Samstag, Mai 18, 2024

ÖVP-Bürgermeister kann »Jammern« über Teuerung nicht verstehen

Nachdem eine ÖVP-Abgeordnete in einer Rede die Teuerung nur als „Gefühl“ bezeichnete, sorgte auch ein ÖVP-Bürgermeister mit seinen Aussagen für Verwunderung.

Ziersdorf, 01. Dezember 2022 | In der kleinen Markgemeinde Ziersdorf im Weinviertel (Niederösterreich) herrschte nach einer Ausgabe der ORF-Sendung „Am Schauplatz“ Aufregung. Der Bürgermeister Hermann Fischer (ÖVP) musste sich sogar nach der Ausstrahlung entschuldigen.

Die Peter Resetarits-Sendung hatte sich dem Thema steigender Energiekosten gewidmet. Um die finanzielle Belastung für die Bevölkerung zu zeigen, besuchte man auch die 3.400-Seelen-Gemeinde Ziersdorf. Bei einem Informationsstand des Energieanbieters EVN hatte sich bereits eine Menschentraube, vorrangig aus älteren Personen, gebildet, die sich über den niederösterreichischen Strompreis-Rabatt schlau machen wollte. Im TV-Beitrag wollte auch der Bürgermeister zu Wort kommen und gab seine Meinung über die Teuerung kund.

Zuerst sparen, dann jammern

Fischer könne das „Jammern“ wegen der Energiepreise oft nicht nachvollziehen. Einer Dame die ihn fragte, was sie angesichts der steigenden Energiekosten tun solle, entgegnete er: „Sie werden am wenigsten betroffen sein.“ Er wisse bei manchen das Einkommen – „was natürlich niemanden etwas angeht“ – seiner Einschätzung nach werden die gestiegenen Energiekosten „viele nicht wirklich treffen“. Auf Nachfrage der „Am Schauplatz“-Reporterin, ob das heißt, dass viele nicht so arm sind wie sie tun, bejahte Fischer: „Genau der Meinung bin ich.“ Man solle lieber „selbst bei sich anfangen, was man einsparen kann und dann jammern.“ Seine Meinung: Die Mehrzahl, die jammert, der geht’s gar nicht so schlecht.“

Schriftliche Entschuldigung

Von FPÖ und SPÖ der Gemeinde folgte Kritik, wie „Neue Zeit“ als erstes berichtete. „Viele Bürgerinnen und Bürger in unserem Bezirk kämpfen ums finanzielle Überleben. Die Teuerung ist ein massives Problem, dass sich bei einer Inflationsrate von aktuell 11 Prozent sicher niemand einbildet“, so Esma Öztürk und Stefan Hinterberger. Die Freiheitlichen forderten den Rücktritt Fischers.

Der ÖVP-Bürgermeister ruderte allerdings mit einer schriftlichen Entschuldigung zurück: Es war nicht meine Absicht, andere mit meinen Aussagen zu beleidigen und ich möchte mich selbstverständlich bei allen entschuldigen, die sich beleidigt fühlen.“

ÖVP-Abgeordnete: Teuerung nur “Gefühl”

Nicht nur Fischer sorgte von ÖVP-Seite für Verwunderung mit Teuerungsaussagen. Die ÖVP-Abgeordnete Angela Baumgartner bezeichnete in einer Parlamentsrede, über die ZackZack als erstes berichtete, die Teuerung als „Gefühl“. Dieses „Gefühl“ habe man der Opposition zu verdanken: „Aber warum haben wir dieses Gefühl, dass wir uns gewisse Sachen nicht mehr leisten können? Dank Ihnen, liebe Opposition. Weil sie nur Hetze betreiben und nur ungute Stimmung betreiben.“

(bf)

Titelbild: Screenshot ORF

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

46 Kommentare

  1. Unterschreibe ich zu hundert Prozent, das er das Jammern nicht versteht, wie auch?
    Warum stehen nicht 300 Millionen Menschen in den Straßen von Europa?

