Sobotka:
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) bedauert auch fast ein Jahr nach dem Kurz-Rückzug die politische Abwesenheit des Alt-Kanzlers. Man habe Sebastian Kurz „aus dem Amt gemobbt“. Auch über eine mögliche Rückkehr äußerte er sich.
Wien, 27. September 2022 | Am Wochenende gab Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka dem „Standard“ ein Interview zur Lage der ÖVP und seinen persönlichen Ambitionen, 2028 Bundespräsident zu werden. Gleich vorne weg: Sobotka dementierte, dass er sich bei der nächsten Wahl aufstellen werde. Er sei „aus großer Überzeugung“ Parlamentarier, deswegen sehe er seine Aufgabe im Parlament. Er habe zudem „noch nie“ überlegt, Bundespräsident zu werden.
Dass die ÖVP in einer schwierigen Situation sei, gesteht Sobotka im Interview sogar ein. Seine Begründung sieht jedoch wenig Schuld bei der Volkspartei. Vielmehr seien die „permanent unterstellte Korruptionsvermutung“, die einen „Generalsverdacht nährt“ „nicht gerade ideal“. Auch gegen Sobotka ermittelt derzeit die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft – es gilt die Unschuldsvermutung.
Sobotka soll, so die WKStA, bei der Postenbesetzung der Wiener Vizelandespolizeidirektion interveniert haben – ZackZack berichtete. Auf seinem Rechner hatte der damalige Innenminister Listen mit dem Titel „Interventionen“ geführt. Darauf angesprochen, warum er diese Listen mit „Interventionen“ betitelt hatte, verteidigte Sobotka dies damit, dass Intervention „sich einschalten“ heißt, „nicht mehr“.
“Aus dem Amt gemobbt”
Auch auf seinen Ex-Parteichef, Sebastian Kurz, ging Sobotka ein. Auf die Frage, ob Alt-Kanzler Kurz auf die politische Bühne zurückkehren könne, solange Verfahren gegen ihn laufen, antwortete Sobotka ausweichend. Man habe derzeit „einen wirklich hervorragenden Bundeskanzler“ (Anm. Karl Nehammer). Er glaube nicht, dass Kurz ein Interesse daran habe, erneut in die Politik einzusteigen.
„Bedauerlich“ und „bedenklich“ findet Sobotka, dass man den Kanzler „aus dem Amt gemobbt hat“. Wer genau Kurz aus dem Amt gemobbt habe, wollte der Nationalratspräsident dann aber nicht mehr erklären.
Seine umstrittene Rolle im ÖVP-Untersuchungsausschuss, in dem er als Vorsitzender agiert und gleichzeitig Ermittlungen gegen ihn laufen, sieht Sobotka anders als die Opposition. Er glaube, dass er „sehr oft dazu beigetragen“ habe, dass er die Situation im Untersuchungsausschuss „deeskaliert“. Aber im Untersuchungsausschuss „ist keiner ein Heiliger“ für den Vorsitzenden.
(bf)
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