Freitag, April 26, 2024

Regierung begrenzt Energie-Zufallsgewinne

Die Regierung hat ein Paket präsentiert, durch das Zufallsgewinne von Energieunternehmen abgeschöpft beziehungsweise beschränkt werden sollen.

Wien, 18. November 2022 | Die Bundesregierung hat Freitagfrüh Maßnahmen präsentiert, mit denen Zufallsgewinne von Unternehmen in der Energiekrise abgeschöpft werden sollen, „mit Verantwortung“, wie Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) einleitend sagte. Die Regierung folgt damit einer Verordnung der EU.

Zufallsgewinne durch fossile Energieträger werden zu 33 bis 40 Prozent plus Körperschaftssteuer abgeschöpft, für die Stromerzeuger wird ein Maximalstrompreis von 180 bis 140 Euro pro Megawatt pro Stunde festgelegt. Entscheidend für die Bemessung sind Investitionen des betroffenen Unternehmens in erneuerbare Energie. Das Maßnahmenpaket wird am Freitag per Initiativantrag im Nationalrat eingebracht und soll von 1. Dezember 2022 bis vorerst 31. Dezember 2023 gelten. Für Gewinne aus fossilen Energieträgern gilt die Besteuerung rückwirkend bis 1. Juli 2022.

Zweistufiges System

Mit einem zweistufigen System möchte die Regierung Unternehmen motivieren, in erneuerbare Energie zu investieren. Wer das bereits tut, muss schon jetzt weniger von seinen Zufallsgewinnen durch fossile Energieträger und Stromerzeugung abführen. Als absolutes Minimum hat sich die Regierung an den Grenzen der EU-Vorgaben orientiert: mindestens 33 Prozent Abgaben plus Körperschaftssteuer – 25 Prozent bis Ende des Jahres, dann 24 Prozent – auf Zufallsgewinne durch fossile Energieträger und ein Maximalpreis auf Strom von 180 Euro pro Megawatt pro Stunde.

Wer keinerlei Investitionen in erneuerbare Energien vorweisen kann, muss sich damit abfinden, dass 40 Prozent der Zufallsgewinne plus Körperschaftssteuer an den Staat fließen respektive der Strompreis auf 140 Euro pro mW/Stunde sinkt. Wie Investitionen in Erneuerbare nachgewiesen beziehungsweise überprüft werden sollen – Stichwort Greenwashing – und wie kompliziert das sein wird, wurde nicht beantwortet.

Vergangene Gewinne als Maßstab

Als Maßstab dafür, was bei fossilen Energieträgern als Zufallsgewinn gilt, dient der Durchschnitt der Gewinne der vergangenen vier Jahre, auf welchen noch einmal 20 Prozent des Werts draufgeschlagen werden. So will die Regierung unternehmerischen Erfolgen Raum lassen.

Der monetäre Erfolg des Maßnahmenpakets wiederum lässt sich laut Finanzminister Brunner noch nicht einschätzen. Die europäische Kommission gehe von 2 bis 4 Milliarden Euro aus, je nach Preisentwicklung. Der Erlös aus den Maßnahmen werde einen Beitrag zu den Anti-Teuerungs-Maßnahmen leisten, sagte Brunner.

Brunner: „Außergewöhnliche Zeiten“

Sowohl Vizekanzler Kogler als auch Finanzminister Brunner betonten, dass die hohen Gewinne der Energie- und Stromkonzerne auf den Ukraine-Krieg zurückzuführen sind. In gewöhnlichen Seiten sei er kein Freund von Markteingriffen, sagte Brunner, aber es handle sich um einen „Akt der Fairness“ in außergewöhnlichen Zeiten. Brunner sagte aber auch, die Maßnahmen seien zu wenig, es brauche aber europaweit eine Energiepreis-Entkopplung vom Gas, etwa einen Gaspreis-Deckel.

Die Zufallsgewinne seien ungerecht und „eigentlich eine Kriegsdividende“, sagte Kogler. „Diejenigen, die mehr tragen können, sollen das auch tun, damit es für die, die es nicht können, nicht untragbar wird“, so der Vizekanzler.

SPÖ spricht von “vorzeitigen Weihnachten”

Die SPÖ ist mit der Lösung der Regierung nicht zufrieden. In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz sagte der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried, sie sei ein “vorzeitiges Weihnachtsgeschenk” an die großen Energiekonzerne. Er forderte eine komplette Abschöpfung der Übergewinne, und dass mit diesen Erlösen allen die Gasrechnung für Dezember erlassen wird und ein Gaspreis-Deckel finanziert wird.

UPDATE: Dieser Artikel wurde um 11.43 Uhr um die Stellungnahme der SPÖ ergänzt.

