Das ist eine Unterüberschrift
Im Iran wurden zwei Teilnehmer der systemkritischen Proteste zum Tod verurteilt. Dass die Abgeordneten das für alle Demonstranten fordern, will das Parlament als Fake hinstellen.
Teheran, 16. November 2022 | Seit zwei Monaten protestieren die Menschen im Iran nicht nur für Frauenrechte, sondern auch gegen das gesamte Regime. Am Wochenende hat die iranische Führung den ersten Demonstranten zum Tod verurteilt.
Er war unter anderem schuldig gesprochen worden, ein Regierungsgebäude angezündet, “die öffentliche Ordnung gestört” und die “nationale Sicherheit” bedroht zu haben. Ein anderes Gericht in Teheran verurteilte fünf Demonstranten zu Haftstrafen von fünf bis zehn Jahren wegen “Verschwörung zu Verbrechen gegen die nationale Sicherheit und Störung der öffentlichen Ordnung”.
Wie unter anderem der “Spiegel” und ORF berichten, wurde am Dienstag ein weiteres Todesurteil bekannt. Der verurteilte Demonstrant wird beschuldigt, durch Waffenbesitz und dem Anzünden eines Motorrads Schrecken verbreitet zu haben. Angeblich kann noch Berufung eingelegt werden.
Bisher 15.000 Demonstrierende verhaftet
Seit dem Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Jina Amini, die von der iranischen Sittenpolizei verhaftet wurde, weil sie ihr Kopftuch nicht richtig getragen haben soll und die kurz darauf im Krankenhaus starb, gehen die Menschen im Iran auf die Straße.
Zahlreiche Menschen sind während der Proteste getötet worden. Laut Menschenrechtsorganisationen sind seit deren Beginn rund 15.000 Personen festgenommen worden. Nach Angaben der iranischen Justiz sind mehr als 1.000 Personen angeklagt.
Die 26jährige Atefeh Badiei, Studentin der Filmwissenschaften und Künstlerin, ist verschleppt worden. Keine Informationen zu ihrem Aufenthaltsort. #IranRevolution pic.twitter.com/fEzEXRkIXl
— Shoura Hashemi (@ShouraHashemi) November 16, 2022
Beobachter: Iranisches Parlament rudert zurück
Medienberichten zufolge hatten vergangene Woche 227 der insgesamt 290 Parlamentarier in einer Erklärung den Teilnehmern der landesweiten Proteste “Krieg gegen Gott” vorgeworfen und von der Justiz entsprechende Urteile gefordert. Gemäß islamischem Recht könnte die Anklage “Krieg gegen Gott” auch die Todesstrafe zur Folge haben – genauso wurde das auch in Medien im In- und Ausland ausgewertet.
Ein Regime, dessen Parlament 14.000 inhaftierten Demonstranten mit der Todesstrafe droht, schert sich einen Dreck um #Menschenrechte. Die Bundesregierung sollte einen sofortigen bundesweiten Abschiebestopp in den #Iran verhängen & die Revolutionsgarden auf die Terrorliste setzen. https://t.co/aD4wGrapVe
— Dietmar Bartsch (@DietmarBartsch) November 13, 2022
Das Parlament gab kurz darauf in einer Presseerklärung an, bei dem Schreiben der 227 Parlamentarier, das durch die Medien gegangen war, handle es sich um eine Fälschung. Beobachter im Land halten diese Behauptung für unglaubwürdig. Daher ist ihrer Einschätzung nach das Dementi auch nur der Versuch, die im In- und Ausland aufs schärfste verurteilte Forderung nach de facto Todesstrafen für die Protestierenden wieder zurückzunehmen. Das iranische Parlament wird seit 2020 von Hardlinern dominiert, die seitdem für ihre radikalen – und unbedachten – Entscheidungen bekannt sind.
Nachricht aus dem #Iran:„Ich weiß nicht das wievielte Mal ich heute auf die Straße gehen. Ich weiß nicht, ob ich lebend zurückkehre. Unser einziger Weg der Befreiung ist die Liebe. Die Liebe, die wir zueinander haben. Liebe und im Namen von Frau- Leben- Freiheit.“ #IranRevoIution https://t.co/ygkfCEPBGg
— Natalie Amiri (@NatalieAmiri) November 15, 2022
(sm/apa)
Titelbild: ZackZack/Christopher Glanzl