Freitag, April 19, 2024

Nicht einmal ein Hundertstel Prozent: Klimabonus-Neiddebatte um fast nichts

Klimabonus-Neiddebatte um fast nichts

Die ÖVP Tirol und Laura Sachslehner machen sich gegen die Ausbezahlung des Klimabonus an Asylwerber und Häftlinge stark, die vom Staat versorgt werden. Um wie viele Menschen geht es überhaupt? Und um wie viel Geld? ZackZack hat die Zahlen.

Wien, 13. September 2022 | Neiddebatten sind ein beliebtes Mittel in der politischen Kampf-Arena. Das bestätigt sich gerade wieder in Österreich. Denn geht es nach der eben zurückgetretenen Laura Sachslehner und der Tiroler ÖVP sowie der FPÖ, soll der Klimabonus an Häftlinge und Asylwerber, die sich in der Grundversorgung befinden, nicht ausgezahlt werden. Dass es sich um eine Scheindebatte handelt, ist offensichtlich, wurde der Klimabonus für alle, die seit sechs Monaten ihren Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet haben, doch schon unter der Ära Kurz von der ÖVP einstimmig mitbeschlossen.

Zahlen und Daten

Um die Diskussion richtig einordnen zu können, hilft ein Blick auf die Zahlen. Anfang des Jahres 2022 gab es laut Asylstatistik des Innenministeriums 30.221 Asylwerber in der Grundversorgung, acht Monate später mit Stichtag 1. August 2022 waren es 88.602. Damit entfällt ein hoher Anteil an Asylwerbern in der Grundversorgung auf Menschen, die vermutlich vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind. Der Klimabonus in Höhe von 500 Euro beliefe sich für Asylwerber in der Grundversorgung damit auf 44,3 Millionen Euro.

Für die 8.436 Insassen österreichischer Gefängnisse fielen noch einmal 4,2 Millionen Euro an – alles in allem würde das also insgesamt 48,5 Millionen Euro ausmachen.

Da jedoch nur jene Personen überhaupt anspruchsberechtigt sind, die bereits mehr als sechs Monate in Österreich leben, reduziert sich die Zahl dramatisch. Aufseiten der Asylwerber soll es sich demnach laut einem Bericht der “Kleinen Zeitung” nur noch um etwas mehr 10.000 Personen handeln. Ginge man davon aus, dass alle Häftlinge anspruchsberechtigt sind, ergeben sich folglich Ausgaben in Höhe von insgesamt lediglich rund 9,2 Millionen Euro für Asylwerber und Häftlinge.

Anteil am Sozialprodukt

Die Ausgaben für Soziales betrugen im Jahr 2021 132,2 Milliarden Euro – ein neuer Höchststand. Da die Wirtschaftsleistung jedoch im selben Jahr mit 6,2 Prozent stark anstieg, sank die Sozialquote. Das ist der Anteil der Sozialausgaben am Bruttoinlandsprodukt. Zieht man das Jahr 2021 als Berechnungsgrundlage für Sozialausgaben heran, ergibt sich ein Anteil von 0,0069 Prozent an allen Sozialleistungen. Die Kosten des Klimabonus für Asylwerber und Häftlinge sind damit verschwindend gering.

Dubiose Kosten im Vergleich

Kein Grund für die Tiroler ÖVP oder die FPÖ, Einkommensschwache nicht gegen alle anderen Bürger auszuspielen, die den Bonus ebenfalls bekommen. Zahlenvergleiche zog man dabei bisher nicht heran.

So übersteigen die Kosten für angeordnete Überstunden im ÖVP-geführten Verteidigungsministerium innerhalb von drei Monaten beispielsweise das 9,2 Millionen Paket eindeutig. Im von Klaudia Tanner geleiteten Ressort fallen in einem Quartal rund 12 Millionen Euro an. Wofür die umfangreichen Überstunden angeordnet waren, wollte auf ZackZack-Anfrage nicht beantwortet werden.

Ebenfalls deutlich teurer war – ein Beispiel aus aktuellem Anlass – die Zusammenlegung der Krankenkassen unter der ÖVP-FPÖ-Koalition. Wie aus einer parlamentarischen Anfragebeantwortung seitens NEOS-Sozialsprecher Loacker hervorgeht, die dem „Kurier“ bereits vorliegt, war die wegen erwarteten Einsparungen erfolgte Fusion nicht nur ein großer Kostenfaktor, sondern schlug sich vor allem für externe Beraterfirmen günstig zu Buche. Diese cashten im Rahmen der Kassenzusammenlegung 21,1 Millionen Euro ab. Über mehr als 16 Millionen davon konnte sich, wie der „Kurier“ berichtet, eine einzelne Steuerberatungsgesellschaft freuen: die KPMG.

