Freitag, April 26, 2024

Ex-Korruptionsjägerin packte über Parteipolitik aus – U-Ausschuss

U-Ausschuss

Die pensionierte Korruptionsbekämpferin K. bekräftigte vor dem U-Ausschuss, was NEOS-Fraktionsführerin Krisper bereits länger vermutet: Die polizeiliche Antikorruptionsbehörde BAK soll parteipolitisch besetzt und personell ausgehungert worden sein.

Wien, 20. Oktober 2022 | Es sind schwerwiegende und für eine U-Ausschuss-Befragung ungewohnt klare Aussagen, die die pensionierte Korruptionsjägerin Martina K. tätigte. Sie war bis zu ihrer Pensionierung im Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) Leiterin der Abteilung für Prävention, Edukation und internationale Zusammenarbeit gewesen.

Ihre Aussagen am Donnerstag bestätigten die Vermutung, die allen voran NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper bereits im Rahmen der Befragung von BAK-Direktor Otto Kerbl vor der Sommerpause geäußert hatte: Das Personal im BAK, dem polizeilichen Gegenstück der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), schwindet seit Jahren empfindlich und das behindert die Arbeit der Behörde. K. sagte, davon sei besonders ihre Abteilung betroffen gewesen: „Prävention war halt nicht so wichtig.“ Ihr Urteil über den Zustand des Antikorruptionsbehörde: Der Standard habe sich in den vergangenen Jahren verschlechtert.

Außerdem beklagte sie, aktiv aus bestimmten Gesprächen und Arbeitsgruppen ferngehalten worden zu sein, weil sie nicht zum „Inner Circle“ gehört habe. „Inner Circle“, führte sie aus, bedeutet, der ÖVP gegenüber loyal zu sein.

Mit Stellvertreter zwangsbeglückt

Von einer konkreten parteipolitischen Besetzung berichtete K. dann auch, und zwar jener ihres Stellvertreters und Leiters des BAK-Referats für Prävention und Ursachenforschung. Von dem habe sie sich dann auch ausgespielt gefühlt. Er habe ihre Abwesenheit genützt für zweifelhafte Aufträge an die Belegschaft und habe auch die Hierarchie umgangen und an ihr vorbei direkt dem BAK-Direktor berichtet.

Die Mitarbeiter seien zu K. mit Klagen darüber gekommen, dass die Aufträge des Direktors unklar seien. K. erzählte auch, sie habe aus zweiter Hand erfahren, er habe gesagt, er sei zur Bewerbung auf den Posten aufgefordert worden – von wem, wusste sie nicht – und dass er nicht wisse, warum er auf dem Posten sei, er kenne sich eigentlich nicht aus.

K. habe sich deshalb mehrfach an den damaligen Zwischen-Direktor Lukas Berghammer gewandt und an Otto Kerbl, der damals noch Abteilungsleiter für Ressourcen (auch personelle), Support und Recht war. Schließlich sei der Referatsleiter nach einem halben Jahr dem Direktorat zugeteilt worden, um die Situation zu entspannen. Mittlerweile ist er laut BMI-Website wieder zurück auf dem Posten.

„Mit Angehörigen der ÖVP besetzt“

K. sagte, die Besetzung sei politisch gewollt gewesen und von Damals-Direktor Andreas Wieselthaler, Kerbl und dem damals zuständigen Sektionschef im BMI durchgesetzt worden. Ihnen allen attestierte K. eine Nähe zur ÖVP. Kerbl selbst hatte bei seiner Befragung im Juli widerwillig zugegeben, er sei ruhendes Mitglied bei der ÖVP und bei der Fraktion Christlicher Gewerkschafter.