    Für ein geglücktes Leben

  2. Abwarten, wie die Türkisen nach den nächsten Wahlen “jammern” werden.
    Eine mögliche Entschuldigung : Tut mir leid, wenn ihr euch ungerecht behandelt fühlt.. ?
    Allerdings: Reine Verschwörungstheorie 🙂

  3. Unsere Geduld muss ein Ende haben. Wir müssen solche Bürgermeister, die die Bevölkerung verhöhnen, davonjagen. Und zwar jetzt, nicht bei der nächsten Wahl. Weg mit solchen Typen.

    • Des mit dieser übertriebenen Geduld ist mir auch ein Rätsel …
      An dieser Misere an abfälligen, verächtlichen Kommentaren gegen die Bevölkerung sind wir echt selbst schuld.
      Alleine schon deswegen weil sich einfache Leute im Vertrauen an Politiker wenden – da liefert man sich doch seinen Peinigern (man muss doch endlich begreifen dass Politiker pathologisch scharf auf Macht sind und jeden verachten der nicht über Macht verfügt, was diese obendrein scharf macht) nur noch mehr aus.

  4. Na Herr Fischer, wie geht’s dem Erwin? Geht’s eh gemeinsam radlfoan und sitzts beim Heirign?
    Seids eh ganz stolz auf eure berühmten Persönlichkeiten , gell. Darum stehns doch auf Wikipedia, oder?
    Konrad Hammetter (1898–1941), NSDAP-Kreisleiter des Kreises Marchfeld

  5. „Es war nicht meine Absicht, andere mit meinen Aussagen zu beleidigen und ich möchte mich selbstverständlich bei allen entschuldigen, die sich beleidigt fühlen.“

    Wenn ich das so lese kommt mir das seltsam vor. Kann sich jemand selbst entschuldigen?
    Ich denke jemand kann nur um Entschuldigung BITTEN! Und diese kann nur gewährt werden.
    Mir kommt sowieso vor, das Wort “bitte” ist irgendwie abhanden gekommen in unserer Gesellschaft.

    • Ob er wiedergewählt wird, der Herr Bürgermeister, der jetzt die Kontostände seiner Einwohner offenbar auswendig kennt? Vor der nächsten Wahl wird er sich vielleicht an das Wort “bitte” erinnern. Denn da könnten ein paar Einwohner bereits ihr Bankkonto aufgelöst haben. Restlos.

    • Streng genommen distanziert sich der Hr. Bgm inhaltlich gar nicht von seiner Aussage bzw. Meinung über seine Wählerschaft, sondern übt sich im (Un-)Verständnis für alle Mimosen („… die sich beleidigt fühlen“), die seine Haltung nicht teilen.

    • Entspricht zur Gänze auch meiner Einschätzung. ICH kann mich nicht selbst entschuldigen, das müssen die anderen tun. ICH kann nur ersuchen, entschuldigt zu werden. Aber, woher soll denn das ein solcher wie der wissen. Macht und Verhöhnung gelernt, Empathie nicht.

    • Eigentlich entschuldigt man sich, daß / bzw. wenn man wen beleidigt HAT.
      Nicht wenn der/die sich so fühlt..
      Die Fromulierung ist so ..schwammig.. oder ?

      • … naja, halt eine typisch abgehobene ÖVP-Aussage halt. Aber man darf sich auch nicht wirklich darüber wundern. Solange eine demokratische Mehrheit (großteils seit Wiedereinführung freier Wahlen nach dem 2. Weltkrieg) immer wieder Phagozyten der immer gleichen Partei wählt, darf man sich nichts anderes als präpotentes Verhalten der “Mächtigen” erwarten. Vielleicht ist es ein wenig hilfreich, wenn Mitbürger, die am Ende des Geldes nicht wissen, was sie mit dem restlichen Monat machen sollen, jetzt auch noch infamen Spott und Hohn ernten. Im besten Fall sorgen die inneren Verletztheiten, die durch solche Aussagen entstehen können endlich dafür, dass das Langzeitgedächtnis der Betroffenen ein wenig aktiviert wird. Niemals vergessen! Das gilt nicht nur für die Verbrechen des 3. Reiches. Leider mussten wir in der Vergangenheit erfahren, dass die Proteststimmen nur noch weiter ins populistische, rechte Eck abgewandert sind. Aus diesem Grund heißt es leider – nicht nur im ORF Programm – “Gute Nacht Österreich!”

