nicht gemeldet.
Für das berüchtigte Hintergrundgespräch der ÖVP vor ausgewählten Journalisten, bei dem Ratz und ein ÖVP-naher Anwalt das Vorgehen der WKStA gegen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz kritisiert hatten, habe er lediglich ein Glas Mineralwasser bekommen. „Ich mache nichts umsonst, aber kostenlos. Sonst bin ich ja nicht mehr glaubwürdig”, sagt Ratz. Die Vorwürfe gegen Kurz habe er falsch gefunden. Kurz habe aber gewollt, dass Ratz das auch bei der einer Pressekonferenz so sage. Das sei Ratz nicht recht gewesen, das hätte seiner Marke geschadet. Er habe seine Rechtsmeinung aber publiziert.
13 Tage Innenminister
Wie wurde Ratz eigentlich Innenminister? Er sei gerade mit dem Zug auf dem Weg nach Wien gewesen, als er von Bernhard Bonelli aus dem Kabinett des damaligen Bundeskanzlers Kurz am Telefon gefragt worden sei, ob er Innenminister werden wolle. „Und ich Trottel sag, das kann ich – nämlich fachlich“, so Ratz.
Als Innenminister habe er kaum etwas auf die Beine stellen können, schließlich sei er nur 13 Tage „untouchable“ gewesen. Dann sei ihm das Misstrauen ausgesprochen worden – zusammen mit der gesamten Kurz-Regierung. „Ich war ja eh ein Versager, ich bin nach 13 Tagen abgelöst werden.“ Nicht einmal etwas zum Schreiben habe er gehabt, geschweige denn Orientierung im Ministerium. Ihm sei als Kabinettschef Stephan Wiener zur Seite gestellt worden. Der habe sich einfach bei ihm gemeldet und dann „die Kathi“ (Nehammer) ins Ministerium bestellt, „wegen ihrer Nähe zu den Türkisen“. Daraufhin habe Ratz sich noch um „einen Knallroten“ und einen „Blauen“ bemüht.
Mit der SOKO Tape habe er nichts zu tun gehabt. Die Entscheidung, Kickls Generalsekretär Peter Goldgruber abzuberufen, sei eine reine Führungsfrage gewesen. Nächstgereihter sei dessen Stellvertreter Franz Lang gewesen, den habe er schon gekannt, für einen guten Mann gehalten und daher vorgeschlagen. Als Lang ihm davon erzählt habe, er würde eine SOKO für die Ibiza-Ermittlungen einrichten, habe Ratz ihn erstaunt gefragt, ob man das „machen darf“. Darüber hinaus habe er mit der SOKO nichts zu tun gehabt.
(pma)
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