Mittwoch, Dezember 11, 2024

VdB oder Wlazny? Ein Streitgespräch

Ein Streitgespräch

Der Bundespräsidenten-Wahlkampf ist geschlagen, am Sonntag ist die Bevölkerung gefragt. Wer macht das Rennen? Benjamin Weiser und Benedikt Faast erklären, welche Kandidaten sie für wählbar halten.

7. Oktober 2022 | Am Sonntag um 17 Uhr steht fest, ob es eine Stichwahl gibt oder Alexander Van der Bellen im ersten Wahlgang wiedergewählt wird. Wen man guten Gewissens wählen kann:

Van der Bellen ist der einzige, der das Amt ausfüllen kann

Benjamin Weiser

Gleich vorweg: Ich sehe die Amtszeit von Alexander Van der Bellen kritisch. Zu lange hat er bei all den Kurz-Skandalen und ÖVP-Korruptionsvorwürfen geschwiegen. Zu unterschiedlich war seine Beurteilung von Straches Ibiza-Fantasie auf der einen und der türkisen Umsetzung auf der anderen Seite. Und dennoch ist er der wählbarste aller Kandidaten. Das liegt vor allem an seiner Konkurrenz.

Die gefährliche Freakshow an Herausforderern hat gezeigt, wie viel Schaden das politische System in Österreich in den letzten Jahren genommen hat. Die beiden „Großparteien“ ÖVP und SPÖ waren unfähig, einen eigenen Kandidaten oder eine Kandidatin ins Rennen zu schicken.

Die Folge: Ein rechtspopulistischer „Krone-Kandidat“ mit gefährlichem Halbwissen; ein „Oe24-Schreihals“ als billige Austro-Trump-Version; ein farbloser FPÖler, der sich nicht zwischen Bundesheer, Putin und Neutralität entscheiden kann; ein Impfgegner, der auch als Bundespräsident auf der Straße marschieren würde; und schließlich ein schläfriger Verschwörungserzähler der 68er-Generation, der besser Schuster geblieben wäre.

Einzig Dominik Wlazny hat überzeugt – als guter Typ mit großem Herz und Hirn. Aber eben nicht als möglicher Bundespräsident. Van der Bellen kennt das Amt und kann es ausführen. Das alleine reicht schon im Österreich der 2020er Jahre.

Wlazny: Ein Zeichen setzen

Benedikt Faast

Nein, Dominik Wlazny wird nicht Bundespräsident. Nein, Dominik Wlazny ist vermutlich nicht einmal die beste Wahl. Die Hofburg muss nicht mit einem jungen, frischen Wind durchgelüftet werden, aber sie muss dringendst wieder einmal entstaubt werden. Und dem Amtsinhaber muss gezeigt werden, dass er in den letzten zwei Jahren zu lethargisch war. Das geht nur, indem man ihm bei der Wahl am Sonntag zeigt, dass man mit seiner Amtsführung nicht 100-prozentig d’accord ist und ihn in die Stichwahl schickt.

Van der Bellen agiert, seit die Grünen in der Regierung sitzen, zu zaghaft mit mahnenden Worten. Bei der Ibiza-Affäre haute Van der Bellen noch auf den Tisch, bei den ÖVP-Chats folgten halbherzige Ermahnungen. Dass dies kein Weg für die kommenden sechs Jahre ist, muss auch dem Staatsoberhaupt klar werden.

Einzige realistische Option, um dem Amtsinhaber dies zu zeigen: Wlazny. Inhaltlich sind die beiden sowieso nicht weit auseinander. Im Wahlkampf präsentierte Wlazny eine gereifte Rolle – im Vergleich zu seinem Wien-Wahlkampf. Betont seriös, nicht untergriffig und mit einem Auge für soziale Themen. Van der Bellen hingegen wirkte in den Interviews gereizt und teilweise von oben herab. Der Amtsinhaber muss wieder zu seinem alten Ich zurückfinden und das geht nur über die Stichwahl gegen Wlazny.

Titelbild: GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com / Christopher Glanzl

Autor

LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

58 Kommentare

58 Kommentare
Meisten Bewertungen
Neueste Älteste
Inline Feedbacks
Zeige alle Kommentare

Jetzt: Assingers Stinkefinger in Breitenfurt

Nur so unterstützt du weitere Recherchen!