  6. Die sprechen alle nur über ihre Familienmitglieder. Die haben alle ohnehin mehrere Jobs, ohne Anwesenheitspflicht. Postenschacherei findet überhaupt nicht statt ;-)). Die arbeiten ja alle sooo fleißig, um ihr “hart verdientes” Geld, bekommen im Parlament jetzt noch alle über 1000 Euro Erhöhungen. Die fühlen keine Teuerung. Eh klar. Der Pöbel bildet sich alles nur ein.

  7. Dieser “feine” Herr Bürgermeister spricht doch nur alte “Weisheiten” aus. Dem Jammerer geben und dem Großtuer nehmen, den Spruch kenne ich schon seit gefühlt 100 Jahren.

  8. Ein Phänomen dass die “VolksvertreterInnen” von der ÖVP ihren Horizont nicht aus ihrer Wohlfühlblase hinaus bewegen. So ignorieren sie einfach Schichten die nicht ihrem Niveau entsprechen und fühlen sich für solche auch nicht zuständig. Was kümmert sie auch die Bedürftigkeit von Menschen die so und so nicht zu ihrem Wählerklientel zählen. Vor Schüssel und Kurz hat diese Mentalität flächendeckende Wahlerfolge verhindert. Nun nähern wir uns jedoch wieder Zeiten an wo es sich die Mittelschicht nicht mehr leisten kann solche vor Ignoranz strotzenden Egomanen zu unterstützen. Diese werden sich auf Grund dieser Erkenntnis zwar nicht ändern, hoffen jedoch dass der Pöbel v. d. Mittelschicht abwärts flächendeckend so unterbelichtet ist dafür zu sorgen, dass die ÖVP trotz allem noch Mehrheiten erreichen kann. Befürchte das das Mantra, eisern Sparen, noch immer gut ankommt bei unserem konservativ geprägten Denken und dass viele nicht kapieren dass es nur die Niedriglohnempfänger betreffen soll.

    • Ein Staubsauger-Vertreter verkauft Staubsauger.
      Ein Illustrierten-Abo-Vertreter verkauft Abos.
      Ein Volks-Vertreter verkauft…? Naja, …

    • Aus dir spricht ein Kenner der schwarzen Verhältnisse. Genau so läufts und das schon seit den “Sparpaketen” des Herrn Schüssel. Mit gesenktem Kopf sagt dann der wohl erzogene devote Bürger “wir müssen halt sparen” und lässt sich schröpfen und macht dann brav sein Kreuzerl bei der ÖVP vor lauter Angst welche ihm dieselbe eingejagd hat..

    • Dafür erfrecht sich milei mit tanner, in mistelbach um 150 mio eine neue kaserne errichten zu wollen (hoffentlich haben dann beide nix mehr zu sagen), auf grünland. Ö ist ja nicht das land mit dem größten flächenverbrauch in der eu.
      Das gelände der alten kaserne findet der bürgermeister als für den ecoplus sehr gut geeignet, das nennt er dann stadtentwicklung. Eine veraltete idee, in den usa baut sowas niemand mehr.
      Dass das weinviertel mit den größten rohrkrepierern gesegnet ist, sowohl auf wähler, als auf politikerseite, ist wirklich erschreckend.

      • Ja ist wahrlich zum Gruseln! Am Schlimmsten dürftens halt wir Nieder und Oberösterreicher erwischt haben. Und wir haben leider auch die geringsten Aussichten dass dieses Gesindel von unserer Lebensbühne abtaucht.