K.s neuer Stellvertreter sei Mitglied bei der katholischen Studentenverbindung Österreichischen Cartellverband. Ein Hearing für die Postenbesetzung sei kurzfristig abgesagt worden, einen Grund dafür habe sie von der BMI-Personalabteilung nicht erfahren. „Ich glaube, das ist jetzt keine besondere Erkenntnis, aber natürlich, wie bei anderen BMI-Besetzungen, sind auch die BAK-Führungskräfte Großteils mit Angehörigen der ÖVP besetzt worden“, so K.

Personal empfindlich geschrumpft

Das Personal sei in ihrer Abteilung mit der Zeit auf ein Drittel des Personals geschrumpft, der Mangel habe sich aber durch fast alle Abteilungen gezogen. Es sei nicht mehr möglich gewesen, die gesetzlichen Aufgaben entsprechend zu erfüllen. Viele Kollegen seien wegen schlechter Stimmung weggegangen, erzählte K. Die Ressourcen hätten gefehlt, die Arbeit sei nicht anerkannt worden. Man habe sogar den Auftrag bekommen, keine neuen Präventionsprojekte zu starten.

Das habe sie auch regelmäßig nach oben kommuniziert, erstmals Ende 2018, und darauf hingewiesen, dass die Situation Risiken für die Korruptionsprävention berge. Ihr sei mit Aufnahmesperren entgegnet worden oder damit, dass die 2020 gestartete Evaluierung noch laufe und man etwaigen Strukturänderungen nicht vorgreifen wolle. Die angekündigte Reform des BAK – inklusive Einrichtung einer Beschwerdestelle gegen mutmaßliche Polizeigewalt – ist weiterhin ausständig.

Nicht erwünscht

„Ich habe mich gegen etwas gestellt und wurde dafür sanktioniert“, schilderte K. vor dem U-Ausschuss. Sie sei aktiv aus für ihre Abteilung relevanten Gesprächen und auch aus dem Projektteam für die BAK-Evaluierung ausgeschlossen worden. Sie habe beim damaligen interimistischen Direktor Otto Kerbl durchsetzen können, dass zumindest ein geeigneter Mitarbeiter aus ihrer Abteilung der Arbeitsgruppe zugeteilt wurde. Es sei ihr wichtig gewesen, dass jemand die Präventions- und Ausbildungsarbeit vertrete.

Das Verhältnis zu Kerbl sei während seiner Zeit als Abteilungsleiter noch in Ordnung gewesen, während seines Direktorats geradezu schikanös. Zur Erinnerung: Seit Juli 2022 ist Kerbl fix auf dem Posten, davor war er ab 2020 interimistischer Direktor. Trotz der angespannten Personalsituation habe er laut K. Aufträge mit sehr kurzen Fristen erteilt und habe sie dazu gedrängt, zu unterschreiben, dass ihr nicht in Anspruch genommener Urlaub mit Jahresablauf verfallen würde. Zu ihrer Pensionierung habe es schließlich „keine Verabschiedung, kein Danke, kein Nichts“ gegeben.

(pma)

Titelbild: ZackZack/ Christopher Glanzl

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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47 Kommentare

  1. Danilo fragte: wozu haben wir den Mafia Paragraphen?
    Ganz einfach. Um unerwünschten Aufdeckern die Existenz zu ruinieren.

    • Eine rein rhetorische Frage, die auf die mafiöse Struktur dieses schwarzen Staates im Staat verweisen sollte!
      Tatsächlich totes Recht, wenn es um die korrupten Betrüger und Agitatoren geht, die sich der Omerta verpflichtet haben! Amtsmissbrauch und der Betrug am Bürger, dieser mafiösen Bande, haben eine Dimension erreicht, die auch nach dem Abgang des größten politischen Schädlings der 2. Republik, nach wie vor die Fundamente der 2. Republik unterminieren! Es handelt sich dabei um ein politisches Netzwerk, im Bereich der Wirtschaft auch oft um ein Kartell, das klar gegen die Strukturen und Interessen des Staates agiert.
      Ein paar Tierschützer hingegen wurden wegen der Aufdeckung von unvorstellbaren Schweinereien in Schweineställen, diese Umstände waren zuletzt in NÖ wieder zu sehen, mittels des Mafiaparagrafen mundtot gemacht und deren Existenzen vernichtet!
      Es ist nicht realistisch die korrupten Betrüger und Politiker hinter Gitter zu bringen, die vorhandenen Kapazitäten reichen dafür nicht aus!
      Glaubhafte Justiz würde aber wenigstens um den materiellen Schaden kämpfen!

