Samstag, Juli 27, 2024

Wolf: »Das ist falsch« – Karner in »ZIB 2« komplett planlos

Wolf: »Das ist falsch«

Innenminister Gerhard Karner hatte es Dienstagabend im “ZIB2”-Studio schwer, seine Online-Kampagne gegen illegale Migration zu verteidigen. Richtig hitzig wurde es, als es um die Abschiebung der damals zwölfjährigen Tina ging, die laut Höchstgericht rechtswidrig war.

Wien, 24. August 2022 | Pünktlich vor der anstehenden Landtagswahl in Tirol, die laut Umfragen alles andere als gut für die ÖVP ausgehen wird, lässt man das Thema Asyl wieder aufkochen. Am Dienstag hat Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) eine Online-Kampagne gegen illegale Migration präsentiert.

Die “Infooffensive” versteht Karner als “Gegenerzählung beziehungsweise Gegenmarketing zu den Lügen der Schlepper”. Sie soll dazu dienen, die “Mythen der Migration” zu entlarven und Menschen davor warnen, sich in die Hände von Schleppern zu begeben. Auch nach Syrien und Afghanistan möchte man wieder abschieben.

6.200 Abschiebungen im ersten Halbjahr

Noch am selben Abend war der Innenminister und – als Bürgermeister der Gemeinde Texing – ehemaliger Betreiber des umstrittenen Dollfuß-Museums dann zu Gast bei Armin Wolf in der “ZIB2”. Es habe im ersten Halbjahr rund 42.000 Asylanträge in Österreich gegeben, mehr als im gesamten vergangenen Jahr, argumentierte Karner. Mit den Maßnahmen wolle man angesichts der unzähligen Menschen, die im Mittelmeer auf dem Weg nach Europa ertrunken sind, weitere Tragödien verhindern. Man wolle den Schleppern “nicht die Deutungshoheit” überlassen.

Als Wolf dem Minister entgegensetzte, dass eine ähnliche, vorwiegend in Afghanistan, geschaltete Kampagne seiner Vorgängerin Johanna Mikl-Leitner (ebenfalls ÖVP) vor sechs Jahren nur wenig Wirkung zeigte, bekräftigte Karner, dass man sich nun auf Länder wie Tunesien, Pakistan und Indien fokussiere, welche praktisch keine Chance hätten, in Österreich Asyl zu bekommen. Auch das sei falsch, unterbrach ihn Wolf. Tatsächlich hätte es im Vorjahr 48 Menschen aus diesen Ländern gegeben, die Schutz erhalten hätten.

Für eine konsequente Asylpolitik brauche es auch Außerlandesbringungen, betonte Karner. Von diesen soll es im ersten Halbjahr 6.200 in Österreich gegeben haben. Zwei Drittel der Rückführungen hatten andere EU-Staaten als Ziel. In Ländern, die Karner nun in seiner Kampagne als problematisch ansieht, waren es vergleichsweise wenige Abschiebungen, wie etwa 7 nach Indien, so Wolf.

Tina: VwGH-Urteil könne man “so oder so” interpretieren

Das Thema Abschiebungen sollte das Thema sein, dass die Stimmung im Studio dann endgültig zum Kochen brachte. Als Wolf Karner fragte, ob er sich nach dem Entschluss des Verwaltungsgerichtshof (VwGH), dass die Abschiebung der damals zwölfjährigen Tina rechtswidrig war, bei dieser öffentlich entschuldigen möchte, begann ein Hin und Her, das man in der “ZIB2” so noch selten gesehen hatte.

Der Innenminister, der sich nicht entschuldigte, meinte, dass beide Entscheidungen – abschieben oder eben nicht – vertretbar gewesen seien. Das Urteil des Höchstgerichts könne man “so oder so” interpretieren. Wolf machte Karner mehrmals darauf aufmerksam, dass dies “falsch” sei, ein Höchstgericht habe entschieden. Doch der Minister hielt die damaligen Behördenentscheidungen bis zum Ende des Interviews für richtig. Auch die Abschiebung von Tinas Schwester und Mutter war vom VwGH als rechtswidrig beurteilt worden. Ob diese nun auch nach Österreich zurückkehren dürften? Das hätten “die Behörden zu entscheiden”, so Karner, dem diese Behörden als Innenminister unterstellt sind.

Stellungnahme zu Kellermayr

Wolf nutzte zuletzt auch die Möglichkeit, Karner um eine Stellungnahme zum Suizid der oberösterreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr zu bitten. Dieser hatte sich bis dato nicht dazu geäußert. Ob die Polizei in diesem Fall alles richtig gemacht habe, wollte der Moderator wissen. Wenn ein Mensch auf diese Weise aus dem Leben scheidet, sei sicher vieles falsch gelaufen, auch im Leben von Kellermayr, so Karner. Es sei von mehreren Stellen “vieles gesagt” worden, dabei sei sicher auch “der ein oder andere falsche Satz gefallen”. Er sei aber nicht dazu bereit, Einzelne vor den Vorhang zu holen – egal, ob Polizei, Ärzte oder Behörden.

Das ganze Interview können Sie hier nachsehen.

(mst)

Titelbild: Screenshot/ORF-TVthek

Autor

  • Markus Steurer

    Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.

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