  9. Ich wiederum kann das Gejammere innerhalb der Herrenmenschen:innen spätestens dann nicht mehr verstehen wenn sie so Sachen sagen wie ‘pfau, gemein, na geh (mit künstlich verzehrtem Gsicht, mit Pipi in die Augen und mit Mimi auf den Lippen) wieso nur mögen uns (Politiker) die Menschen nicht, obwohl wir alles für die Leit tun’, nachdem sie erfahren mussten, dass sich die Leute zunehmend nach einem einzigen (An)Führer sehnen und auf die ohnehin schon ‘nur mehr’ Diktokratie scheißen …

    • “Wir machen doch immer alles richtig – aber vielleicht müssen wir noch die Kommunikation verbessern”.

      • In diesem Fall würde ich meinen

        ‘Hauts eich in die Wüste und gehts durt die Sunn ostaubn.’

      • Die Bügamoaster haben eben keine Message Control Truppe um sich.
        Da kommt schon mal dabei raus, was man wirklich vom Pöbel hält …

      • Ja genau! Der ÖVP Überschmäh, wenn was net läuft wie sie es gern hätten, dann stimmt dann lediglich “die Kommunikation nach Aussen hin” nicht, sprich, es muss jetzt noch mehr getrickst werden und dem Wähler noch mehr Lügen aufgetischt u Honig ums Maul geschmiert werden… “die Kommunikation nach Aussen hin muss verbessert werden”, wenn ich das aus einem schwürkisen Maul höre, kanns nur noch unguter werden…

  10. Wer kann es diesem “Zweck gezüchteten Fisch in seiner Blase” verübeln, wenn er pragmatisch lebensferne aus seiner Perspektive “Realitäten im Lande” in schockierend herrischer Erhabenheit zu kommentieren hat? Ist er in seinen persönlichen Interpretationen zur Wirklichkeit der überwiegenden Volksmehrheit nicht viel mehr wie ein “Goldfisch im Glas” zu beurteilen?

    https://www.futurezone.de/science/article229288182/der-goldfisch-im-glas-was-hat-seine-wirklichkeit-mit-physik-zu-tun.html

    Bezahlt wird er im naiven Volksglauben freilich dafür, die Lebensumstände in der “Stimmvieh-Herde” nicht nur zu kennen, sondern diese einer insgesamt gesellschaftlich zukunftsfähigen Resilienz anzunähern… (steht Vaupem Faschismus-Ambitionen naturgemäß edoch entgegen – wie es überhaupt sooo weit kommen konnte, ist Politiker:innen auf Nachfrage halt vorzugsweise leider nicht mehr erinnerlich…)

  11. Was ich an dem Interview mit diesem Herrn besonders interessant fand, war die Aussage, dass ihm die Einkommenssituation der Bürger bekannt sei. Woher? Vom Kassachef der Raika? Unser Bürgermeister weiß sogar, wer einen Kredit vom Häuslbauen laufen hat. Spannend, ansonsten fällt die Causa unter dumm/dreist.

    • Er sagte, er wisse es bei manchen und die, die ihm bekannt sind, da kenne er die Einkommen und gerade die hätten es nicht notwendig zu jammern. Er meinte ja auch, das Einkommen anderer ginge niemanden etwas an. Ihn offensichtlich schon. Seine Körpersprache offenbarte ohnehin seine Unsicherheit. Die Damen danach haben es recht eindrucksvoll beschreiben. Sie essen nur noch um 19 Uhr. Schokolade wäre nicht mehr leistbar und eine weitere Erhöhung der Fernwärmekosten unbezahlbar. Auch das ältere Ehepaar konnte die Energiespartipps der EVN nur mäßig nachvollziehen. Zurecht. Der Herr hat es auf den Punkt gebracht, Geräte die älter als 5 Jahre seien, sollen ersetzt werden, ist einer der glorreichen Ideen dazu. Nun, wie er so wunderbar zusammengefasst hat, nicht jeder könnte sich einfach mal so, neue Geräte kaufen.

      • Was diese Reportage gezeigt hat war einfach nur beschämend und traurig und dieser unsinnige/unwichtige Bürgermeister war die “Krönung” des ganzen.

Kommentarfunktion ist geschlossen.

Jetzt: der Pilnacek Laptop!

Denn: ZackZack bist auch DU!