      Niederösterreichs Bürger hätten bald die Gelegenheit, an der Ausmistung dieses Schweinestalles mitzuwirken. Die NÖ Landtagswahl könnte man sogesehen auch als Möglichkeit der „Selbstjustiz“ sehen.

      • Ich glaube, dass zu viele von der korrupten schwarzen Brut abhängig sind und deswegen die mafiöse Familie weiter 20-30 % bekommen wird.
        Ein massiver Verlust für die hässliche Schreckschraube MiLei , aber noch zu viel.

        • Aber, aber!
          – Nein!
          Die Trutsch’n mit der erlesenen Couture einer dümmlichen Landpomerantschen ist doch nicht hässlich.
          – Doch!!
          – Ohh!!!

  2. Filmempfehlung von der V’22: P. Guzman – Mi Pais imaginario. Hier wird gezeigt, wie man andernorts für Demokratie kämpft.
    Am 29.10. nochmals zu sehen.

  3. ja, die aufklärung all dieser praktiken ist wichtig und notwending.

    aber …

    im zuge der diskussion um schmid und die korruption der oevp sind die, für die menschen, wirklichen wichtigen dinge aus der öffentlichen diskussion verschwunden.
    zb die in zahlen gegossene politik im budget.
    da zeigt sich einmal mehr welchen einfluss “diehurederreichen” auf unser aller leben haben.
    und zwar tagtäglich.

    https://www.hagerhard.at/echt-rot/2022/10/der-wolf-im-schafspelz/

  4. So sind wir nicht soviel Raffinesse hätte ich den Österreichischen Politikern nicht zugetraut 🙂

  5. Ich habe über Jahrzehnte nichts anderes beobachten können, als dass für die diversen Ämter fast nur die Schwarzen zum Zug gekommen sind. Und wenn es heißt, von unabhängigen Gremien bestellt, dann bestehen diese unabhängigen Gremien zu 80 % auch aus schwarzen. Also – ein Selbstläufer, quasi.

  6. Falls es wirklich Neuwahlen geben sollte, wird das eine Monsteraufgabe für die nächste Regierung den Staat von Schwürkis zu säubern.
    PS: PRW sollte unbedingt auf die junge SPÖ hören!!

  7. Ist Ronny Pecik, neben Benko der nächste aus dem ÖVP-Dunstkreis und im Visier der WKStA, der Schwager von Werner Kogler?!?

  8. Die Welt ist heutzutage so kompliziert geworden, dass es immer einfacher wird, die Menschen in zwei Klassen einzuteilen, in die Pessimisten und jene, die es noch nicht sind. Ich persönlich bin am Weg….

  9. Die Bezeichnung „Inner Circle“ ist gleichzusetzen mit der politische Hälfte des Staates im Staat. Die Zweite Hälfte sind die wirtschaftlichen Verflechtungen und Pfründe!

  10. Da ich die “inneren” Machtstrukturen der ÖVP am eigenen Leibe erfahren musste, möchte ich hier festhalten, dass diese Vorgangsweise typisch ist. Sie setzen “Familienmitglieder” oder “Eine Hand wäscht die Andere-Leute” in höhere Positionen, die keine Ahnung, keine Qualifikation vorweisen können, hoffen, dass sie einen Titel mitbringen, damit es nicht so “offensichtlich” ist. Der schmeißt dann gezielt Leute hinaus, schafft Chaos, hofft, dass viele freiwillig das Schiff verlassen und die, die “überleben”, können von sich aus wirklich sagen, dass sie hart im Nehmen sind. Frau K. seien sie froh, dass sie durch Ihre Pensionierung von dort weggekommen sind! Das negative Karma wird diesen Übeltätern folgen !! Und im richtigen Moment einfach zuschlagen.

