Gegen drei Personen des Cyberkonzerns Cyan wird wegen des Verdachts auf Marktmanipulation ermittelt, einer der Fälle hat mit Wirecard zu tun. ÖVP-Großspender Schütz bleibt indes wesentlicher Aktionär.
München/Wien, 09. Mai 2022 | Der Münchner Cyberkonzern Cyan, in der Vergangenheit für die Website-Sicherheit im österreichischen Außenministerium (BMEIA) zuständig, sieht sich Ermittlungen ausgesetzt. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft München I auf Anfrage im Rahmen einer gemeinsamen Recherche von ZackZack und „Handelsblatt“.
Gegen drei Beschuldigte wird ein Ermittlungsverfahren wegen des „Verdachts des Verstoßes gegen das Verbot der Marktmanipulation in zwei Fällen“ geführt. Es gilt die Unschuldsvermutung. Der Konzern selbst wollte bislang keine Stellungnahme abgeben.
Untergeordneter Wirecard-Bezug
Einer der Verdachtsfälle hat „einen untergeordneten Bezug zu rechtsgeschäftlichen Beziehungen zwischen der Cyan AG und dem Wirecard-Konzern“, wie die Staatsanwaltschaft München I mitteilte. Das ist jene Staatsanwaltschaft, bei der fast alle Ermittlungsstränge rund um den mittlerweile insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard zusammenlaufen.
Das „Handelsblatt“ berichtete im Juli 2021 über Untersuchungen des Wirecard-Insolvenzverwalters Michael Jaffé. Ihm fiel dabei auch Cyan auf. Demnach sollte Cyan eine Bezahlapp von Wirecard sicherer machen. Der jetzt flüchtige Wirecard-COO Jan Marsalek kümmerte sich laut Bericht persönlich um die Einfädelung des Geschäfts. Kosten: 5,0 Millionen Euro. Noch Ende März 2020 hatte Cyan diese Summe als Forderungen an Wirecard verbucht.
Von Cyan wird ein Geldfluss bestritten, wobei ein Anwaltsschreiben behauptet, „bisherige Zahlungen“ an Cyan seien von Jan Marsaleks Assistentin freigegeben worden. Im Moment des Zusammenbruchs von Wirecard am 18. Juni 2020 kündigte Cyan dann negative Folgewirkungen an, sollte es auch zu einer Insolvenz der Wirecard-Tochter Wirecard Technologies kommen – was geschah.
Sicher ist: ermittelt wird gegen die drei Beschuldigten auf Grundlage einer Anzeige der deutschen Finanzmarktaufsicht BaFin. Und die untersuchte zuvor die Finanzinstrumente der Cyan AG. Das geht aus einer Antwort der deutschen Bundesregierung auf eine Linken-Anfrage hervor. Wer die drei Beschuldigten sind, ist derzeit genauso unklar, wie Details zum zweiten Verdachtsfall aus dem Cyan-Umfeld.
Schütz bleibt wesentlicher Aktionär
Bei Cyan kommen prominente Persönlichkeiten zusammen. Bis Ende 2021 war Alexander Schütz der Finanznews-Plattform „dgap.de“ zufolge noch Aufsichtsratsvorsitzender, ehe er sich aus „persönlichen Gründen“ zurückgezogen habe. Auf ZackZack-Anfrage bestätigte der ÖVP-Großspender, weiterhin als Cyan-Aktionär investiert bleiben zu wollen. Er könne ausschließen, dass sein Rückzug aus dem Aufsichtsrat mit den Ermittlungen zu tun habe, da er über ein entsprechendes Verfahren zum Zeitpunkt des Rücktritts nicht informiert gewesen sei.
Im Jänner 2022 rückte der New Yorker Unternehmer Adrian Shatku in den Aufsichtsrat nach. Das Kontrollgremium hatte mit Trump-Mann und Ex-US-Botschafter Trevor Traina schon im Juni 2021 prominenten Zuwachs bekommen.
Während sich 59 Prozent der Cyan-Aktien in Streubesitz befinden, hält Alexander Schütz mit Stand Juni 2021 (Hauptversammlung) 9,6 Prozent persönlich sowie 9,4 Prozent über die Alex Schütz Familienprivatstiftung, wie aus der Website des Konzerns hervorgeht. 10,1 Prozent hält demnach die Tansanit Stiftung von Novomatic-Partner Rudolf Binder, 4,6 Prozent fallen auf den Vorstand, 3,5 Prozent wiederum auf Ex-CEO Peter Arnoth.
Die maltesische Infinitum Ltd., die in den Paradise Papers auftauchte, hält 1,0 Prozent. Sie ist verbunden mit Christian Angermayers Family Office Apeiron Investment Group, auf die 2,8 Prozent fallen. Angermayer und Schütz kennen sich gut, sie hatten in der Vergangenheit geschäftlich auch mit dem neuen Arbeitgeber von Sebastian Kurz, Investor Peter Thiel, zu tun.
Geschäftsbeziehung mit Außenministerium beendet
In Wien firmiert die Cyan-Tochter Cyan Networks. Die war von 2009 bis 2021 im österreichische Außenministerium für einen Teil der Cybersicherheit zuständig, wie ZackZack aufdeckte. Ein Vertreter des Konzerns erklärte zum damaligen Zeitpunkt gegenüber ZackZack, es habe keine Ausschreibung für den Staatsauftrag gegeben, „da das Auftragsvolumen unterhalb der Ausschreibungsgrenzen“ gelegen habe. Und weiter: „Vom BMEIA wurde unser secure web gateway für die Botschaftsstandorte bezogen“. Das ist mit Ende letzten Jahres Geschichte.
Alexander Schütz bestätigte im ÖVP-U-Ausschuss das Auslaufen der Software und das Aufkündigen des Vertragsverhältnisses. Er dementierte vor den Abgeordneten, an der BMEIA-Beauftragung beteiligt gewesen zu sein.
Die Herausforderungen für den Konzern, der sich im Zuge der Wirecard-Erschütterungen neu aufstellen wollte, bleiben: der Kurs der Cyan-Aktie ist mit gegenwärtig knapp 3 Euro (6. Mai) ausbaufähig.
(wb)
Titelbild: APA Picturedesk (Symbolbild)