Montag, September 9, 2024

Regierung begrenzt Energie-Zufallsgewinne

Die Regierung hat ein Paket präsentiert, durch das Zufallsgewinne von Energieunternehmen abgeschöpft beziehungsweise beschränkt werden sollen.

Wien, 18. November 2022 | Die Bundesregierung hat Freitagfrüh Maßnahmen präsentiert, mit denen Zufallsgewinne von Unternehmen in der Energiekrise abgeschöpft werden sollen, „mit Verantwortung“, wie Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) einleitend sagte. Die Regierung folgt damit einer Verordnung der EU.

Zufallsgewinne durch fossile Energieträger werden zu 33 bis 40 Prozent plus Körperschaftssteuer abgeschöpft, für die Stromerzeuger wird ein Maximalstrompreis von 180 bis 140 Euro pro Megawatt pro Stunde festgelegt. Entscheidend für die Bemessung sind Investitionen des betroffenen Unternehmens in erneuerbare Energie. Das Maßnahmenpaket wird am Freitag per Initiativantrag im Nationalrat eingebracht und soll von 1. Dezember 2022 bis vorerst 31. Dezember 2023 gelten. Für Gewinne aus fossilen Energieträgern gilt die Besteuerung rückwirkend bis 1. Juli 2022.

Zweistufiges System

Mit einem zweistufigen System möchte die Regierung Unternehmen motivieren, in erneuerbare Energie zu investieren. Wer das bereits tut, muss schon jetzt weniger von seinen Zufallsgewinnen durch fossile Energieträger und Stromerzeugung abführen. Als absolutes Minimum hat sich die Regierung an den Grenzen der EU-Vorgaben orientiert: mindestens 33 Prozent Abgaben plus Körperschaftssteuer – 25 Prozent bis Ende des Jahres, dann 24 Prozent – auf Zufallsgewinne durch fossile Energieträger und ein Maximalpreis auf Strom von 180 Euro pro Megawatt pro Stunde.

Wer keinerlei Investitionen in erneuerbare Energien vorweisen kann, muss sich damit abfinden, dass 40 Prozent der Zufallsgewinne plus Körperschaftssteuer an den Staat fließen respektive der Strompreis auf 140 Euro pro mW/Stunde sinkt. Wie Investitionen in Erneuerbare nachgewiesen beziehungsweise überprüft werden sollen – Stichwort Greenwashing – und wie kompliziert das sein wird, wurde nicht beantwortet.

Vergangene Gewinne als Maßstab

Als Maßstab dafür, was bei fossilen Energieträgern als Zufallsgewinn gilt, dient der Durchschnitt der Gewinne der vergangenen vier Jahre, auf welchen noch einmal 20 Prozent des Werts draufgeschlagen werden. So will die Regierung unternehmerischen Erfolgen Raum lassen.

Der monetäre Erfolg des Maßnahmenpakets wiederum lässt sich laut Finanzminister Brunner noch nicht einschätzen. Die europäische Kommission gehe von 2 bis 4 Milliarden Euro aus, je nach Preisentwicklung. Der Erlös aus den Maßnahmen werde einen Beitrag zu den Anti-Teuerungs-Maßnahmen leisten, sagte Brunner.

Brunner: „Außergewöhnliche Zeiten“

Sowohl Vizekanzler Kogler als auch Finanzminister Brunner betonten, dass die hohen Gewinne der Energie- und Stromkonzerne auf den Ukraine-Krieg zurückzuführen sind. In gewöhnlichen Seiten sei er kein Freund von Markteingriffen, sagte Brunner, aber es handle sich um einen „Akt der Fairness“ in außergewöhnlichen Zeiten. Brunner sagte aber auch, die Maßnahmen seien zu wenig, es brauche aber europaweit eine Energiepreis-Entkopplung vom Gas, etwa einen Gaspreis-Deckel.

Die Zufallsgewinne seien ungerecht und „eigentlich eine Kriegsdividende“, sagte Kogler. „Diejenigen, die mehr tragen können, sollen das auch tun, damit es für die, die es nicht können, nicht untragbar wird“, so der Vizekanzler.

SPÖ spricht von “vorzeitigen Weihnachten”

Die SPÖ ist mit der Lösung der Regierung nicht zufrieden. In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz sagte der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried, sie sei ein “vorzeitiges Weihnachtsgeschenk” an die großen Energiekonzerne. Er forderte eine komplette Abschöpfung der Übergewinne, und dass mit diesen Erlösen allen die Gasrechnung für Dezember erlassen wird und ein Gaspreis-Deckel finanziert wird.

UPDATE: Dieser Artikel wurde um 11.43 Uhr um die Stellungnahme der SPÖ ergänzt.

(pma)

Titelbild: ZackZack/ Christopher Glanzl

Autor

  • Pia Miller-Aichholz

    Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich

LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

16 Kommentare

16 Kommentare
Meisten Bewertungen
Neueste Älteste
Inline Feedbacks
Zeige alle Kommentare

Jetzt: Sicherheitsrisiko „Kickl“

Nur so unterstützt du weitere Recherchen!