Aber darüber sprechen die Begründer der Klimabonus-Neiddebatte nicht so gerne.

(dp)

Titelbild: TOBIAS STEINMAURER / APA / picturedesk.com

DanielPilz
DanielPilz
Taucht gern tiefer in komplexe Themengebiete ein. Lebt trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm und verpasst fast kein Fußballspiel.
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18 Kommentare

  1. Allein an diesen Zahlen sieht man, wie weit die ÖVP von den wirklichen Bedürfnissen der Menschen weg ist.

    Sie rundert nur mehr hilflos herum und versuchen mit allen Mitteln abzulenken.
    Zum Beispiel von diesen verschwenderischen und völlig unnötigen Ausgaben bei ihrer Regierungsmurkserei. Ein aussagekräftiger Tatbestand dafür sind die ausufernden Beratungskosten der ÖVP Regierungsmitglieder.
    Nutznießer parteihnahe Institue.

    Gut, dass diese naive Sachslehner endlich weg ist. Aber es wird nichts besseres nachkommen. Das ist die traurige Realität!

  2. Ich habe einmal eine Geschichte über Houdini gehört. Houdini, der berühmte Entfesselungskünstler, war auch ein begnadeter Pushtra-Ziehharmonikaspieler. Er ging in ein Lokal und man erkannte ihn. Die Kapelle, die aufspielte, bat ihn zu spielen. Er tuts. Danach tosender Applaus im Lokal. Er nahm eine Mütze und ging absammeln. Es waren betuchte Leute in diesem Lokal, die meisten gaben üppig. An einem Tisch hielt er einem Mann die Mütze hin und bat um eine Spende für die Kapelle. Dieser sah auf und sagte: “Nein. Mir hat auch noch niemand etwas geschenkt.” Houdini sah ihn nachdenklich an und leerte den Mützeninhalt auf seinen Tisch. “Es gehört Ihnen. Wenn Ihnen noch nie jemand etwas geschenkt hat, sind Sie der ärmste Mensch auf der Welt.”

  3. Hauptsache wir sind die Schastrommel los…die hat sich selber ins out geschossen mit ihrer Hetzerei…gut so!

  4. wart
    wir scheissen uns da wege ned mal 10mio an und gleichzeitig blasen wir “den da oben” milliarden in den arsch?!

    oida
    😂😂
    ihr habts as echt im schüssal

  5. Blaubraun schürt den Neid. Das hatte schon den Ausgang beim schwulen Alki aus dem Bärental mit seinen frei erfundenen Taferln ( hat ihm die schon damals der Herpferd geschrieben?).
    Die schwarze Brut hat ja schon immer schwere Tendenzen nach rechts. Das beweisen Aussagen von Stelzer, Mahrer und auch der Dame aus Wien. Schaslehner oder so.
    Der Kurze hat es ja dann mit rechten Themen sogar zum Kanzler geschafft.
    Gottseidank hat man den schleunigst entfernt. Bissi spät aber doch. Der Herpferd is auch gescheitert….Darum har er dann auf Ivermectin umgesattelt.
    Jetzt geifert er gemeinsam mir Rosenkranz in diversen Zelten um Aufmerksamkeit.
    Traurige Zeiten für unser Land.

  6. Ich denke, in solchen “politischen Debatten” geht es neidbetont nie um sachliche, betriebs- oder volkswirtschaftliche Argumente, um budgetären Kostenfaktor, um Effizienzsteigerung, am allerwenigsten um soziale, wirtschaftliche, umweltbewusste Nachhaltigkeit. Es geht diesen Protagonist:innen rein darum, (ver)hetzende, stereotype Vorurteile zu nähren, um die Pflege kultureller Segregation, dekadentes Klassendenken zu forcieren, in sozialer Hirarchie gepflegter Hybris zu (be)werten: “Mia san Mia”, “die gehören weg, fort”, “es steht denen (unten) nicht zu”, “wie kommen MIA dazu, dass…”, “die sollten sich mal bewähren, weil sie fremd sind”, “die sind sowieso anders”…

    Warum kann das so offen unverblümt in sozialer Demontage gerade auch im schwarzen Lager kommuniziert werden? (im blauen ist’s ja praktisch inhärent) Wie meinte der Ex-BK in Spe doch kürzlich im ORF-Sommergespräch zu hunderttausenden Seher:innen mit süffisanter Miene?: “Wer bestimmt was Moral ist?”

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