Das ist eine Unterüberschrift
Der suspendierte Justizsektionschef Christian Pilnacek wollte bei seiner Befragung im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss generell keine Antworten geben. Das ging fast durch.
Wien 03. Mai 2022 | Es gibt einige Gründe, warum man sich als Auskunftsperson in Untersuchungsausschüssen entschlagen kann. Im ÖVP-Korruptions-Ausschuss war der bisher beliebteste Grund: dass man aufgrund einer Antwort strafgerichtliche Verfolgung fürchten muss.
Mit dieser Argumentation und auch mit dem Grund, unmittelbar bedeutende vermögensrechtliche Nachteile fürchten zu müssen, versuchte sich Christian Pilnacek am Dienstag bei allen Fragen des Untersuchungsausschusses zu entschlagen. Gleich in seinem Eingangsstatement glaubte er, ein Ultimatum stellen zu können: Entweder er bekomme Zugriff auf alle seine Daten, oder er antworte nicht. Ein anderes Mal komme er aber gerne wieder.
Furcht vor Falschaussage
Denn, so seine Begründung, er habe keinen Zugriff auf seine Postfächer, Emails und Chats gehabt, die an den Untersuchungsausschuss übermittelt worden seien, und sich daher nicht ausreichend vorbereiten können. Er wolle sich nicht der Gefahr der Falschaussage aussetzen und daher auf nichts antworten.
So pauschal kann man seine Aussage im Untersuchungsausschuss aber nicht verweigern. Ob Pilnacek sich entschlagen darf, muss bei jeder Frage einzeln abgewogen werden, so Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl.
Das stellte er jedoch nicht unmittelbar nach Pilnaceks Ultimatum klar, sondern erst nach zahlreichen vergeblichen Fragen der Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli.
Verwirrung ums Entschlagungsrecht
Nach einiger Diskussion, zahlreichen Geschäftsordnungsdebatten und Stehungen, bei denen es darum ging, ob Pilnacek nun diese oder jene Frage nicht beantworten muss, setzte Pöschl noch nach: “Ich bin in der Lage, das großzügiger zu sehen, wenn sich eine Auskunftsperson nicht entsprechend vorbereiten konnte.”
U-Ausschuss-Vorsitzender Friedrich Ofenauer (ÖVP), der am Dienstag Wolfgang Sobotka vertrat, ergänzte: Die Gründe müssten bei einer Entschlagung im jeweiligen Fall glaubhaft gemacht werden.
Und, dass die Gründe für seine Entschlagung – also der simple Verweis auf mögliche strafrechtliche Verfolgung und vermögensrechtliche Nachteile – glaubhaft sei, finden Verfahrensrichter und Vorsitz bei fast jeder Frage.
“Volle Unterstützung von Schwarz und Türkis”?
Oft argumentierte Pilnacek, die Abgeordneten sollten ihm Dokumente vorlegen, wenn Sie ihm eine Frage stellen. Als die Abgeordneten dem Folge leisteten, erklärte Pilnacek dann meist, aufgrund gewisser kurzer Chatausschnitte könne er nicht antworten, denn ihm fehle der Kontext, also die Chats davor und danach.
Unter den Fragen, die Pilnacek nicht beantworten wollte, waren solche wie: Waren Sie bei einem Cocktailevent von Gernot Blümel im Jahr 2019 zu Gast? Haben Sie ein Naheverhältnis zur ÖVP? Letztere Frage war etwa mit einem Chatverlauf zwischen Wolfgang Brandstetter und Pilnacek hinterlegt. Darin schreibt Brandstetter, Pilnacek habe die volle Unterstützung von Schwarz und Türkis. Wie das zu verstehen sei? Der suspendierte Justizsektionschef wollte nicht antworten und durfte sich entschlagen.
Es folgten mehrere Geschäftsordnungsdebatten und Stehungen der Abgeordneten, um festzustellen, ob bestimmte Fragen zulässig sind. Tomaselli stellte in den Raum, eine Beugestrafe zu fordern, auch Hafenecker von der FPÖ ist dem nicht abgeneigt. Er bezeichnet die Befragung im U-Ausschuss unter diesen Bedingungen als “Sinnlosveranstaltung”.
Patzige Antworten
Interessant war vor allem, welche Fragen als nicht zulässig bewertet wurden: Die FPÖ fragte Pilnacek nach einem Chat zwischen Pilnacek und Schützenhöfer, in dem es um die Karriere von Pilnaceks Frau ging – zu einer Zeit, als ein hoher Posten in der Justiz frei war. Pilnacek fand, die Karriere seiner Frau sei Privatsache – er durfte sich auch hier entschlagen. Zu einem späteren Befragungszeitpunkt sagte er sinngemäß, seine Frau habe ihre Karriere immer alleine gemeistert.
Unter den wenigen Antworten, die er gab, sparte Pilnacek nicht mit patzigen Aussagen: Die Grünen wollten etwa wissen, wie lange und wie gut er Eva Marek kenne. Darauf Pilnacek: “Wie viele Personen wollen Sie abfragen, wie gut, wie schlecht ich sie kenne?” Marek habe in der Strafsektion begonnen und mit ihm an der StPO-Reform gearbeitet. Das sei es gewesen.
Marek wird heute, Mittwoch, selbst als Auskunftsperson im U-Ausschuss befragt.
(sm)
Titelbild: APA Picturedesk