(pma)

Titelbild: ZackZack/ Christopher Glanzl

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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16 Kommentare

  1. Habe erst jetzt gesehen, dass es diesen Eintrag hier gibt.
    So hatte ich bei der ÖVP Dame dazu gepostet, welche glaubt dass die Teurung nur eine gefühlte und keine reale wäre?
    Nach dem ich das nun aber gelesen habe, werde ich meinen dortigen Eintrag weiter aufrechterhalten und wäre deshalb froh, wenn ZZ und hier ein Rechenbeispiel in Form von realen Zahlen dazu aufbereiten könnte? (Leider kann das Volk nicht immer sehr gut rechnen, aber oft eben auch diese Rechnungen oft nicht wirklich real nachvollziehen… – sonst ist mir das ja egal und akzeptiere ich den Vorgang und das föderalistische Gedankengut, dass wie nur beispielsweise in der Pension jedem nach seinem Wissen geschehe, aber hier in diesem Fall tu ich mich wahrlich sehr sehr schwer)

  2. Wie sehr wir Pöbelianer von dieser Hassinkompetenzkorruptionskoalitionsregierung am Schmäh gehalten werden, ist aus dieser heutigen Maßnahme ersichtlich die uns Glauben machen soll, den Energiekonzernen werde ans Zeug geflickt und selbige sollten Übergewinne sozialisieren müssen.
    Mitnichten, eine weitere Mogelpackung folgte. Ein Blick auf den ATX, der wie andere Börsen unmittelbar auf politische Weichenstellungen reagiert, zeigt uns die Realität. Die Werte sämtlicher betroffenen Energiekonzerne sprangen enorm in die Höhe…
    Es muss dringend heller werden!

  3. Passt-alles läuft:
    Gazprom Export hat mit Azerbaijan einen Vertrag über die Lieferung von 1 Mrd.m3 Erdgas bis März 2023 abgeschlossen. Azerbaijan wird dieses Gas dann wohl an die EU verkaufen.

  4. Heilige Scheiße …
    Bringt die Gewinne in Sicherheit oder außer Landes, was weiß ich, aber tut etwas …
    … schnell.

  5. Populismus pur!

    Die politischen Fehler soll die Wirtschaft bezahlen, Finanzinvestoren, so wie ich auch, werden daraufhin bei der zukünftigen Allokation des Risikokapitals natürlich auch das politische Willkür-Risiko einfliessen lassen. Dass dann das internationale Kapital zukünftig einen Bogen um Risikostaaten macht, ist nicht auszuschliessen bzw. war bereits immer so. Und dann ist nicht auszuschliessen, dass der Schaden durch den politischen Populismus wesentlich teurer kommt, als deren Ertrag.

    Schmankerl am Rand – bisher wurde politisch immer abgestritten, dass der Ukraine-Krieg und die damit verbunden Sanktionen für die hohe Inflation verantwortlich sind. Und jetzt: “Sowohl Vizekanzler Kogler als auch Finanzminister Brunner betonten, dass die hohen Gewinne der Energie- und Stromkonzerne auf den Ukraine-Krieg zurückzuführen sind.” – Aha, das eine nicht, das andere schon. Wie man es eben politisch gerade braucht.

    Schluss mit der dummen Sanktionspolitik!

    • Guter Plan, wir beenden die Sanktionen und Putin überschüttet uns daraufhin mit billigem Gas…..😂😂😂

      • Ja es ging eben früher vor allem daraum die Österreicher mit diesem billigen Gas langfristig abzusichern und damit auch erheblich ihren Wohlstand.
        Jetzt wird dieses damals aus meiner Sicht genau aus diesem Grund vermutlich als sehr erfolgreich gesehene Abkommen schwer verteufelt, nach dem sich die Russen gegen die extra produzierten Provokationen sich vor allem auch dehalb gewehrt haben, um letztendlich nicht das Gesicht bei ihren eigenen betroffenen Landsleuten dort vor Ort zu verlieren… – aber so schnell wechselt die Politik das Geschehenein ihrer Bewertung aus, sozusagen über Nacht einach in das Gegenteil und das mit schweren Folgen für alle hier nun Involvierten inklusive auch noch uns Österreichern. Wo sind und waren hier aber nur diese berühmten DIPLOMATEN?

    • Gazprom Export hat mit Azerbaijan einen Vertrag über die Lieferung von 1 Mrd.m3 Erdgas bis März 2023 abgeschlossen. Azerbaijan wird dieses Gas dann wohl an die EU verkaufen.

  6. Das Problem bei den Zufallsgewinnen ist halt, daß sie uns Bürgern zuerst aus der Tasche gezogen worden sind und wir von den Steuern genau genommen nichts sehen. Eine typische lose-lose-Situation.

    • Für die Regierung ist das eine win-win-Situation.
      Über die höheren Preise erzielt sie höhere Verbrauchs- und Ertrags- und schlussendlich höhere Einkommenssteuern und kann dadurch ihre zunehmend überbordenden Sozialkosten finanzieren. Also rein (finanz-) -politisch möge der Krieg als Ursache der Inflation lange anhalten und muss halt notfalls mit Waffenlieferungen (deutsche Grüne) am Köcheln gehalten werden /s

      • Die Ausgaben im Sozialbereich sind a Lärcherlschass verglichen mit den Steuerschonenden Praktiken diverser Unternehmen , mit überbordenen Förderungen reicher Aktionäre. Lt. kontrast at geht jefer 6. Euro der Fördergelder/Hilfen an Aktionäre.

      • Aha, und die Wirtschaft wird durch die höheren Preise so ganz neben bei abgedreht weil der Konsum zurückgeht, was wiederum zu höherer Arbeitslosigkeit führt und eine Abwärtsspirale in Gang setzt….wer soll dabei der angebliche Gewinner sein?

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