  11. nau und? weiß niemand, wie im land nö besetzungen/beförderungen seit jahrzehnten ablaufen? und aus welchem pool kommen die meisten korruptionisten?
    o ton eines personalvertreters: “nur, weil jemand beim öaab ist, darf er nicht benachteiligt werden”.
    tatsache: es kamen immer nur öaabler zum zug. je ungeeigneter, desto dankbarer den schwarzen brüdern

  12. Das Interessante ist ja, daß man als Bürger irgendwie einen Riecher dafür hat, was da hinter den Kulissen an Schweinereien abläuft. Man hat keine stichhaltigen Beweise dafür, aber man merkt, daß da was im Busch ist. Das war schon zu Zeiten von schwarz-blau I und II so.

    • Es geht noch viel weiter zurück, in den großen Koalitionen wurde für diesen Betrug am Bürger der verharmlosende Begriff „Proporz“ kreiert!

      • Das ist nicht nur zu sehr vereinfachend, es ist eine Verharmlosung dessen, was wir soeben miterleben. Der Proporz war gegenseitige Kontrolle und sicher auch Abgleich der Interessen der beiden Parteien. Nicht demokratisch, weil außerparlamentarisch dem stimme ich zu.

        • Heute als Sideletter umschrieben! Unter Kreisky setzte man Proporz auch mit Tuchent gleich! Österreich wärmt sich seither an einer landesumspannenden Tuchent, unter dieser liegen seit Jahrzehnten die betrügerischen Vergehen, begangen am Österreichischen Steuerzahler!

        • Die Wurzeln gehen darauf zurück! Es ist keine Verharmlosung sondern eine Analyse! „Was wir soeben miterleben.“ Das ist nur die Spitze des Eisberges! Der riesige Staat im Staate Österreich ist so wie der Rest des Eisberges nicht sichtbar.

          • Verharmlosung war nicht exakt. Vielleicht hätte ich schreiben sollen Realtivierung. Vielleicht verstehe ich Sie komlplett mis.
            Ich sehe das Streben nach totaler Kontrolle, Überwachung der Menschen, daß ist schon weit fortgeschritten. Was auch neu ist, ist daß das in privater Hand ist. Der Staat agiert dem Kapital als Zuträger.
            Wie gesagt, ich erkenne weder Parallelen noch auch nur eine Kontinuität. Eines ist für mich sicher: die Ergebnisse für die Leute waren in den 70ern besser als sie es heute oder demnächst sind.

          • … Noricum und Vöest, der gesamte Niedergang der damaligen Verstaatlichten Industrie, der KONSUM, die AUA, … Der Aufstieg eines Roten Finanzministers zum Salzbaron, Bankenskandale, BAWAG, zuletzt, Hypo Alpe Adria oder Hypo Burgenland, ÖGB-Betrug am Streikfond!, die Österreichische Terminbörse, Casinos Austria, Novomatic, …
            Eine sicher noch wesentlich fortsetzbare Liste, Ereignisse die ihre Ursachen mit oder unter den Augen der Politik hatten und haben.

          • Tja, mir ging’s um die Kontinuität der Verfehlungen und darum, daß das in Österreich auch oft mit dem Balkan verglichene System, in Bezug auf die Korruption, im Proporz seine Wurzeln hat.

  13. Ja so sind sie unsere Elite und Leistungsträger. Genauso kaltschnäuzig und rücksichtslos ruinieren sie das ganze Land. Siehe z.B. Hintertreiben der Regierung Kern durch Kurz. Die Fertigkeiten, die die ÖVP voranbringen Schaden uns allen enorm.

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